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Israel fliegt Fußballfans nach Angriffen in Amsterdam aus

8. November 2024

Israels Präsident Herzog spricht von einem Pogrom in der niederländischen Hauptstadt. Die gewaltsamen Szenen ereigneten sich nach einem Europa-League-Spiel von Ajax Amsterdam gegen Maccabi Tel Aviv.

Polizisten in Schutzausrüstung stehen in einer Reihe auf einer Straße, dahinter ist ein Bus zu sehen
Polizisten in der niederländischen Hauptstadt nach dem Europa-League-Spiel zwischen Ajax Amsterdam und Maccabi Tel AvivBild: Vln Niews/ANP/AFP/Getty Images

Nach Angriffen auf israelische Fußballfans in Amsterdam lässt Israel diese aus den Niederlanden ausfliegen. Das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu teilte mit, man habe zwei Maschinen zur Rettung der eigenen Staatsbürger entsandt. Ein erstes Flugzeug mit Fußballfans an Bord landete inzwischen auf dem Flughafen in Tel Aviv. In einem Telefonat mit dem niederländischen Regierungschef Dick Schoof sprach Netanjahu von einer "vorsätzlichen antisemitischen Attacke" und forderte erhöhte Sicherheitsmaßnahmen für die jüdische Gemeinde in den Niederlanden.

Der Amsterdamer Bürgermeisterin Femke Halsema zufolge wurden israelische Fans "belagert, misshandelt und mit Feuerwerkskörpern beworfen". Halsema verurteilte - ebenso wie Schoof - die "antisemitischen" Vorfälle. Die Polizei sprach von fünf Menschen, die mit Verletzungen im Krankenhaus behandelt werden mussten. Es habe insgesamt 62 vorübergehende Festnahmen gegeben; zehn Menschen befänden sich noch in Gewahrsam. In einer gemeinsamen Erklärung von Stadt und Polizei heißt es, die Unruhestifter seien "aktiv auf die Suche gegangen nach israelischen Fans, um sie anzugreifen und zu misshandeln".

Israelische Botschaft in den USA: "Mob ging auf unschuldige Israelis los"

Die israelische Botschaft in den USA teilte mit, nach dem Europa-League-Spiel zwischen Ajax Amsterdam und Maccabi Tel Aviv, das die Gastgeber 5:0 gewonnen hatten, seien "Hunderte" von Maccabi-Fans beim Verlassen des Stadions überfallen und attackiert worden. Im Onlinedienst X sprach die Botschaft von einem "Mob, der auf unschuldige Israelis losgegangen" sei.

Dieses Bild, das aus einem ungeprüften Social-Media-Video stammt, soll gewaltsame Vorfälle nach dem Fußballspiel in Amsterdam zeigenBild: X/iAnnet via REUTERS

Die Zeitung "Times of Israel" schreibt, Videoaufnahmen in sozialen Netzwerken zeigten auch Israelis, die in Amsterdam Parolen gegen Araber und Palästinenser skandiert hätten, was auf Spannungen schon vor den nächtlichen Attacken hindeute. In anderen Videos verfolgen teils maskierte Angreifer israelische Fußballfans und schlagen auf sie ein. Auf einigen Sequenzen ist zu sehen, wie die Täter Menschen treten, die bereits am Boden liegen. Bislang ist offen, ob die Videos authentisch sind, und wenn ja, zu welchem Zeitpunkt sie aufgezeichnet wurden.

Das israelische Außenministerium riet allen Landsleuten in Amsterdam, keine jüdischen oder israelischen Symbole zu tragen. Zunächst hatte die Behörde die israelischen Fans aufgefordert, ihre Hotels nicht zu verlassen. Später hieß es, sie könnten mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Flughafen kommen. Örtliche Sicherheitskräfte seien zu ihrem Schutz im Einsatz.

Fans von Maccabi Tel Aviv vor dem Spiel gegen Ajax Amsterdam auf dem Dam, dem zentralen Platz im mittelalterlichen Kern der niederländischen MetropoleBild: Mouneb Taim/Anadolu/picture alliance

Herzog: "Wir sehen heute Morgen das Grauen"

Israels Präsident Isaac Herzog schrieb ebenfalls auf X: "Wir sehen heute Morgen das Grauen, die schockierenden Bilder und Videos, von denen wir seit dem 7. Oktober gehofft hatten, sie nie wieder zu sehen: ein antisemitisches Pogrom, das sich derzeit gegen die Fans von Maccabi Tel Aviv und israelische Bürger im Herzen von Amsterdam, Niederlande, richtet." Zugleich erklärte Herzog, er vertraue darauf, dass die niederländischen Behörden alle nötigen Maßnahmen zum Schutz der Israelis ergriffen.

Die von zahlreichen Staaten als Terrororganisation eingestufte Hamas hatte am 7. Oktober 2023 ein Massaker an israelischen Staatsbürgern verübt, dem nach Angaben des Militärs mehr als 1100 Menschen zum Opfer fielen. Rund 250 Personen wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Beim darauffolgenden israelischen Militäreinsatz wurden nach Zahlen der Hamas-Behörden mehr als 43.000 Menschen in dem Palästinensergebiet getötet.

Israels neuer Außenminister Gideon Saar kündigte an, kurzfristig in die Niederlande zu reisen (Archivbild)Bild: Jalaa Marey/AFP/Getty Images

Gideon Saar: "Weckruf für Europa und die Welt"

Der neue israelische Außenminister Gideon Saar sprach angesichts der Geschehnisse in Amsterdam von einem "Weckruf für Europa und die Welt". Freiheitsliebende Länder könnten nicht zulassen, dass sich "ungezügelter Hass" auf den Straßen ausbreite. Es sei eine Lehre aus der Geschichte, "dass das, was mit Verfolgung und Gewalt gegen Juden beginnt, niemals mit den Juden endet", betonte Saar. Er kündigte an, kurzfristig in die Niederlande zu reisen, um hochrangige Vertreter der dortigen Regierung und Mitglieder der jüdischen Gemeinde zu treffen.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen zeigte sich nach den Vorfällen "empört". Auf X schrieb sie: "Ich verurteile diese inakzeptablen Taten aufs Schärfste.“ Die CDU-Politikerin fügte hinzu: "Antisemitismus hat in Europa absolut keinen Platz. Und wir sind entschlossen, alle Formen des Hasses zu bekämpfen.“

Bundeskanzler Olaf Scholz sprach auf der gleichen Social-Media-Plattform von "unerträglichen" Berichten aus Amsterdam. "Wir können das nicht akzeptieren", schrieb der SPD-Politiker. “Juden müssen sich in Europa sicher fühlen können.“ Bundesaußenministerin Annalena Baerbock erklärte auf X: "Der Ausbruch solcher Gewalt gegenüber Juden überschreitet alle Grenzen." Dafür gebe es keine Rechtfertigung, betonte die Grünen-Politikerin.

Auch die Europäische Fußball-Union (UEFA) verurteilte die Gewalttaten "aufs Schärfste". In einer Stellungnahme heißt es: "Wir vertrauen darauf, dass die zuständigen Behörden so viele Verantwortliche wie möglich für diese Aktionen identifizieren und anklagen werden."

Frankreich: Spiel der eigenen Elf gegen Israel findet statt

Frankreich kündigte derweil an, an der geplanten Fußballpartie der eigenen Nationalmannschaft gegen Israel am kommenden Donnerstag im Stade de France bei Paris festzuhalten. "Einige fordern die Verlegung des Spiels Frankreich - Israel. Das akzeptiere ich nicht", erklärte Innenminister Bruno Retailleau. "Frankreich weicht nicht zurück, denn das käme einer Kapitulation vor Gewaltandrohungen und vor dem Antisemitismus gleich", fügte er hinzu.

jj/sti/pg (dpa, afp, rtr, ap, times of israel)