Tel Aviv: Tausende Menschen erinnern an Hamas-Terrorangriff
8. Oktober 2025
"In der Nacht waren wir noch Kinder, die tanzten, aber am Morgen war alles zerschlagen", sagte Omer Schem Tov, der nach 505 Tagen als Geisel der Terrororganisation Hamas im Gazastreifen freigekommen war. Er nahm in Tel Aviv an der Gedenkfeier für die Opfer des Massakers vom 7. Oktober 2023 in Israel teil.
Insgesamt hatten sich in der Metropole am Mittelmeer mehr als 30.000 Menschen versammelt. Unter ihnen waren weitere freigelassene Geiseln, Überlebende des beispiellosen Überfalls palästinensischer Hamas-Islamisten und verbündeter Gruppen sowie Angehörige getöteter israelischer Soldaten. Die Gedenkfeier war von einer privaten Initiative organisiert und landesweit im Fernsehen und online übertragen worden.
Nach einer Schweigeminute für die Toten des Terrorangriffs waren auf einer Leinwand die Namen der mehr als 1200 ermordeten Menschen zu sehen. Textnachrichten wurden projiziert, die Opfer aus Schutzräumen und vom überfallenen Nova-Musikfestival an ihre Angehörigen geschickt hatten - oft ihre letzten Worte.
Auch viele Musikerinnen und Musiker traten auf, darunter die Sängerin Yuval Raphael. Sie hatte den Hamas-Angriff auf das Nova-Musikfestival überlebt und war im Mai 2025 in der Schweiz beim Eurovision Song Contest (ESC) für Israel angetreten.
Der Rabbiner Elhanan Danino, dessen Sohn Ori von dem Festivalgelände verschleppt und später in der Geiselhaft getötet worden war, sprach das jüdische Totengebet Kaddisch.
Die Trauernden erinnerten auch an die 48 Menschen, die nach wie vor als Geiseln im Gazastreifen gehalten werden. Nur 20 von ihnen sind nach israelischen Informationen noch am Leben.
Auch deutsche Staatsbürger unter den Geiseln
So vermisst Matan Sobol noch immer seine Cousins Gali und Ziv Berman, die vor zwei Jahren von den Terroristen verschleppt wurden. Die Zwillingsbrüder sind auch deutsche Staatsbürger. Er hoffe, dass sie stark blieben, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
Massive Kritik an den Sicherheitskräften und der Regierung
Jonathan Schamriz, Gründer der Organisation Kumu, die die Gedenkveranstaltung organisierte, kritisierte die Fehler der Sicherheitsbehörden und des Militärs, die Warnhinweise über einen bevorstehenden Angriff ignoriert hatten. "Der 7. Oktober ist nicht nur ein Tag des Gedenkens an die Verstorbenen. Er ist ein Tag des Gedenkens an Fahrlässigkeit, Führungsversagen und Verantwortungslosigkeit", betonte er.
Eine empörte Frau rief, nicht nur die rechtsreligiöse Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, sondern auch die Opposition müsse komplett ausgetauscht werden. Viele Israelis werfen der Politik vor, viel zu wenig für die Rückkehr der verbliebenen Geiseln zu tun.
Der Hamas-Überfall löste den Krieg im Gazastreifen aus, wo Israel seitdem massiv militärisch vorgeht. Mehr als 67.000 Menschen wurden nach palästinensischen Angaben dort bislang getötet. Internationale Forschungsinitiativen gehen gar noch von einer höheren Zahl aus. Die Versorgungslage in dem Palästinensergebiet am Mittelmeer ist katastrophal.
Die immer wieder vor den Angriffen flüchtende Bevölkerung im Gazastreifen setzt ebenso wie viele Israelis ihre Hoffnung nun auf Donald Trump. Der US-Präsident hatte vergangene Woche einen Friedensplan für Gaza vorgelegt. Seit Montag führen Delegationen der Hamas, die von vielen Staaten als Terrororganisation gelistet wird, und Israels in Ägypten indirekte Gespräche über das Konzept mit seinen 20 Punkten.
Trump schickt seinen Sondergesandten Witkoff nach Ägypten
An diesem Mittwoch schalten sich hochrangige Vertreter aus den USA, dem Golfemirat Katar und der Türkei in die Verhandlungen in der Küstenstadt Scharm el-Scheich ein. So reisen laut offiziellen Angaben Katars Regierungschef Mohammed bin Abdulrahman al-Thani, der US-Sondergesandte Steve Witkoff und Trumps Schwiegersohn Jared Kushner an. Auch eine türkische Delegation um Geheimdienstchef Ibrahim Kalin schließt sich den Gesprächen an.
In den Verhandlungen geht es zunächst um die Freilassung aller Geiseln, ein Freikommen palästinensischer Häftlinge aus israelischen Gefängnissen und eine Waffenruhe im Gazastreifen. Der Chefunterhändler der Hamas, Chalil al-Haja, verlangte am Dienstag von Trump und den Vermittlern "Garantien" für ein Ende des Kriegs in Gaza.
se/AR/pgr (dpa, rtr, afp, ap, kna)