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PolitikNahost

Israel-Libanon-Konflikt: Was ist die UN-Resolution 1701?

Cathrin Schaer
7. Oktober 2024

Der Schlüssel für die Lösung des Israel-Libanon-Konflikts könnte in einem 18 Jahre alten UN-Beschluss liegen - der UN-Resolution 1701.

Ausgebrannte Autos
Ausgebrannte Autos in Beirut nach einem israelischem Luftangriff am 6. Oktober 2024Bild: Bilal Hussein/AP Photo/picture alliance

Viele Politiker und Diplomaten sind sich einig: Frieden und Sicherheit für Israel und den Libanon gibt es nur mit einer politischen Lösung. Ein Schlüssel dabei könnte eine Resolution sein, die der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen schon 2006 verabschiedet hat: die Resolution 1701. Randa Slim, Direktorin des Konfliktlösungsprogramms des Think Tanks "Middle East Institute" in Washington, glaubt an die Resolution als politisches Mittel: "Aber vielleicht brauchen wir eine mit mehr Befugnissen ausgestattete, engagiertere Resolution 1701, mit mehr Durchsetzungsmechanismen." Slim sagt, bei aller Kritik habe die Vereinbarung immerhin bis vor kurzem tatsächlich knapp 18 Jahre lang für relative Ruhe im libanesisch-israelischen Grenzgebiet gesorgt.

Was ist die Resolution 1701?

Doch zunächst - was ist die Resolution? Die Resolution 1701, die von den Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats im August 2006 einstimmig verabschiedet wurde, gilt als das Papier, das damals einen kurzen, aber brutalen Kampf zwischen dem bewaffneten Flügel der libanesischen Hisbollah und dem israelischen Militär beendete. Die Hisbollah wird von den USA, Deutschland und mehreren sunnitischen arabischen Staaten als Terrororganisation eingestuft.

Israelischer Angriff auf Beirut (06.10.2024): Kann eine UN-Resolution Frieden schaffen?Bild: Hussein Malla/AP Photo/picture alliance

Der Konflikt hatte Mitte Juli 2006 begonnen, als Hisbollah-Kämpfer nach Israel eingedrungen waren und zwei israelische Soldaten in der Nähe der Grenze entführt hatten. Acht weitere israelische Soldaten wurden bei der Aktion getötet.

Schon in der Zeit davor hatte es lange Zeit Scharmützel zwischen Israel und Hisbollah gegeben. Doch nach der Entführung seiner Soldaten begann Israel damit, den Libanon aus der Luft anzugreifen, einschließlich der Hauptstadt Beirut. Auch Bodentruppen marschierten im Libanon ein.

Die israelische Regierung machte die libanesische Regierung für die Aktionen der Hisbollah verantwortlich. Doch der Libanon erklärte, nichts mit der Entführung zu tun zu haben und appellierte an den UN-Sicherheitsrat zu intervenieren.

Fahrzeuge von UNIFIL kontrollieren den Ort Adaisseh im SüdlibanonBild: Aziz Taher/REUTERS

Am 11. August 2006 rief der UN-Sicherheitsrat schließlich zur "vollständigen Einstellung der Feindseligkeiten" auf. Sowohl die Hisbollah als auch Israel stimmten daraufhin einem Waffenstillstand zu, der den Bedingungen der Resolution 1701 entsprach.

Was besagt die Resolution 1701?

Die Resolution des UN-Sicherheitsrats zielte in erster Linie darauf ab, dafür zu sorgen, dass Hisbollah und das israelische Militär sich nicht gegenseitig über die Grenze hinweg beschießen. Sie legte fest, dass beide Seiten neue Regeln beachten sollen, und zwar in einer Pufferzone zwischen dem Litani-Fluss und der sogenannten Blauen Linie. Die Blaue Linie bezeichnet eine von den Vereinten Nationen nach früheren Kämpfen und der israelischen Besetzung des Südlibanon gezogene, "vorläufige" Grenze. Diese Zone sollte fortan ausschließlich von der Interimstruppe der Vereinten Nationen im Libanon (UNIFIL) und der libanesischen Armee kontrolliert werden. Auch Deutschland ist an der Mission beteiligt.

Hat die Resolution 1701 funktioniert?

Im Laufe der Jahre kam es immer wieder zu Verstößen gegen die Resolution 1701, wobei beide Seiten sich gegenseitig vorwarfen, dass die jeweils andere Seite Schuld sei.

So kam es beispielsweise 2010 zu Schießereien, als Bäume, die die Libanesen für sich beanspruchten, von Israelis gefällt wurden. Im Jahr 2018 beschuldigte Israel bei einem Briefing des UN-Sicherheitsrats die Hisbollah, Tunnel unter der Blauen Linie gegraben zu haben, durch die sie möglicherweise Angriffe durchführen könnten. Auf derselben Sitzung beschwerte sich die libanesische Regierung, dass Israel täglich gegen die Resolution 1701 verstoßen würde - bis zu 1800 Mal im Jahr. Im Jahr 2023 beschuldigte die Hisbollah Israel, durch den Bau einer Sicherheitsbarriere weiteres Land in diesem Gebiet annektieren zu wollen.

Trotzdem sind die meisten Beobachter der Meinung, dass die Resolution 1701 unterm Strich vergleichsweise wirksam war. Und der von ihr unterstützte Waffenstillstand hat ja auch bis zum vergangenen Jahr weitgehend gehalten.

Schwierige Rolle von UNIFIL im Libanon

Die UN-Mission UNIFIL, rund 10.000 Soldaten stark, kostet pro Jahr rund 450 Millionen Euro. Sie ist sogar auf See aktiv. Aber die Mission steckt ebenso wie das libanesische Militär in einer Zwickmühle.

Die Aufgabe von UNIFIL ist es eigentlich, die Regeln der Resolution 1701 durchzusetzen und einen Kommunikationskanal zwischen den israelischen und libanesischen Streitkräften zu schaffen. Beobachtern zufolge hat zumindest das zweite auch ganz gut geklappt. Die UNIFIL ist jedoch weder für die Entwaffnung der Hisbollah zuständig, noch soll sie mit der Gruppe kommunizieren.

Die UNIFIL-Mission patroulliert an der israelisch-libanesischen GrenzeBild: Joseph Eid/AFP/Getty Images

Die UNIFIL "war innerhalb ihrer engen Grenzen ein vielseitiges und effektives Instrument des Konfliktmanagements", so Thanassis Cambanis, Direktor der Denkfabrik Century International, in einem Bericht von 2018. Doch "trotz ihrer Erfolge greifen sowohl Israel als auch die Hisbollah regelmäßig die Legitimität der UNIFIL in der Öffentlichkeit an."

So hat Israel beispielsweise erklärt, die UNIFIL sei unwirksam und sollte gestärkt werden, damit sie die Hisbollah entwaffnen kann, während die Hisbollah die UNIFIL beschuldigt hat, für Israel zu spionieren.

Libanesisches Militär geschwächt

Was das libanesische Militär betrifft, so ist die lokale Armee nicht so stark wie die Hisbollah, und Kritiker haben ihr vorgeworfen, im Süden allenfalls eine symbolische Präsenz zu haben.

In der vergangenen Woche hatten die Kämpfe entlang der Grenze zugenommen: Die israelische Armee versuchte, in den Libanon einzudringen, während die Hisbollah versuchte, sie daran zu hindern. Währenddessen meldete UNIFIL, dass Israel sie aufgefordert habe, sich von einigen ihrer Stellungen in der Pufferzone zurückzuziehen.

Die UNIFIL, die nach Angaben der Washington Post nicht mehr an einer Grenze, sondern an einer "Kampffront" patrouilliert, hat sich geweigert, sich zu bewegen. Israel wiederum behauptet, dass die Hisbollah die UNIFIL als "menschliche Schutzschilde" benutzt.

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