Israel meldet Angriff auf ranghohe Hamas-Vertreter in Katar
9. September 2025
Katars Hauptstadt Doha wurde am Dienstagnachmittag von mehreren Explosionen erschüttert. Aus einer Tankstelle stiegen schwarze Rauchwolken auf. Direkt daneben befindet sich ein kleines Wohnviertel. Seit Beginn des Gaza-Konflikts wird es rund um die Uhr von der Wache des Emirs von Katar bewacht. Dort sollen führende Mitglieder der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas leben.
Der Golfstaat gilt eigentlich als sehr sicher. Nun hat Israels Armee eigenen Angaben zufolge die Führungsspitze der islamistischen Hamas angegriffen.
Jahrelang hätten diese Mitglieder der Hamas-Führung die Operationen der Terrororganisation geleitet, teilte Israels Militär mit. Sie seien direkt für das brutale Massaker vom 7. Oktober 2023 verantwortlich und "orchestrierten und steuerten den Krieg gegen den Staat Israel".
Chalil al-Hajja im Fadenkreuz
Israelischen Regierungsvertretern zufolge galt der Angriff unter anderem Chalil al-Hajja, dem im Exil lebenden Gaza-Chef und Top-Unterhändler der Gruppe. Der 64-Jährige hielt sich die meiste Zeit in Katar auf. Andere höhere Hamas-Funktionäre im Ausland leben ebenfalls zumeist in Katar oder in der Türkei.
Der Nachrichtenkanal Al-Arabija berichtete, dass Al-Hajja nach vorläufigen Informationen getötet worden sei. Zwei Hamas-Vertreter sagten der Nachrichtenagentur Reuters, die Mitglieder des Verhandlungsteams für eine Waffenruhe im Gazastreifen hätten den Anschlag überlebt.
Israel übernimmt laut Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die volle Verantwortung für den Angriff auf die Hamas-Mitglieder. "Die heutige Aktion gegen die führenden Terroristenführer der Hamas war eine völlig unabhängige israelische Operation. Israel hat sie initiiert, Israel hat sie durchgeführt", heißt es in einer Stellungnahme von Netanjahus Büro. Der israelische Fernsehsender Channel 12 meldet, dass US-Präsident Donald Trump dem Angriff vorab zugestimmt habe.
Katar spricht von Angriff auf Wohngegenden
Katar verurteilte den Angriff scharf. Dieser habe auf Wohngegenden gezielt, in denen Mitglieder des politischen Büros der Hamas wohnten, erklärte der Sprecher des katarischen Außenministeriums, Madschid al-Ansari. Er sprach von einem "eklatanten Verstoß gegen alle internationalen Rechte und Normen" und einer "ernsthaften Gefahr für die Sicherheit" der Bevölkerung in Katar.
Die katarische Nachrichtenseite Doha News zeigte ein zerstörtes Gebäude, vor dem ein schwarzer Geländewagen parkt. Auch Doha News meldet, dass Israel das Hamas-Verhandlungsteam angegriffen habe.
Katar vermittelt zusammen mit Ägypten und den USA im Gaza-Krieg zwischen Israel und der Hamas. Die Verhandlungen um eine Waffenruhe kommen aber seit Monaten nicht voran.
Forderungen an Katar, das Hamas-Büro zu schließen
Nach den Unruhen des sogenannten Arabischen Frühlings in der Region eröffnete die Hamas 2012 ein politisches Büro in Katar. Schon vorher war aus dem Golfemirat viel Geld an die Hamas geflossen, die 2007 die Macht im Gazastreifen übernommen hatte. Nach dem Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 auf Israel wurden Forderungen an die Regierung Katars lauter, das Büro zu schließen.
Der israelische Generalstabschef Ejal Zamir hatte vor zehn Tagen Attacken auf Hamas-Führer im Ausland angedroht. "Mit unseren Aktionen sind wir noch nicht fertig", sagte er nach einem Angriff auf den Hamas-Sprecher Abu Obaida. "Die meisten Hamas-Führer sind im Ausland, und wir werden auch zu ihnen vordringen."
Warnungen an die Hamas von Israel und USA
Auch der israelische Verteidigungsminister Israel Katz hatte erst am Montag eine scharfe Warnung an die Hamas ausgesprochen: "Dies ist die letzte Warnung an die Mörder und Vergewaltiger der Hamas in Gaza und in den Luxushotels im Ausland: Lasst die Geiseln frei und legt die Waffen nieder - oder Gaza wird zerstört und ihr werdet vernichtet", ließ Katz verlauten.
Eine "letzte Warnung" an die Hamas kam auch aus den USA, um kurz vor Israels weiteren Vorstoß in der Stadt Gaza eine diplomatische Lösung zu erzwingen. Israel habe seine Bedingungen akzeptiert, ließ US-Präsident Trump verlauten. Es sei an der Zeit, dass auch die Hamas sie akzeptiere.
Die Hamas zeigte sich daraufhin zu "sofortigen Verhandlungen" bereit. Man begrüße "jeden Schritt, der dazu beiträgt, die Aggression gegen unser Volk zu beenden". Seit Beginn des Kriegs im Gazastreifen vor fast zwei Jahren hat Israel bereits zahlreiche ranghohe Hamas-Anführer und Kommandeure in dem Palästinensergebiet am Mittelmeer getötet, unter ihnen Jihia al-Sinwar und Mohammed Deif. Den damaligen politischen Führer der Hamas, Ismail Hanija, tötete Israel bei einem Anschlag in Irans Hauptstadt Teheran.
Die Hamas und mit ihr verbündete Palästinensergruppen hatten den Krieg im Gazastreifen mit ihrem brutalen Terrorangriff auf Ortschaften und ein Popfestival im Süden Israels ausgelöst. Die Angreifer ermordeten am 7. Oktober 2023 mehr als 1200 Menschen und verschleppten 251 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen. Israelischen Informationen zufolge befinden sich noch immer 48 Geiseln in dem Küstengebiet; 20 von ihnen sollen noch am Leben sein.
Israel geht seither massiv militärisch in dem Palästinensergebiet vor. Dabei wurden nach Angaben der Hamas-Behörden, die nicht unabhängig überprüft werden können, bislang mehr als 64.500 Menschen getötet. Zuletzt weitete das israelische Militär seine Offensive weiter aus und verhängte eine Evakuierungs-Anordnung für Gaza-Stadt.
Die Vereinten Nationen hatte am 22. August erklärt, dass im Gazastreifen eine Hungersnot herrsche. Sie warf Israel die "systematische Behinderung" von Hilfslieferungen in das Palästinensergebiet vor. Die israelische Regierung wies die Vorwürfe zurück.
AR/ehl/stu (dpa, afp, rtr)
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