"Israel steht zusammen": Proteste inmitten des Krieges
26. August 2025
Unter dem Motto "Israel steht zusammen" haben landesweit zahlreiche Menschen gegen die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu demonstriert. Im Großraum Tel Aviv, aber auch andernorts wurden Straßen blockiert. Kundgebungsteilnehmer schwenkten israelische Flaggen und zeigten Bilder von Geiseln, die sich noch in der Hand der Hamas befinden. Die islamistische Hamas wird von vielen Staaten als Terrororganisation eingestuft.
Für diesen Dienstagabend ist eine große Versammlung im Zentrum von Tel Aviv geplant. Zu den Protesten aufgerufen hat das Forum der Geiselangehörigen. Kinder, Mütter, Väter und Geschwister der Verschleppten verlangten in einer Erklärung, die führenden Politiker müssten sich "an den Verhandlungstisch setzen" und dürften "nicht aufstehen, bis es eine Einigung gibt".
Gespräche über eine Waffenruhe
Am vergangenen Donnerstag hatte Netanjahu eine Wiederaufnahme der Gespräche angeordnet. Katar, Ägypten und die USA vermitteln bei den indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas. Auf dem Tisch liegt Medienberichten zufolge ein Vorschlag, der eine 60-tägige Waffenruhe vorsieht; währenddessen könnten zunächst zehn lebende Geiseln im Gegenzug für palästinensische Häftlinge freikommen. Insgesamt werden noch 50 Verschleppte im Gazastreifen festgehalten; etwa 30 von ihnen sind nach israelischen Erkenntnissen bereits tot.
Die Geiselangehörigen werfen der Regierung vor, den Krieg aus innenpolitischen Gründen zu verlängern - Netanjahus rechtsextreme Koalitionspartner sind strikt gegen eine Waffenruhe. Ebenfalls an diesem Dienstag will sich das Sicherheitskabinett mit möglichen neuen Verhandlungen befassen. Es hatte Anfang August einer Ausweitung des Militäreinsatzes gegen die Hamas einschließlich einer Einnahme der Stadt Gaza zugestimmt, was in Israel, aber auch im Ausland scharf kritisiert wird.
Christliche Patriarchen warnen vor "gewaltsamer Massenvertreibung"
Die christlichen Patriarchen von Jerusalem erklärten in einer gemeinsamen Stellungnahme, für eine "absichtliche und gewaltsame Massenvertreibung" gebe es keine Rechtfertigung. Bereits jetzt lägen Evakuierungsbefehle für mehrere Stadtteile vor, schreiben der Lateinische Patriarch, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, und sein griechisch-orthodoxer Amtsbruder, Patriarch Theophilos III. In ihren Pfarreien hätten Hunderte Zivilisten Zuflucht gefunden, von denen viele geschwächt und unterernährt seien.
Der Vatikan zeigte sich unterdessen bestürzt über zwei israelische Angriffe auf das Nasser-Krankenhaus in Chan Junis im Gazastreifen. Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin sprach von einem "sinnlosen" Vorgehen. Die humanitäre Lage in dem Küstengebiet werde immer schwieriger, fügte er hinzu.
Untersuchung zu Angriff auf Nasser-Krankenhaus
Ministerpräsident Netanjahu hatte zuvor sein Bedauern über den "tragischen Vorfall" ausgedrückt. Die Militärbehörden führten eine gründliche Untersuchung durch, hieß es weiter. Ein Armeesprecher verwies abermals darauf, dass die Hamas bewusst zivile Infrastruktur wie Klinikgebäude als Kommandozentralen nutze.
Bei den Attacken am Montag waren nach Angaben der Hamas-Behörden mindestens 20 Palästinenser getötet worden, darunter vier medizinische Mitarbeiter und fünf Journalisten. Es gab zahlreiche Verletzte. Der Chef des Palästinenserhilfswerks der Vereinten Nationen, Philippe Lazzarini, warf Israel vor, "die letzten Stimmen zum Schweigen zu bringen, die über Kinder berichten, die lautlos durch eine Hungersnot sterben".
Die Nachrichtenagenturen Associated Press (AP) und Reuters forderten von der israelischen Regierung eine Erklärung für die Luftangriffe, bei denen auch eigene freie Mitarbeiter getötet wurden. AP und Reuters äußerten ihre Empörung darüber, "dass unabhängige Journalisten zu den Opfern dieses Angriffs auf das Krankenhaus gehören - einen Ort, der nach internationalem Recht geschützt ist". Sie appellierten erneut an die israelischen Behörden, die Pressefreiheit zu gewährleisten. Das Auswärtige Amt in Berlin zeigte sich in einer Reaktion im Onlinedienst X "schockiert".
Fast 200 Journalisten getötet
Nach Informationen des Komitees zum Schutz von Journalisten (CPJ) wurden seit Beginn des Israel-Hamas-Krieges vor knapp zwei Jahren fast 200 Journalisten getötet, die meisten von ihnen Palästinenser. Die israelischen Behörden verweigern ausländischen Medienvertretern nach wie vor den Zugang zum abgeriegelten Gazastreifen.
Auslöser des Krieges war ein Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023. Dem Großangriff auf israelisches Gebiet fielen nach Angaben des Militärs etwa 1200 Menschen zum Opfer. Rund 250 Personen wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Beim darauffolgenden israelischen Militäreinsatz wurden nach Zahlen der Hamas-Behörden bislang mehr als 62.000 Menschen in dem Palästinensergebiet getötet. Die Angaben der Kriegsparteien lassen sich nicht unabhängig prüfen.
jj/wa/stu (dpa, afp, rtr, epd, kna)
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