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KonflikteIsrael

"Israel steht zusammen": Proteste inmitten des Krieges

26. August 2025

Geisel-Angehörige in Israel schreien ihre Wut auf die Regierung heraus. Während Rechtsextremisten am Kabinettstisch härter gegen die Hamas vorgehen wollen, pochen Familien der Verschleppten auf Gespräche.

Israel Tel Aviv 2025 | Demonstration der Angehörigen israelischer Geiseln
Demonstranten werfen der Regierung vor, aus innenpolitischen Gründen den Krieg auszuweitenBild: Jack Guez/AFP/Getty Images

Unter dem Motto "Israel steht zusammen" haben landesweit zahlreiche Menschen gegen die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu demonstriert. Im Großraum Tel Aviv, aber auch andernorts wurden Straßen blockiert. Kundgebungsteilnehmer schwenkten israelische Flaggen und zeigten Bilder von Geiseln, die sich noch in der Hand der Hamas befinden. Die islamistische Hamas wird von vielen Staaten als Terrororganisation eingestuft.

Für diesen Dienstagabend ist eine große Versammlung im Zentrum von Tel Aviv geplant. Zu den Protesten aufgerufen hat das Forum der Geiselangehörigen. Kinder, Mütter, Väter und Geschwister der Verschleppten verlangten in einer Erklärung, die führenden Politiker müssten sich "an den Verhandlungstisch setzen" und dürften "nicht aufstehen, bis es eine Einigung gibt".

Am landesweiten Protesttag blockieren Regierungsgegner mehrere Straße mit ihren Fahrzeugen ...Bild: Ilia Yefimovich/dpa/picture alliance

Gespräche über eine Waffenruhe

Am vergangenen Donnerstag hatte Netanjahu eine Wiederaufnahme der Gespräche angeordnet. Katar, Ägypten und die USA vermitteln bei den indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas. Auf dem Tisch liegt Medienberichten zufolge ein Vorschlag, der eine 60-tägige Waffenruhe vorsieht; währenddessen könnten zunächst zehn lebende Geiseln im Gegenzug für palästinensische Häftlinge freikommen. Insgesamt werden noch 50 Verschleppte im Gazastreifen festgehalten; etwa 30 von ihnen sind nach israelischen Erkenntnissen bereits tot.

... oder mit brennenden AutoreifenBild: Ilia Yefimovich/dpa/picture alliance

Die Geiselangehörigen werfen der Regierung vor, den Krieg aus innenpolitischen Gründen zu verlängern - Netanjahus rechtsextreme Koalitionspartner sind strikt gegen eine Waffenruhe. Ebenfalls an diesem Dienstag will sich das Sicherheitskabinett mit möglichen neuen Verhandlungen befassen. Es hatte Anfang August einer Ausweitung des Militäreinsatzes gegen die Hamas einschließlich einer Einnahme der Stadt Gaza zugestimmt, was in Israel, aber auch im Ausland scharf kritisiert wird.

"Nicht aufstehen, bis es eine Einigung gibt": Angehörige der Geiseln, die sich noch in der Gewalt der Hamas befinden, dringen auf weitere Verhandlungen mit den IslamistenBild: Jack Guez/AFP/Getty Images

Christliche Patriarchen warnen vor "gewaltsamer Massenvertreibung"

Die christlichen Patriarchen von Jerusalem erklärten in einer gemeinsamen Stellungnahme, für eine "absichtliche und gewaltsame Massenvertreibung" gebe es keine Rechtfertigung. Bereits jetzt lägen Evakuierungsbefehle für mehrere Stadtteile vor, schreiben der Lateinische Patriarch, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, und sein griechisch-orthodoxer Amtsbruder, Patriarch Theophilos III. In ihren Pfarreien hätten Hunderte Zivilisten Zuflucht gefunden, von denen viele geschwächt und unterernährt seien.

Das israelische Sicherheitskabinett hatte unlängst einer Ausweitung des Krieges im Gazastreifen zugestimmtBild: Maya Levin/AP Photo/dpa/picture alliance

Der Vatikan zeigte sich unterdessen bestürzt über zwei israelische Angriffe auf das Nasser-Krankenhaus in Chan Junis im Gazastreifen. Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin sprach von einem "sinnlosen" Vorgehen. Die humanitäre Lage in dem Küstengebiet werde immer schwieriger, fügte er hinzu.

Untersuchung zu Angriff auf Nasser-Krankenhaus

Ministerpräsident Netanjahu hatte zuvor sein Bedauern über den "tragischen Vorfall" ausgedrückt. Die Militärbehörden führten eine gründliche Untersuchung durch, hieß es weiter. Ein Armeesprecher verwies abermals darauf, dass die Hamas bewusst zivile Infrastruktur wie Klinikgebäude als Kommandozentralen nutze.

"Tragischer Vorfall": Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigte nach den Angriffen auf das Nasser-Krankenhaus im Gazastreifen eine Untersuchung an (Archivbild)Bild: Abir Sultan/EPA/dpa/picture alliance

Bei den Attacken am Montag waren nach Angaben der Hamas-Behörden mindestens 20 Palästinenser getötet worden, darunter vier medizinische Mitarbeiter und fünf Journalisten. Es gab zahlreiche Verletzte. Der Chef des Palästinenserhilfswerks der Vereinten Nationen, Philippe Lazzarini, warf Israel vor, "die letzten Stimmen zum Schweigen zu bringen, die über Kinder berichten, die lautlos durch eine Hungersnot sterben".

Bei den Attacken aus der Luft waren in der Klinik in Chan Junis auch mehrere Journalisten getötet worden Bild: Alaa Abo Mohsen/APA Images/ZUMA/picture alliance

Die Nachrichtenagenturen Associated Press (AP) und Reuters forderten von der israelischen Regierung eine Erklärung für die Luftangriffe, bei denen auch eigene freie Mitarbeiter getötet wurden. AP und Reuters äußerten ihre Empörung darüber, "dass unabhängige Journalisten zu den Opfern dieses Angriffs auf das Krankenhaus gehören - einen Ort, der nach internationalem Recht geschützt ist". Sie appellierten erneut an die israelischen Behörden, die Pressefreiheit zu gewährleisten. Das Auswärtige Amt in Berlin zeigte sich in einer Reaktion im Onlinedienst X "schockiert".

Fast 200 Journalisten getötet

Nach Informationen des Komitees zum Schutz von Journalisten (CPJ) wurden seit Beginn des Israel-Hamas-Krieges vor knapp zwei Jahren fast 200 Journalisten getötet, die meisten von ihnen Palästinenser. Die israelischen Behörden verweigern ausländischen Medienvertretern nach wie vor den Zugang zum abgeriegelten Gazastreifen.

Die palästinensische Zivilbevölkerung leidet unter dem Krieg, den die Hamas mit ihrem Großangriff auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst hatteBild: Ebrahim Hajjaj/REUTERS

Auslöser des Krieges war ein Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023. Dem Großangriff auf israelisches Gebiet fielen nach Angaben des Militärs etwa 1200 Menschen zum Opfer. Rund 250 Personen wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Beim darauffolgenden israelischen Militäreinsatz wurden nach Zahlen der Hamas-Behörden bislang mehr als 62.000 Menschen in dem Palästinensergebiet getötet. Die Angaben der Kriegsparteien lassen sich nicht unabhängig prüfen.

jj/wa/stu (dpa, afp, rtr, epd, kna)

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