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Politik

Israel mahnt Polen zu Holocaust-Aufarbeitung

12. April 2018

Erneut hat der israelische Staatschef Rivlin das polnische Holocaust-Gesetz kritisiert. Zusammen mit seinem polnischen Kollegen Duda war er beim "Marsch der Lebenden" im früheren Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau.

Polen Ausschwitz Marsch der Lebenden Duda und Rivlin
Reuven Rivlin (3. v. r.) und Andrzej Duda (rechts daneben) waren gemeinsam nach Auschwitz-Birkenau gekommenBild: picture-alliance/dpa/S. Rozpedzik

Israels Staatschef Reuven Rivlin hat die Kritik seines Landes am polnischen Holocaust-Gesetz erneuert. Zusammen mit seinem polnischen Kollegen Andrzej Duda nahm er am "Marsch der Lebenden" im früheren Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau teil.

Der Konflikt zwischen den beiden Ländern um das polnische Holocaust-Gesetz überschattete die Gedenkfeierlichkeiten, die in diesem Jahr zum 30. Mal stattfanden. "Wir haben tiefen Respekt für die Gewissenserforschung, der sich das polnische Volk unterzogen hat, aber zwischen uns gibt es auch tiefe Uneinigkeit", sagte Rivlin in einer Rede. Israel verlange, dass Polen die Geschichte des Holocaust vollständig aufarbeite, einschließlich der Ereignisse in der "Epoche der Vernichtung", führte Rivlin aus.

Ehemalige KZ-Häftlinge und Jugendliche aus Polen und Israel gingen in Auschwitz Hand in HandBild: Reuters/K. Pempel

Die Beziehungen zwischen Polen und Israel sind wegen des Holocaust-Gesetzes der nationalkonservativen Regierung in Warschau seit Monaten angespannt. Das Gesetz stellt es unter anderem unter Strafe, wenn der "polnischen Nation oder dem polnischen Staat" eine Mitschuld an den Nazi-Verbrechen gegeben wird. Die israelische Regierung sieht in dem Gesetz einen Versuch, die individuellen Verbrechen von Polen an Juden zu verschleiern. Rivlin sagte dazu: "Wir schätzen all jene, die ihr Leben riskiert haben, um Juden zu retten, aber es gab auch andere: Leute, die gemordet und dann beerbt haben. Dies war ein Boden, der es den Nazis erlaubt hat, zu tun, was immer sie wollten - nicht nur in Polen, sondern in ganz Europa." 

Der jährliche "Marsch der Lebenden" fand zum 30. Mal statt Bild: Reuters/K. Pempel

Duda wies diese Vorwürfe abermals zurück. Das Gesetz ziele nicht darauf ab, Holocaust-Überlebende zum Schweigen zu bringen. "Es war nie die Absicht polnischer Politiker, ein Gesetz zu schaffen, das die Aussagen von Zeitzeugen blockiert", sagte er und fügte hinzu: "Wir wollen die historische Wahrheit schützen auch da, wo sie schwierig ist."

Anschließend nahmen beide Staatschefs zusammen mit tausenden jungen Juden an dem "Marsch der Lebenden" in dem früheren Todeslager teil. Dabei wurde anlässlich des Holocaust-Gedenktags in Israel der insgesamt sechs Millionen Juden gedacht, die dem Nazi-Terror zum Opfer fielen.

Überlebende der Schoah am Tor des Arbeits- und Vernichtungslagers Auschwitz mit dem zynischen Spruch "Arbeit macht frei"Bild: Reuters/K. Pempel

Von dem Marsch solle die Botschaft "Nie wieder!" ausgehen, sagte Duda vor dem Schweigemarsch. Er nehme teil, "um zu zeigen: Schaut her, wohin Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus führen können". Rivlin betonte, Polen sei die Wiege der jüdischen Kultur. Leider sei das Land auch der "größte jüdische Friedhof" geworden. Allein in Auschwitz ermordeten die deutschen Besatzer im Zweiten Weltkrieg mindestens 1,1 Millionen Menschen. Etwa eine Million der Todesopfer waren Juden.

In Israel stand anlässlich des Gedenktags am Vormittag das öffentliche Leben für zwei Minuten still. Um zehn Uhr heulten die Sirenen. Autos blieben stehen, Schüler erhoben sich zu Schweigeminuten, Passanten verharrten mit gesenktem Kopf.

uh/jj (afp, kna)

Juden beklagen zunehmenden Antisemitismus in Polen

04:45

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