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KonflikteIsrael

Israel stoppt Gaza-Hilfsflotte mit Greta Thunberg an Bord

Veröffentlicht 2. Oktober 2025Zuletzt aktualisiert 2. Oktober 2025

Obwohl klar war, dass Israel sie nicht passieren lassen würde, ist die "Global Sumud Flotilla" mit Hilfsgütern Richtung Gazastreifen gesegelt. Die israelische Marine stoppte nun fast alle Schiffe.

Personen in orangenen Schwimmwesten heben ihre Hände nach oben, als israelische Soldaten mit Waffen auf sie zielen (02.10.2025)
Live-Aufnahmen von einem Schiff der Hilfsflotte, als israelische Soldaten an Deck kommenBild: Global Sumud Flotilla/REUTERS

Israels Marine hat den größten Teil der Hilfsflotte "Global Sumud Flotilla" auf dem Weg zum Gazastreifen gestoppt. Bis auf ein letztes Schiff seien alle der rund 45 Boote  mit pro-palästinensischen Aktivisten an Bord abgefangen worden, erklärte das israelische Außenministerium. Die Besatzungsmitglieder seien "sicher" nach Israel gebracht worden und würden anschließend nach Europa zurückgeschickt. 

Keines der Schiffe habe es geschafft, die See-Blockade vor dem Gazastreifen zu durchbrechen, teilte das Außenministerium weiter mit. Sollte sich das letzte Schiff der Flotte dem Gazastreifen weiter nähern, werde "auch dessen Versuch, in eine aktive Kampfzone einzudringen und die Blockade zu durchbrechen, verhindert werden".

Live-Aufnahmen von mehreren Schiffen der Hilfsflotte in Erwartung des israelischen EingreifensBild: Fotogramma/ipa-agency/picture alliance

Unter den mehreren hundert Teilnehmern an Bord der Motor- und Segelboote war auch die schwedische Aktivistin Greta Thunberg. "Greta und ihre Freunde sind in Sicherheit und gesund", hieß es aus dem Außenministerium. Frankreich rief Israel auf, die Sicherheit der Teilnehmer zu gewährleisten und konsularischen Schutz zu garantieren.

Bekannte Namen unter den Teilnehmern

Aktivisten berichten, die israelische Marine habe am Mittwochabend zunächst ein Boot gerammt und andere mit Wasserwerfern attackiert. Verletzt wurde jedoch niemand. Nach Angaben der "Global Sumud Flotilla" fand das Abfangen in internationalen Gewässern statt. Die Organisatoren bezeichneten den Einsatz daher als "illegal".

Ein Schiff der Global Sumud Flotilla mit Aktivistin Thunberg legt Ende September von Kreta abBild: Stefanos Rapanis/REUTERS

Die Flotte hatte sich nach eigenen Angaben bis auf 70 bis 80 Seemeilen (130 bis 150 Kilometer) dem Gazastreifen genähert. Ende August war sie im spanischen Barcelona gestartet, um Hilfsgüter für die Bevölkerung des abgeriegelten palästinensischen Küstenstreifens zu bringen und gegen Israels Vorgehen im Gazastreifen zu protestieren.

Sie transportiert nach eigenen Angaben Medikamente und Lebensmittel. Unter den Teilnehmern sind neben Thunberg auch Mandla Mandela, ein Enkel des südafrikanischen Ex-Präsidenten Nelson Mandela, sowie die französisch-palästinensische Europa-Abgeordnete Rima Hassan.

Flotte lehnt Abgabe der Hilfsgüter an Israel ab

Israel erklärte, die Marine habe die Flottille aufgefordert, Kurs auf andere Häfen zu nehmen, wo die Ladung entladen und weitertransportiert werden könne. Die Flottille habe das Angebot abgelehnt, "weil sie nicht an Hilfeleistung interessiert ist, sondern an Provokation", so das israelische Außenministerium.

Mehrere Schiffe der "Global Sumud Flotilla" vor Tunesien Anfang SeptemberBild: Str/AP Photo/dpa/picture alliance

Der Sprecher der Flotte, Thiago Ávila, begründete die Ablehnung des Angebots, die Hilfslieferungen über Israel ausliefern zu lassen, damit, dass die humanitäre Hilfe nicht der "Besatzungsmacht im Gazastreifen" überlassen werden dürfe. Die Palästinenser im Gazastreifen hätten das Recht, ihre eigenen Grenzen zu kontrollieren. Die Seeblockade, die Israel vor dem Küstengebiet aufrechterhält, bezeichnete er als völkerrechtswidrig.

Internationale Kritik an Israel

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete das Vorgehen der israelischen Marine als "erneuten Beweis für die Brutalität Israels". "Der Angriff der israelischen Streitkräfte in internationalen Gewässern gegen die Global Sumud Flotilla, die humanitäre Hilfe zu den Menschen im Gazastreifen bringen wollte, stellt einen Akt des Terrors dar, der gegen das Völkerrecht verstößt und das Leben unschuldiger Zivilisten in Gefahr bringt", hieß es in einer Mitteilung des türkischen Außenministeriums. Die Staatsanwaltschaft in Istanbul leitete Ermittlungen wegen der Festnahme von 24 türkischen Staatsbürgern ein.

Auch der spanische Außenminister José Manuel Albares kritisierte das Abfangen der Gaza-Hilfsflotte und bestellte den israelischen Geschäftsträger ein. Die Festgenommenen Aktivisten seien "friedliche Bürger, die ausschließlich humanitäre Ziele verfolgt" und daher für "niemanden eine Gefahr dargestellt" hätten, sagte Albares dem Fernsehsender TVE. Demnach befanden sich insgesamt 65 spanische Staatsbürger auf Schiffen der Flotte.

Meloni kritisiert Besatzung der Gaza-Flotte

Auch 22 italienische Staatsbürger waren nach Angaben aus Rom Teil der Besatzung. "Natürlich werden wir alles in unserer Macht stehende tun, um sicherzustellen, dass diese Menschen so schnell wie möglich nach Italien zurückkehren können", sagte Regierungschefin Giorgia Meloni vor Journalisten. Sie wiederholte jedoch ihre Kritik am Versuch der Aktivisten, den Gazastreifen zu erreichen.

Ein Außenamtssprecher in Berlin bestätigte am Donnerstag, dass alle Besatzungsmitglieder der Flotte wohlbehalten in unterschiedlichen Häfen angekommen seien. Angaben über die Zahl deutscher Staatsangehöriger unter den Betroffenen machte er jedoch nicht.

Der kolumbianische Präsident Gustavo Petro wies nach der Festnahme von zwei Kolumbianern die gesamte diplomatische Vertretung Israels aus. Zudem kündigte er das Freihandelsabkommen mit Israel auf. 

Die islamistische Hamas, deren Großangriff auf Israel am 7. Oktober 2023 den Krieg im Gazastreifen ausgelöst hatte, verurteilte das Stoppen der Boote "in internationalen Gewässern" als "Verbrechen der Piraterie und des maritimen Terrorismus". Die Hamas selbst wird von zahlreichen Ländern weltweit als Terrororganisation eingestuft.

Proteste in Rom und Berlin

In Italien kamen es nach dem Stopp der Flotte am Mittwochabend zu Protesten. Vor dem Hauptbahnhof von Rom versammelten sich Demonstranten. Die Zugänge zu dem Bahnhof wurden nach Behördenangaben vorsichtshalber gesperrt. Die größte Gewerkschaft des Landes rief für Freitag aus Solidarität mit der Flotte zu einem Generalstreik auf.

Die Zeitung "La Repubblica" berichtete, ein Zug von Demonstranten habe sich in Richtung des Amtssitzes von Ministerpräsidentin Meloni bewegt. Sie werfen ihrer rechten Regierung vor, sich nicht solidarisch mit den Aktivisten der Flottille zu zeigen.

Propalästinensische Demonstration gegen Abfangen der Global Sumud Flotilla in Rom (am Mittwoch)Bild: Yara Nardi/REUTERS

Auch in Deutschlands Hauptstadt Berlin protestierten etwa 300 Menschen gegen den Stopp der Flotte. Einige Demonstranten warfen bei der Kundgebung vor dem Hauptbahnhof nach Polizeiangaben mit Flaschen auf Beamte und skandierten verbotene Parolen. Mehrere Menschen wurden demnach festgenommen.

Gazastreifen auf See seit 2007 abgeriegelt

Italien und Spanien hatten angesichts der Gefahr einer gewaltsamen Auseinandersetzung mit Israel eine Marineeskorte für die Flotte entsandt. Beide Länder forderten die Aktivisten jedoch am Mittwoch auf anzuhalten, bevor sie die israelische Sperrzone rund 280 Kilometer vor der Küste des Gazastreifens erreichten.

Unabhängig vom Krieg im Gazastreifen riegelt Israel das Palästinensergebiet vom Meer aus strikt ab. Diese Maßnahme war 2007 nach der Machtübernahme der Hamas eingeführt worden und wird auch von Ägypten mitgetragen, das im Süden an den Küstenstreifen grenzt. Die Blockade diene dazu, Waffenlieferungen an die Hamas zu unterbinden.

Bereits im Juni stoppte Israels Marine ein Hilfsboot auf dem Weg zum GazastreifenBild: Israel Foreign Ministry via X/REUTERS

Es gab bereits mehrere Versuche, die Blockade zu durchbrechen. Im Jahr 2010 wurden bei der Erstürmung einer ähnlichen Flotte durch israelische Soldaten neun Aktivisten getötet. Bereits im Juni dieses Jahres hatten israelische Marine-Einheiten Thunberg und elf weitere Aktivisten eines Schiffes festgenommen, als sie sich dem Gazastreifen näherten.

pgr/AR/se (dpa, afp, kna, rtr)