1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Israel tötet Hamas-Führer

22. März 2004

Israels Armee hat den geistlichen Führer und Gründer der Hamas-Organisation, Scheich Ahmed Jassin, bei einem Luftangriff in Gaza getötet. Nun droht eine dramatische Eskalation der Gewalt in Nahost.

Scheich Ahmed Jassin ist totBild: AP
Palästinensischer Protest gegen die Tötung von Scheich Ahmed JassinBild: AP

Augenzeugen berichteten, israelische Kampfhubschrauber hätten am frühen Montagmorgen (22.3.2004) drei Raketen auf Scheich Ahmed Jassin und seine beiden Leibwächter abgefeuert, als diese eine Moschee verließen. Ein Anwohner sagte über den Augenblick nach dem Attentat: "Er (Jassin) lag auf dem Boden und sein Rollstuhl war zerstört. Die Menschen rannten in alle Richtungen davon. Dann landeten zwei weitere Raketen." Bei dem Angriff wurden laut Krankenhausangaben auch ein Passant getötet und 17 weitere Menschen verwundet.

Israel hatte bereits im September 2003 versucht, Jassin zu töten. Bei der Bombardierung seines Hauses wurde der Scheich aber nur leicht verletzt. Der israelische Verteidigungsminister Sejev Boim erklärte in einem Rundfunkinterview: "Ich habe seit langem gesagt, dass Jassin ein Ziel zum Töten ist. Er war nicht immun."

Porträt: Jassin

Der querschnittsgelähmte Jassin, der 1987 Hamas gegründet hatte, ist der ranghöchste militante Palästinenser, der bei den seit mehr als drei Jahren andauernden israelisch-palästinensischen Kämpfen getötet wurde. Er befand sich mehrere Jahre lang in israelischer Haft; 1994 wurde er dann auf freien Fuß gesetzt.

Hamas Anführer Scheich Ahmed JassinBild: AP

Jassin wurde 1938 im Süden des heutigen Israel in einem Fischerdorf bei Ashkelon als eines von neun Kindern geboren. Sein Vater, ein lokaler Würdenträger, starb kurz nach der Geburt Jassins. Als er zehn Jahre alt war, zwang der Unabhängigkeitskrieg der Israelis 1948 die Familie zur Flucht in den ägyptisch kontrollierten Gaza-Streifen. Jassin wuchs in einem Flüchtlingslager in der Nähe des Mittelmeers auf, wo er gern schwamm und nach Muscheln tauchte. Dabei verletzte er sich 1952 schwer an seiner Wirbelsäule und war seitdem an den Rollstuhl gefesselt.

Nach dem Unfall konzentrierte er sich auf das Studium von Sprachen und islamischer Religion, unter anderem ein Jahr in Kairo. Da er jedoch kein Geld für einen College-Besuch hatte, betätigte er sich als Lehrer und bekam Kontakt zur fundamentalistischen Moslembruderschaft, die von der ägyptischen Regierung wegen ihres militanten Charakters verboten wurde. Wegen seiner Verbindung zur Bruderschaft wurde er 45 Tage in Haft genommen.

Hintergrund der Angriffe

Die Angriffe Israels auf den Scheich waren Teil einer israelischen Militär-Offensive in dem Gebiet zwischen Israel und Ägypten, die bereits seit einer Woche andauert. Sie erfolgte als Reaktion auf ein palästinensisches Selbstmordattentat am 14. März in der Hafenstadt Aschdod, bei dem zehn Israelis getötet wurden.

Die Hamas-Führung kündigte dem israelischen Regierungschef Ariel Scharon Vergeltung an: "Scharon hat die Pforten der Hölle geöffnet. Nichts wird uns daran hindern, ihm den Kopf abzuschlagen."

Racheschwüre

"Der, der entschieden hat, Scheich Ahmed Jassin zu ermorden, hat damit beschlossen, hunderte Zionisten zu töten", drohten die Essedin el Kassam Brigaden, die bewaffnete Abteilung der Hamas, in einer Erklärung, die am Montagmorgen bei einer Nachrichtenagentur in Gaza einging. Die Drohung richtete sich auch gegen die USA. "Die Zionisten haben das nicht ohne grünes Licht der terroristischen amerikanischen Regierung getan und die muss die Verantwortung für dieses Verbrechen übernehmen."

Auch die mit der Hamas rivalisierenden Al-Aksa-Märtyrer-Brigaden kündigten Rache an. "Die Vergeltung wird in den nächsten Stunden kommen", heißt es in einem Fax, das die militante Organisation einer Nachrichtenagentur schickte. In der Stadt Gaza strömten zehntausende Palästinenser bei Bekanntwerden der Nachricht auf die Straßen und riefen nach Rache.

Kureia: Eskalation der Gewalt

Palestinian Parliament speaker and candidate for prime minister, Ahmed Qureia, known as Abu Ala, leaves the Palestinian leader Yasser Arafat's office after their meeting in the West Bank town of Ramallah Wednesday Sept. 10, 2003. Qureia said that he accepted the post of prime minister and he will present a small crisis Cabinet to parliament for approval within 24 hours. ( AP Photo / Nasser Nasser)Bild: AP

Der palästinensische Regierungschef Ahmed Kureia warf Israel vor, die Gewalt bewusst zu eskalieren. "Das ist eines der größten Verbrechen, das die israelische Regierung begangen hat", sagte er. Kabinettsminister Sajeb Erakat verurteilte den tödlichen Angriff und erklärte, die Tat gieße nur neues Öl ins Feuer. (mas)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen