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Politik

Israel verteidigen, Antisemiten bekämpfen

26. April 2018

Der Bundestag würdigt den 70. Jahrestag der Gründung Israels - in Zeiten von wachsendem Antisemitismus. Zu sehen sind Politiker, die demonstrativ Kippa tragen. Andere thematisieren die Flüchtlingspolitik, auch diesmal.

Bundestag Berlin trägt Kippa
Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Es ist vieles anders als sonst, wenn der Bundestag über Israel diskutiert. Anspannung liegt an diesem Donnerstag über dem deutschen Parlament. Eine Stunde lange sprechen die Abgeordneten über das Thema 70 Jahre Staatsgründung Israels. Lange Jahre war bei ähnlichen Debatten klar, worauf sich das ganze Haus einigen konnte: Für Israels Existenz einzutreten gehört zu den Grundpfeilern deutscher Politik nach den Greueln der Nazi-Zeit, und ein neuer Antisemitismus darf keinen Platz haben. Andrea Nahles, erst seit wenigen Tagen neue SPD-Vorsitzende, spricht aus, wie das klingt: "Für uns Deutsche, für diejenigen, die der zweiten und dritten Generation nach dem Krieg und allen nachfolgenden angehören, gilt: Wir haben keine Schuld, aber Verantwortung. Und diese Verantwortung kennt keine Schlussstriche." Das hätte sie so auch vor fünf Jahren sagen können, und das ganze Parlament hätte applaudiert.

Gauland: Antisemitismus durch falsche Zuwanderungspolitik

Jetzt aber regt sich bei den rund 90 Abgeordneten der rechtspopulistischen "Alternative für Deutschland" (AfD) keine Hand zum Applaus. Deren Fraktionschef Alexander Gauland antwortet auf Nahles. Und reiht sich zunächst ein in die Sichtweise aller anderen Fraktionen: "Entstanden ist dieser Staat aus einem einmaligen Zivilisationsbruch, der für immer mit dem deutschen Namen verbunden sein wird: Der Shoa." Aber die AfD wäre nicht die AfD, wenn sie nicht auch bei diesem Thema die Verbindung schaffen würde zu ihrem Hauptthema: der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin Angela Merkel. Bei Gauland klingt das so: "Wer den Davidsstern verbrennt und Kippa-Träger angreift, hat das Gastrecht in diesem Lande missbraucht und damit eben auch verwirkt. Antisemitismus darf nicht zum Kollateralschaden einer falschen Flüchtlings- und Einwanderungspolitik werden." Die Botschaft ist klar: Die Antisemiten sind die Zuwanderer.

Merkel Einwanderungspolitik ist schuld am neuen Antisemitismus in Deutschland: AfD-Fraktionschef Gauland.Bild: picture-alliance/dpa/W. Kumm

Judenfeindschaft in der AfD

Dabei wissen Experten seit Jahren: Auch ohne Zuwanderer hält sich ein zumindest latenter Antisemitismus seit Jahrzehnten. Die Fraktionschefin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, wird Gauland später entgegenschleudern: "Wir können nicht ernstnehmen, was Sie hier zum Existenzrecht Israels gesagt haben." Tatsächlich haben AfD-Politiker wie etwa Björn Höcke vom Holocaust-Mahnmal in Berlin, das an den Mord an den europäischen Juden durch die Nazis erinnert, als einem "Denkmal der Schande" gesprochen. Und Spitzenvertreter wie Gauland lassen ihn gewähren.

Ungewöhnlich: Die Kippa im Bundestag

Aber was daran stimmt: Das Verbrennen israelischer Fahnen, die vermehrten Attacken auf Juden in Deutschland, auf diejenigen, die offen eine Kippa tragen, die traditionelle jüdische Kopfbedeckung, das bedrückt die meisten Abgeordneten. In den Reihen etwa von CDU und CSU tragen einige Abgeordnete an diesem Tag die Kippa. Viele von denen, die jetzt hier diskutieren, haben am Vorabend an einer Veranstaltung vor dem jüdischen Gemeindehaus in Berlin teilgenommen, aus Protest gegen die Angriffe der letzten Zeit. Auch CDU-Fraktionschef Volker Kauder war dabei. Jetzt sagt er: "Es war beeindruckend, wie viele Menschen dort waren, aber, das kann man sagen: Wir hätten uns gewünscht, dass es noch mehr gewesen wären. Und vor allem: Wir hätten uns gewünscht, dass wir die Veranstaltung gemacht hätten und dass es nicht nötig war, dass die jüdische Gemeinde dazu aufrufen musste." 

Protest gegen den wachsenden Antisemitismus in Deutschland: Vor dem jüdischen Gemeindehaus in Berlin am Mittwochabend.Bild: Reuters/F. Bensch

Solidarität und Kritik an Israel

Und viele Abgeordnete sprechen von der Scham, die sie empfinden, wenn eigentlich alle jüdischen Einrichtungen im Land - Kindergärten, Schulen, Gemeindehäuser, Synagogen - polizeilich geschützt werden müssen.

Und Israel? Deutschland wird weiter fest an der Seite des Landes stehen, betonen die meisten Redner. Andrea Nahles spricht von Israel als einer "Erfolgsgeschichte, einem wohlhabenden Staat, der einzigen Demokratie im Nahen Osten, die heute etwa eine quicklebendige Gründerszene hat!" Aber auch die SPD-Chefin findet: Kritik an Israels Siedlungspolitik ist erlaubt, die "Zwei-Staaten-Lösung", also die Idee eines palästinensischen Staates neben Israel, sei nur noch eine ferne Utopie. Auch das gehört zur Bilanz nach 70 Jahren Israel.

 

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