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PolitikIsrael

Israel und Iran: Drohender Gegenschlag sorgt für Nervosität

Felix Tamsut
14. August 2024

Israel in Alarmbereitschaft: Nach der gezielten Tötung hochrangiger Führer durch Israel droht der Iran mit Vergeltung. Die Bevölkerung lebt in nervöser Erwartung eines möglichen Gegenangriffs.

Israelische Soldaten an der Grenze zu Libanon
Israelische Soldaten an der Grenze zum LibanonBild: Ohad Zwigenberg/AP/picture alliance

Iran und die libanesische Schiiten-Miliz Hisbollah drohen nach der gezielten Tötung der hochrangigen Hamas- und Hisbollah-Führer Ismail Hanijeh in Teheran und Fuad Schukr in Beirut mit einem Gegenangriff auf Israel.

Daniel Hagari, Sprecher der israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF), sagte am Montagabend, das Militär habe seine Sicherheits-Anweisungen für die Zivilbevölkerung bislang nicht geändert - wohl auch, um die Bevölkerung nicht weiter zu beunruhigen.

"Wir nehmen die Erklärungen und Aussagen unserer Feinde ernst. Deshalb sind wir in allerhöchster Bereitschaft - sowohl im Angriff als auch in der Verteidigung", sagte Hagari.

Angst vor Ausweitung des Konflikts

Die drohende Reaktion des Iran sorgt in ganz Israel für Nervosität, besonders aber trifft es die Einwohner im Norden des Landes. Sie befürchten, das sich der bisherige Konflikt noch weiter ausweiten könnte.

Die Bewohner dort leben bereits seit Monaten mit den Auswirkungen des Israel-Hamas-Krieges im Gazastreifen. Nach dem Massaker vom 7. Oktober und dem Kriegsbeginn in Gaza hatte die schiitisch-libanesische Hisbollah den Norden Israels mit Raketen und Drohnen angegriffen. Seitdem liefern sich beide Seiten tägliche Gefechte. Mehr als 60.000 Israelis wurden seit Beginn des Krieges vor zehn Monaten aus ihren Häusern im Norden Israels evakuiert.

Leere Straßen in Kirjat Schmona: Nach den Angriffen der Hamas am 7. Oktober wurden viele Gemeinden wie diese nahe der libanesischen Grenze evakuiertBild: Tania Krämer/DW

Bat-Chen Rozner lebt mit ihrer Familie auf den von Israel besetzten Golanhöhen, nur wenige Kilometer vom Libanon und Syrien entfernt. Sie sagt, dass die derzeitigen Spannungen mit dem Iran ihren ohnehin hohen Stresspegel nur noch weiter erhöhen. "Wir haben uns schon eine ganze Weile darauf vorbereitet", sagt Rozner gegenüber der DW. "Bei jedem Geräusch, das einer Explosion ähnelt, bei jeder Tür, die zugeschlagen wird, denkt man: 'Jetzt geht's los!'" Dennoch, sagt sie, versuchen die Menschen, ihren Alltag so gut wie möglich zu weiterzuleben. "Es erscheint mir nicht sinnvoll, dass wir nur in unserem Schutzraum sitzen und darauf warten, dass etwas passiert."

Auch Israelis im Süden des Landes verfolgen die Situation aufmerksam. Oshra Lerer-Shaib aus Aschdod, einer Stadt an der israelischen Küste 35 Kilometer nördlich des Gazastreifens, sagt, ihre Familie sei seit den Hamas-Angriffen im letzten Jahr ständig im Notfallmodus. "Seit dem 7. Oktober ist unser Schutzraum mit Lebensmitteln und Wasser ausgestattet, für den Fall, dass wir dort drei oder vier Tage bleiben müssen.”

Lerer-Shaib sagt, was die Menschen am meisten beunruhigt, ist nicht die Sorge vor einem iranischen Angriff, sondern das Gefühl, dass sie womöglich auf sich allein gestellt sein werden. "Falls ich entführt werden sollte, hatte ich früher das Gefühl, mein Land würde alles tun, um mich zurückzuholen", sagt sie. Doch nach den Ereignissen vom 7. Oktober und der Unfähigkeit Israels, seine eigenen Bürger zu verteidigen, sei dies nicht mehr der Fall. "Unsere Angst geht nicht vom Iran aus, sondern von der israelischen Regierung und der nicht richtig funktionierenden Infrastruktur des Landes", kritisiert Lerer-Shaib. 

Bei der Attacke der von vielen Ländern als Terrororganisation eingestuften Hamas im Süden Israels wurden 1198 Menschen getötet und weitere 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. 111 Geiseln werden weiter dort festgehalten, 39 von ihnen sind nach Angaben der israelischen Armee bereits tot.

Nach der gezielten Tötung von Kommandeur Fuad Shukr hat Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah Vergeltung angekündigtBild: Hussein Malla/dpa/picture alliance

In der Vergangenheit hat die Hisbollah mehrfach damit gedroht, israelische Infrastruktur anzugreifen, wie zum Beispiel den Hafen von Haifa oder die Chemiefabriken der Stadt im Norden Israels. 

Im Gespräch mit der DW über die Atmosphäre in den Straßen von Ashdod sagt Lerer-Shaib, es sei spürbar, dass sich etwas verändert habe. "Die Menschen bleiben jetzt eher zu Hause. Die Straßen sind leer. Es ist ziemlich traurig.”

Immer in Bereitschaft für den Notfall

Bat-Chen Rozner auf den besetzten Golanhöhen sagt, dass ihre Familie nicht nur einen Generator, Lebensmittel und Wasser für den Fall eines Angriffs organisiert hat. Sondern auch für den Fall vorbereitet ist, dass sie ihr Haus kurzfristig verlassen müssen. Solche Vorkehrungen seien jedoch nicht auf die aktuelle Situation beschränkt - hier ist man immer bereit für ungeplante Ereignisse. "Wenn ich jedes Mal, wenn es eine konkrete Bedrohung gibt, besondere Vorkehrungen treffen müsste, wäre ich bankrott", sagt Rozner sarkastisch.