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Israelische Offensive im Gazastreifen

28. Juni 2006

Israelische Kampfverbände sind in den Gazastreifen vorgestoßen. Sie vermuten dort einen von radikalen Palästinensern entführten Soldaten. Regierungschef Olmert kündigte "extreme Schritte" an.

Israelisches Militär griff in der Nacht zwei Brücken und ein E-Werk anBild: picture-alliance / dpa

Mit der Rückkehr israelischer Bodentruppen in den vor
neun Monaten geräumten Gazastreifen hat der Nahost-Konflikt eine neue Eskalationsstufe erreicht. Unterstützt von Hubschraubern drangen Panzer, Planierraupen und gepanzerte Fahrzeuge mit hellen Scheinwerfen nahe Rafah in der Nacht zum Mittwoch (28.6.06) etwa zwei Kilometer tief in den Süden des Gazastreifens ein. Rund 5000 Soldaten sollen an der Aktion beteiligt sein.

Die israelische Armee hat Augenzeugen zufolge ein Ausbildungslager der radikal-islamischen Hamas im Gazastreifen angegriffen. Es gab zunächst keine Berichte über Opfer. Eine Militärsprecherin sagte, Israel habe zwar aus der Luft mehrere Ziele im Süden des Küstenstreifens angegriffen, aber keine bestimmten Personen oder Anlagen ins Visier genommen. Die Militäroffensive ist eine Antwort auf die Entführung des israelischen Soldaten Gilad Schalit drei Tage zuvor.

Gilad Shalit wurde bei einem Angriff auf eine Grenzstreife gekidnapptBild: AP

Der israelische Botschafter in Washington, Daniel Ayalon, sagte in einem CNN-Interview, die Entführung des Soldaten sei ein "Kriegsakt" gewesen. Er verwies ferner darauf, dass seit November mehr als 800 Kurzstreckenraketen aus dem Gazastreifen auf israelische Ortschaften abgeschossen worden seien. Sollten die Palästinenser den Soldaten freilassen, könne die Militäroperation sofort beendet werden.

Keine neue Besetzung

Israels Ministerpräsident Olmert bekräftigte, der Militäreinsatz diene nur zur Befreiung des entführten SoldatenBild: AP

Regierungschef Ehud Olmert kündigte "extreme Mittel" zur Befreiung des drei Tage zuvor entführten 19-jährigen israelischen Soldaten Gilad Schalitan an. Der Gazastreifen solle aber nicht wieder besetzt werden. Israel werde mit keiner terroristischen Gruppe über die Freilassung des Soldaten verhandeln, sagte Olmert im israelischen Rundfunk.

Reaktionen

Der Minister für Innere Sicherheit, Avi Dichter, drohte mit gezielten Angriffen auf Hamas-Mitglieder in Syrien. Nach Warnungen an Syrien, die ignoriert worden seien, habe Israel freie Hand, "diese Mörder zu treffen".

Justizminister Chaim Ramon rief die internationale Gemeinschaft auf, Syrien zur Ausweisung von Chaled Meschaal aufzufordern, der in Damaskus lebt und hinter der Entführung des Soldaten vermutet wird. Zu der Entführung hatten sich unter anderem der bewaffnete Arm der Hamas, die Essedin-el-Kassam-Brigaden, und das Komitee für den
Volkswiderstand bekannt.

Abbas werte die Angriffe auf zivile Ziele und die Infrastruktur als "Kollektivstrafe" für das gesamte palästinensische Volk, sagte sein Sprecher, Nabil Abu Rudeina. Der Vorsitzende von Abbas' Fatah im Gazastreifen, Abdallah Frangi, machte Israel für die Eskalation der Gewalt verantwortlich.

Die Hamas-Regierung bezeichnete den Einsatz als "ungerechtfertigt". Ein "militärischer Wahnsinn diesen Ausmaßes werde schwere Konsequenzen" nach sich ziehen, sagte Hamas-Sprecher Ghasi Hamad der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa. Vize-Regierungschef Nassereddin el Schaer rief die Entführer auf, den Soldaten am Leben zu lassen. Sein Leben hänge jedoch von der israelischen Regierung ab, sagte er in Ramallah. Von den neun in der Vergangenheit verschleppten israelischen Soldaten überlebte kein einziger.

EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner rief die
Konfliktparteien zur Mäßigung auf und forderte die Freilassung des Soldaten. Beide Seiten müssten eine Krise vermeiden, "die niemand mehr kontrollieren kann", hieß es in einer Erkärung.

Auch UN-Generalsekretär Kofi Annan appellierte erneut an die Palästinenser, den Soldaten freizulassen und damit zur Entspannung beizutragen.

Zweite Geisel?

Das Komitee für den Volkswiderstand drohte bei einem Anruf bei der Nachrichtenagentur AFP mit der Tötung eines offenbar ebenfalls entführten jüdischen Siedlers. Israel bestätigte die Entführung bisher nicht, zum Beweis zeigten die Gruppe bei einer Pressekonferenz in Gaza die Kopie seines Ausweises. Die Mutter von Elijahu Ascheri aus dem Westjordanland apellierte im Rundfunk, ihren Sohn am Leben und wieder freizulassen. (kas)

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