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KonflikteNahost

Israels Armee: Sechs tote Geiseln im Gazastreifen geborgen

1. September 2024

Gefunden wurde auch die Leiche des US-israelischen Doppelstaatlers Hersh Goldberg-Polin. Seine Eltern hatten noch auf dem Parteitag der US-Demokraten an das Schicksal ihres Sohnes erinnert. Er wurde nur 23 Jahre alt.

Jon Polin und Rachel Goldberg auf dem Parteitag der US-Demokraten vor dem Foto ihres Sohnes Hersh
Jon Polin und Rachel Goldberg auf dem Parteitag der US-Demokraten vor dem Foto ihres Sohnes Hersh Bild: Saul Loeb/AFP

Das israelische Militär hat die Leichen von sechs Geiseln entdeckt, die bei dem Überfall der palästinensischen Terrororganisation Hamas auf den Süden Israels am 7. Oktober 2023 verschleppt worden waren. Die Leichen seien aus einem Tunnel in der Umgebung von Rafah im Süden des Gazastreifens geborgen worden, teilte das Militär mit. Die sterblichen Überreste würden nach Israel überführt.

Tötung der Geiseln erst kurz vor ihrer Entdeckung

Einem Armeesprecher zufolge wurden die sechs Geiseln erst kurz vor der Entdeckung ihrer Leichen von den Entführern getötet. Unter den Leichen ist auch diejenige des US-israelischen Doppelstaatlers Hersh Goldberg-Polin. Der 23-Jährige war einer der 251 Geiseln, die von Terroristen der Hamas und anderer Gruppen beim Angriff am 7. Oktober in den südlichen Gazastreifen verschleppt worden waren. Die Namen der anderen Geiseln sind Carmel Gat, Eden Yerushalmi, Alexander Lobanov, Almog Sarusi und Ori Danino.

Israelische Soldaten in der Stadt Rafah, in deren Umgebung die Leichen der sechs Geiseln gefunden wurden (Archivfoto) Bild: Ohad Zwigenberg/picture alliance/AP

Im Laufe einer einwöchigen Waffenruhe Ende November hatte die Hamas 105 Geiseln freigelassen. Im Gegenzug entließ Israel 240 palästinensische Häftlinge aus Gefängnissen. Vereinzelt konnten Geiseln von der israelischen Armee befreit werden - teils unter hohem Blutzoll für die palästinensische Zivilbevölkerung bei diesen Militäreinsätzen. Rund 100 Geiseln sind noch in Gefangenschaft, Dutzende von ihnen sind nach Befürchtungen des israelischen Militärs aber bereits tot.

Als Reaktion auf den Großangriff der islamistischen Palästinenser geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Nach Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden seitdem mehr als 40.600 Menschen getötet. Die Hamas wird von vielen Staaten - darunter die USA und die EU - als Terrororganisation eingestuft. 

"Ich bete zu Gott, dass er dich zurückbringt"

Goldberg-Polins Eltern hatten noch Mitte August auf dem Parteitag der US-Demokraten in Chicago gesprochen. "Unter den Geiseln sind acht amerikanische Staatsbürger und einer von ihnen ist unser einziger Sohn", sagte Rachel Goldberg in ihrer Rede, die mehrere Delegierte zu Tränen rührte. Am Donnerstag dann versammelte sich das Paar mit anderen Geisel-Angehörigen an der Grenze zum Gazastreifen. Die Angehörigen versuchten, die Geiseln im Gazastreifen mit Lautsprecher-Durchsagen direkt zu erreichen. "Hersh, hier ist Mama", wandte sich Goldberg-Polins Mutter an ihren Sohn. "Ich bete zu Gott, dass er dich zurückbringt. Jetzt sofort. Ich liebe dich, bleib stark."

Im April hatte die Hamas ein Video von Goldberg-Polin veröffentlicht. Darin beschuldigt er den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu, die Geiseln in der Gewalt der Hamas "im Stich gelassen" zu haben. Goldberg-Polin, der sich bei dem Überfall der Hamas auf einem Musikfestival befand, ist in der Aufnahme mit einem roten Hemd bekleidet und auf einem Plastikstuhl sitzend zu sehen, sein linker Arm ist amputiert. "Ich wollte mit meinen Freunden abhängen und fand mich stattdessen mit schweren Verletzungen am ganzen Körper um mein Leben kämpfend wieder", sagt er darin.

Drastischer Protest in Tel Aviv: Aktivisten sitzen - mit gefesselten Armen und Beinen, mit Kunstblut verschmiert und mit zugeklebten Mündern - auf der StraßeBild: Ohad Zwigenberg/AP/dpa/picture alliance

Wieder Demonstrationen für Abkommen zur Geisel-Freilassung

Erst am Samstag hatten wieder tausende Menschen in Tel Aviv und anderen israelischen Städten für ein Abkommen zur Freilassung der Geiseln aus der Gewalt der islamistischen Hamas demonstriert. Im ganzen Land versammelten sich Menschen und zeigten israelische Flaggen und Schilder, auf denen sie die sofortige Freilassung der Geiseln im Gazastreifen und zugleich Parlamentsneuwahlen fordern. In Tel Aviv kam es zu Zusammenstößen zwischen Polizisten und Demonstranten.

Angehörige von Geiseln warfen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu während einer Versammlung vor dem Hauptquartier der Armee in Tel Aviv erneut vor, die Geiseln im Stich zu lassen. "Netanjahu und seine Partner im Kabinett haben beschlossen, das Abkommen über die Waffenruhe für den Philadelphi-Korridor zu torpedieren, und verurteilen die Geiseln damit wissentlich zum Tod", hieß es in einer von den Angehörigen erlesenen Erklärung.

Auch das Forum der Familien der Geiseln und Vermissten forderte die israelische Regierung erneut zu einer Waffenruhe auf. "Ohne die Verzögerungen, die Sabotage und Ausreden wären die Menschen, von deren Tod wir heute Morgen erfahren haben, wahrscheinlich noch am Leben", heißt es in einer Presseerklärung des Forums. Sie endet mit den Sätzen: "Wir appellieren an Netanjahu: Hören Sie auf, sich zu verstecken. Liefern Sie der Öffentlichkeit eine Rechtfertigung für diese andauernde Vernachlässigung!"

sti/AL/fab (afp, dpa, rtr)

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