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"Beziehung zwischen Deutschland und Israel wird noch enger"

18. August 2020

Erstmals trainieren israelische und deutsche Kampfpiloten gemeinsam in Deutschland. Am Dienstag besuchten sie das ehemalige KZ Dachau. Israels Botschafter Jeremy Issacharoff im DW-Interview über einen bewegenden Besuch.

Deutschland Berlin | Jeremy Issacharoff, israelischer Botschafter
Jeremy Issacharoff, israelischer Botschafter Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Deutsche Welle: Deutschland wird immer ein sehr besonderer Partner für Israel sein. Was empfanden Sie beim Anblick von israelischen und deutschen Soldaten in der KZ-Gedenkstätte Dachau?

Jeremy Issacharoff: Zunächst einmal ist es ein Bild, das eine ungeheure Macht hat. Wir sind zusammen und gehen durch einen Ort, der für großes Elend zwischen Deutschland und dem jüdischen Volk steht. Seit vielen Jahren ist es ein sehr schwer zu bewältigender Teil unserer Geschichte zwischen Israel und Deutschland.

Und dieser Anblick israelischer Soldaten an der Seite ihrer deutschen Kollegen, und der Moment, deutsche und israelische Kampfflugzeuge Flügel an Flügel am Himmel über Deutschland fliegen zu sehen, all das gibt mir das Gefühl, dass wir eine sehr einzigartige Beziehung aufgebaut haben - trotz der Tatsache, dass unsere Geschichte so schwierig ist. Es ist uns gelungen, die Last dieser Geschichte in eine wirklich gute gemeinsame Herausforderung für den Frieden zu verwandeln.

Die israelischen Piloten sind noch jung, vielleicht 30, 35 Jahre alt. In Dachau haben Sie mit Ihnen gesprochen. Wie haben Sie die Soldaten dort erlebt?

Beim gemeinsamen Gedenken sprach auch ein israelischer Pilot, dessen Großvater ein Überlebender des KZ Dachau war, und dessen Vater, ein Pilot, sein Leben im Einsatz der israelischen Luftwaffe verloren hat. Das war eine sehr bewegende Rede. Seine Worte sorgten für einen sehr persönlichen Moment bei einem so wichtigen offiziellen Anlass für die besonderen Beziehungen zwischen beiden Ländern. Und es war dann ein inspirierender Moment, zu spüren, wie die Erinnerung an Dachau sich für diesen Enkel und Sohn gewandelt hat in eine, wie er sagte, Verpflichtung hin zu Versöhnung und Freundschaft mit Deutschland.  

General Amikam Norkin, Kommandeur der israelischen Luftwaffe, bei der Gedenkfeier in der KZ-Gedenkstätte DachauBild: picture-alliance/dpa/S. Hoppe

Die Kampfpiloten überflogen heute auch den Flughafen Fürstenfeldbruck. Vor 48 Jahren, 1972, töteten dort palästinensische Terroristen neun israelische Sportler, die an den Olympischen Spielen in München teilnahmen. Sie waren damals noch ein junger Mann. Erinnern Sie sich an die Nachricht von dem Blutbad, an Ihre Gefühle?

Ja, damals war ich 17 Jahre alt. Und ich erinnere das sehr gut. Ich sehe noch die Bilder der Sportler beim Einzug ins Olympiastadion unter der Fahne Israels, auf die sie so stolz waren. Und dann die Bilder von dem Überfall, bei dem so viele Sportler getötet wurden…

Als ich Botschafter in Deutschland wurde, besuchte Israels Präsident Reuven Rivlin München und eröffnete im Olympiapark den Gedenkort für die Sportler. Der Anschlag und dieses Gedenken habe ich sehr bewusst erlebt. Und sie hatten großen Einfluss auf meine Empfindungen, meine Emotionen bei diesem Thema.

Nun trainieren die israelische und die deutsche Luftwaffe gemeinsam über Deutschland. Die israelische Armee mit ihrer Luftwaffe gilt als eine der stärksten Armeen der Welt. Braucht sie dieses Trainingsprogramm? Oder geht es vor allem um das bewusste gemeinsame Erinnern angesichts der so belastenden Geschichte?

Der Besuch in Dachau war – für den jetzigen Moment – ein sehr wichtiger Teil dieser Zusammenarbeit. Zum Programm in der Gedenkstätte gehörten ganz wesentlich die Erinnerung an und das Gespräch über das, was im Zweiten Weltkrieg und in der Shoa geschah, und über die Entwicklung der israelisch-deutschen Beziehungen seit dieser Zeit.

Israels Botschafter Issacharoff und die deutsche Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) legten während des Gedenkens Kränze niederBild: picture-alliance/dpa/S. Hoppe

Aber diese gemeinsamen Militärübungen sind alles andere als nur Symbolik. Sie sind von enormer Bedeutung und stehen für eine herausragende Zusammenarbeit zwischen den beiden Luftstreitkräften. Beide Luftwaffen-Kommandeure sind miteinander sehr gut befreundet. Sie haben einen sehr wichtigen Austausch von Informationen entwickelt. Und sie diskutieren technische Fragen und Herausforderungen, mit denen beide Luftstreitkräfte konfrontiert sind. Das ist kein "nice-to-have". Das ist ein sehr reales Symbol für eine wachsende Beziehung, die noch viel enger werden wird und den Interessen und Werten beider Länder dient.
Und zumindest bleibt dieser gemeinsame Weg auch eines der wichtigsten Mittel zur Ausrottung des Antisemitismus, wenn unsere beiden Völker sehen, wie die entstehende strategische Partnerschaft ihren Interessen dienen und zu ihren gemeinsamen Werten, ihrem Wohlstand und ihrer Sicherheit beitragen kann.

Das Gespräch mit dem 65-jährigen Botschafter Israels Jeremy Issacharoff führte Christoph Strack