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KonflikteNahost

Israels Sicherheitskabinett billigt Deal mit der Hamas

Veröffentlicht 17. Januar 2025Zuletzt aktualisiert 17. Januar 2025

Nun muss noch die gesamte israelische Regierung das Abkommen zur Waffenruhe im Gazastreifen bestätigen. Die Vereinbarung mit der Terrororganisation Hamas soll am Sonntag in Kraft treten.

Zerstörte Wohngebäude
Zerstörte Wohngebäude im Norden von Gaza-Stadt nach einem israelischen Luftangriff vom Donnerstag - die Streitkräfte hatten ihre Attacken jüngst nochmals verstärkt Bild: Hasan N. H. Alzaanin/Anadolu/picture alliance

Nach dem Sicherheitskabinett ist jetzt noch die gesamte israelische Regierung am Zuge. Die Minister kommen noch an diesem Freitag zusammen. Die Vereinbarung unterstütze "die Erreichung der Kriegsziele", teilte das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu mit.

Staatspräsident Isaac Herzog begrüßte die Zustimmung des Sicherheitskabinetts und sagte, "ich erwarte, dass die Regierung dies auch bald tun wird". Herzog sprach von einem wichtigen Schritt bei der Einhaltung der grundlegenden Verpflichtungen, die ein Staat gegenüber seinen Bürgern habe, wie die "Times of Israel" berichtet.

Am Sonntagmittag soll die Waffenruhe beginnen

Die für den palästinensischen Gazastreifen vereinbarte Feuerpause mit der Terrororganisation Hamas soll am Sonntag um 11.15 Uhr Mitteleuropäischer Zeit in Kraft treten. Netanjahus Büro gab weiter bekannt, es werde davon ausgegangen, dass am Sonntag auch die ersten israelischen Geiseln - drei Frauen - von der Hamas freigelassen würden.

Zuvor hatte ein Sprecher des Premiers laut der "Times of Israel" darauf hingewiesen, Gegner des mehrstufigen Abkommens haben nach dem Regierungsbeschluss nach israelischen Recht 24 Stunden Zeit, eine Petition beim Obersten Gerichtshof des Landes einzureichen. Es wird allerdings davon ausgegangen, dass die Richter keinen Grund für ein Eingreifen sehen würden. Von Freitagabend bis Samstagabend gilt in Israel der Schabbat, ein Ruhetag, an dem keine Arbeit verrichtet werden darf.

Ein entschiedener Gegner der Vereinbarung mit der Hamas: Israels rechtsnationaler Minister für Öffentliche Sicherheit, Itamar Ben-Gvir (Archivbild aus 2024) Bild: Mostafa Alkharouf/Anadolu/picture alliance

Rechtsextreme Koalitionäre lehnen Waffenruhe ab

Netanjahus rechtsextreme und ultra-religiöse Koalitionspartner lehnen Kompromisse mit der Hamas ab. Der Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, hatte mit dem Verlassen der Regierung gedroht, sollte diese dem Waffenruhe-Abkommen zustimmen. Eine solche Vereinbarung werde es den Terrorgruppen im Gazastreifen ermöglichen, sich neu aufzustellen und erneut zu einer Bedrohung für die Bewohner im Süden Israels zu werden, kritisierte er. Unklar blieb bislang, ob er nun diesen Schritt auch vollzieht. 

Eine Familie in einem Lager für Binnenvertriebene in Deir el-Balah im Gazastreifen Bild: EYAD BABA/AFP

Die angestrebte Feuerpause in dem seit mehr als 15 Monate andauernden Krieg soll zunächst für 42 Tage gelten. In diesem Zeitfenster sollen zunächst schrittweise 33 der insgesamt 98 verbliebenen Geiseln von der Hamas freigelassen werden. Im Gegenzug dafür sollen israelischen Angaben zufolge Hunderte palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen freikommen. Israels Militär soll sich aus den dicht bevölkerten Gebieten im Gazastreifen zurückziehen.

Unstimmigkeiten über Detailfragen

Die  Vermittlerstaaten Katar und USA hatten eigentlich bereits am Mittwochabend eine Einigung zwischen Israel und der islamistischen Hamas auf eine Waffenruhe verkündet. Nach israelischen Angaben gab es jedoch zuletzt noch Unstimmigkeiten über Detailfragen. Medienberichten zufolge ging es darum, welche palästinensischen Strafgefangenen - unter ihnen verurteilte Terroristen - im Gegenzug für die Geiseln auf freien Fuß kommen.

Waffenruhe für Gaza stimmt Menschen hoffnungsvoll

01:53

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Netanjahu warf der Hamas vor, in letzter Minute Zugeständnisse erpressen zu wollen. Die Hamas wies die Vorwürfe zurück. Am Donnerstag wurden dann letzte technische Details geklärt. Netanjahu sei von seinem Verhandlungsteam informiert worden, dass eine Einigung zu allen Punkten erzielt worden sei, teilte das Büro des Regierungschefs am Freitagmorgen mit. 

Im Westjordanland festgenommene radikale Siedler kommen frei

Wegen des Abkommens mit der Hamas will der israelische Verteidigungsminister Israel Katz im besetzten Westjordanland alle jüdischen Siedler sofort freilassen, die sich dort in sogenannter Administrativhaft ohne Anklage befinden. Die Haftbefehle gegen sie würden aufgehoben, teilte dessen Büro mit. Für die deutlich häufiger von der umstrittenen Praxis betroffenen Palästinenser gilt dies nicht. Im Rahmen der "Administrativhaft" können Verdächtige für sechs Monate und länger festgehalten werden. Dies gilt dann, wenn die Betroffenen mit einer Straftat in Verbindung gebracht werden, es aber nicht genügend Beweise für eine Anklage gibt.

Hintergrund der Entscheidung ist laut Katz, dass im Rahmen des Deals zwischen Israel und der Hamas hunderte palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen freikommen. Viele von ihnen würden dann ins Westjordanland zurückkehren. 

Bei diesem Angriff extremistischer Siedler im August 2024 auf das Dorf Jit bei Nablus im Westjordanland war ein Palästinenser getötet worden, weitere wurden schwer verletzt Bild: Jaafar Ashtiveh/AFP/Getty Images

Auslöser des Israel-Hamas-Krieges war der Überfall aus dem Gazastreifen auf den Süden Israels am 7. Oktober 2023. Mitglieder der Hamas, die neben Israel auch von vielen anderen Staaten als Terrororganisation eingestuft wird, und verbündete extremistische Gruppen verübten ein beispielloses Massaker in israelischen Ortschaften und auf einem Popfestival. Dabei töteten sie rund 1200 Menschen in Israel und verschleppten mehr als 250 in den Gazastreifen.

Israel reagierte mit massiven Angriffen gegen die Hamas im Gazastreifen, bei denen nach palästinensischen Angaben mehr als 46.800 Menschen getötet und mehr als 110.600 weitere verletzt wurden. Die unabhängig nicht überprüfbaren, von den Vereinten Nationen aber als glaubhaft eingestuften Zahlen unterscheiden nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern.

se/sti/AR/ust (dpa, rtr, ap, afp, timesofisrael.com)