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Politik

Schimon Peres ist tot

Diana Hodali
28. September 2016

Jahrzehnte lang prägte er die Politik Israels mit. Seine eigene Karriere verlief nicht immer wie er wollte. Doch er kämpfte unermüdlich für Frieden im Nahen Osten. Jetzt ist Schimon Peres im Alter von 93 gestorben.

Israel Prortrait Shimon Peres s/w
Bild: picture-alliance/AP Photo/S. Scheiner

Schimon Peres: Ein Nachruf

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Er war einer der Gründerväter des Staates Israel - ein Mann, der fast sein gesamtes Leben der Politik gewidmet und fast alle Schlüsselministerien inne gehabt hat, von Verteidigung über Finanzen bis zur Außenpolitik. Gleich dreimal war Schimon Peres Premier, wenn auch nur für eine Interimszeit. Gewählt wurde er nie. Zu keinem Zeitpunkt seines Lebens aber war Peres so beliebt wie in den Jahren, in denen er das Amt des Staatspräsidenten bekleidete. Er hörte nicht auf, daran zu glauben, dass es eine politische Lösung für den Konflikt mit den Palästinensern geben muss. Diese Haltung brachte ihm den Friedensnobelpreis ein.

Doch zwischen seiner Ankunft mit seinen Eltern im damaligen Palästina 1934 und seinem Tod lag eine Karriere, die kontrovers diskutiert wurde: Ohne ihn gäbe es einige Siedlungen im Westjordanland nicht und auch nicht den Atomreaktor Dimona. Oft nannte man ihn den "Vater der israelischen Atomwaffe". In der Politik musste er mehrfach Niederlagen einstecken: Dreimal (1981, 1988, 1996) scheiterte er als Spitzenkandidat der Arbeitspartei für das Amt des Ministerpräsidenten. Zudem unterlag er 2000 als Bewerber um das Amt des Staatspräsidenten in der Knesset. Aber am Ende feierte Peres immer ein Comeback. Alle Diagnosen, die ihn politisch abschrieben, lagen stets daneben.

Vision eines demokratisch-jüdischen Israels

Dabei sollte Schimon Peres, mit gebürtigem Namen Szymon Perski, Landwirt werden. Er wuchs in einem rein jüdischen Dorf in Polen auf. Als seine Eltern das polnische - heute belarussische - Städtchen Wiszniewo verließen und nach Palästina gingen, schickten sie ihren elfjährigen Sohn Schimon auf die Landwirtschaftsschule Ben Shemen, im Nordosten des Landes. "Ich habe immer das Gefühl gehabt, in Israel aufgewachsen zu sein", sagte er einmal in einem Interview über seine Kindheit. Schon als Teenager interessierte er sich aber mehr für die Politik und Religion und wurde Mitglied bei dem Vorgänger der heutigen Arbeitspartei. Peres verfolgte immer die Vision eines demokratischen und zugleich auch jüdischen Staates.

Er genoss das Vertrauen von David Ben Gurion, der ihn während des Unabhängigkeitskrieges 1948 ins Ausland schickte, um Waffen zu kaufen. Eine strategische Aufgabe, von der man nicht annahm, dass sie ein 25-Jähriger erfüllen könnte. Dass er deshalb zudem auch nicht an der Front kämpfte, trugen ihm einige aus seiner Generation lange nach. 1956 folgte der Suez-Krieg, bei dem eine Allianz aus Großbritannien, Frankreich und Israel in Ägypten einfiel. Der französische Premier Guy Mollet versprach Peres daraufhin Anfang 1957 in einem Geheimabkommen das Know-how für einen großen Reaktor in der Negev-Wüste bei Dimona. Peres durfte nie öffentlich darüber sprechen.

Minister, nur nie gewählter Premier

1970 wurde er schließlich Minister für Verkehr und Kommunikation. Vier Jahre später wurde er Verteidigungsminister in der Regierung Jitzchak Rabins, der zurücktrat und das Amt bis zu Neuwahlen einige Monate lang an Peres übergab. Es war Peres, der den Bau der ersten Siedlung - Kedumim - im Westjordanland genehmigte. Zwischen 1977 und 1992 war er Chef der israelischen Arbeitspartei, gewann aber nie eine Wahl zum Ministerpräsidenten. Im Gegenteil: Seine Kandidatur beendete 1977 nach vielen Jahren die Vorherrschaft der Arbeitspartei. Der Posten des Ministerpräsidenten ging an den Likud. Bei den folgenden Wahlen wurde Peres durch eine Turnusvereinbarung für die Jahre von 1984 bis1986 Regierungschef. Danach wurde er zwischen 1986 und 2002 dreimal Außenminister des Staates Israel.

Jassir Arafat (r.) und Shimon Peres im Jahr 1994Bild: picture-alliance/Pressens Bild Scanpix AB

Schimon Peres war ein profilierter Kritiker der israelischen Invasion von 1982 in den Libanon und vertrat die Ansicht, die Palästinenserprobleme seien nur politisch, nicht militärisch zu lösen. In den 1990er Jahren widmete er sich mehr und mehr dem Friedensprozess. Allerdings hing ihm dabei seine Rolle bei der Beschaffung des Atomreaktors und bei der Siedlungspolitik oft nach. Immer wieder appelierte er an Israelis und Palästinenser, sich für Frieden einzusetzen. "Weder Raketen noch Bomben können uns davon abhalten, Frieden in den Nahen Osten zu bringen", lautete sein Credo. Er war einer der Architekten des Oslo-Friedensabkommens von 1992 mit den Palästinensern. Dafür erhielt er zusammen mit Jitzhak Rabin und Jassir Arafat den Friedensnobelpreis. Als Rabin 1995 ermordert wurde, übernahm Peres erneut für kurze Zeit das Amt des Regierungschefs.

Vom Politiker zum Friedensmann

Nachdem er auch die Wahl 1996 verloren hatte, gründete er kurz darauf das Peres-Peace Center, um den Frieden zwischen Israel und seinen Nachbarn voranzutreiben. Mit 84 Jahren gab er die Parteipolitik auf und kandidierte für das Präsidentenamt. "Nach einer so langen Karriere sage ich deutlich: regieren und alles bestimmen, das will ich nicht mehr." Skeptiker fanden sein hohes Alter bedenklich, aber Peres wollte Präsident des Staates Israel werden: "Als Präsident darf ich träumen und vordenken", sagte er.

Peres legt 2007 in der Knesset den Eid für das Präsidentenamt abBild: picture-alliance/dpa/D. Silverman

Doch es geschah das, womit niemand gerechnet hatte: Moshe Katzav, ein politischer Neuling, setzte sich 2000 gegen Peres durch und wurde Staatspräsident. Peres gewinne alle Umfragen, aber nie eine Wahl, hieß es daraufhin in den israelischen Medien. Eine schwere Niederlage für ihn, die man damit erklärte, dass das politische Klima der damaligen Zeit gegen ihn und die Arbeitspartei gerichtet war, aus der er bereits ausgeschieden war. Als Katzav 2007 wegen Vergewaltigung und sexueller Belästigung zurücktreten musste, wurde der Weg frei für Schimon Peres. "Ich habe fast jedes gewählte Staatsamt ausgefüllt. Ich habe Rückschläge erlebt, ich habe aber auch Ziele erreicht, von denen ich hoffe, dass sie einen Beitrag für den Staat, seinen Frieden und seine Sicherheit geleistet haben." Und das hat er: Ein moderner Staatspräsident, der der westlichen Welt zugewandt war und die jüdische Nation voranbringen wollte. Sein Amt füllte der Letzte der alten Garde, die den Staat gegen alle Widrigkeiten gründeten, mit Würde und Weisheit aus.

Bis zum Schluss verfolgte Schimon Peres die Vision eines neuen Nahen Ostens. Doch den durfte er nicht mehr miterleben: Mitte September 2016 erlitt er einen Schlaganfall, woraufhin er in ein künstliches Koma versetzt wurde. Nun ist Schimon Peres im Alter von 93 in Tel Aviv verstorben.

 

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