1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Ist Bluesky das Ende von Twitter?

Mischa Ehrhardt
4. Oktober 2023

Mit der Übernahme von Twitter durch Elon Musk sind schon viele Kunden zu anderen Netzwerken gewechselt. Um einige dieser alternativen Netzwerke ist es still geworden. Neu ist der Hype um Bluesky.

Die Bluesky-Website auf einem Smartphone-Display und einem Laptop-Bildschirm
Die Bluesky-Website auf einem Smartphone-Display und einem Laptop-BildschirmBild: Jakub Porzycki/NurPhoto/picture alliance

Der letzte Schrei heißt Bluesky. Zumindest in sozialen Netzwerken hierzulande am vergangenen Wochenende. Denn da versuchten viele Menschen, in das jüngere Netzwerk zu wechseln. Im Gegensatz zu Twitter (kürzlich umbenannt in "X") verspricht Bluesky das Blaue vom Himmel: Kein launiger Unternehmensregent wie Elon Musk stehe dahinter. Also niemand, der per Knopfdruck die totale Kontrolle darüber hat, wie Nutzerinnen und Nutzer das Netzwerk verwenden sollen.

"Das ist eine ganz interessante Entwicklung", sagte Roland Fiege gegenüber DW. Er ist unabhängiger Marketing- und Online-Berater. "Immerhin sitzt im Aufsichtsrat von Bluesky Jack Dorsey, einer der ehemaligen Twitter-Chefs und Mitgründer des Netzwerks". Das könnte für Vertrauen sorgen, meint er wie auch andere Beobachter.

Wie das "alte Internet"

Bluesky funktioniert ähnlich wie Twitter, hat aber etwas weniger Funktionen. Dass es rein optisch dem großen Netzwerk ähnelt, ist kein Zufall. Denn Bluesky ist aus dem Twitter-Konzern heraus entstanden und Jack Dorsey, seinerseits Ex-Twitter-Chef, war geistiger Vater des Projektes. Seit 2021 ist Bluesky ein eigenständiges Unternehmen.

Das System unterscheidet sich aber auch in wesentlichen Punkten von Twitter. So ist es dezentral organisiert und will damit an die Tradition zu Entstehungszeiten des Internets anknüpfen, wie das Unternehmen in seiner Selbstdarstellung schreibt. Entwickler können eigene Ideen einbringen. Und wer das Netzwerk verlassen will, der kann seine Konversationen und Kontakte einfach mitnehmen. Darauf müssen diejenigen verzichten, die nun Twitter den Rücken kehren.

Ist Elon Musk der Totengräber seines Nachrichtendienstes X, alias Twitter?Bild: Angga Budhiyanto/ZUMA Wire/IMAGO

Elon Musk polarisiert

Der neueste Exodus begann am Wochenende, nachdem Elon Musk am Freitag einmal mehr mit einer Nachricht polarisiert hat. Im Zusammenhang mit der zivilen Seenotrettung von Flüchtlingen im Mittelmeer hatte er in einer Kurznachricht Partei für die AfD hierzulande ergriffen. "Ist dies der deutschen Öffentlichkeit bekannt?", fragte er in seinem Netzwerk X, als er einen hetzerischen Post des rechtsextremen italienischen Accounts Radio Genoa weiterverbreitete. Der zeigte Videoaufnahmen von Seenotrettern, wie sie Menschen aus dem Meer auf ein Rettungsschiff bringen. "Hoffen wir, dass die AfD die Wahlen gewinnt, um diesen europäischen Selbstmord zu stoppen", endete der Post. Die Antwort des Auswärtigen Amtes auf diesen Post lautete: "Man nennt es Leben retten."

Soziale Kontrolle durch die User                                                

Auf Musks Tweet hin haben viele Nutzer Twitter den Rücken gekehrtund versucht, bei der Alternative Bluesky zu landen. Allerdings sind die Zugänge durch Codes beschränkt, die das Unternehmen vergibt oder Nutzer an Interessierte vergeben können - die Zugänge sind also limitiert.

Das sei ein altbewährtes Verfahren, Aufmerksamkeit zu schaffen, sagt Roland Fiege: "Das ist eine sehr beliebte Art, Begehrlichkeit zu erzeugen. Die Leute werden neugierig und wollen unbedingt mitmachen". An digitalen Möglichkeiten für solche Projekte, schnell Zugänge zu ermöglichen und genügend Rechner- und Server zur Verfügung zu stellen, mangele es eigentlich nicht, sagt Fiege.

Bluesky argumentiert, dass es damit quasi an der Eingangspforte schon so etwas wie eine soziale Kontrolle gebe. Denn bereits aktive Nutzer bekommen wöchentlich Codes, um Freunde und Freundinnen in das soziale Netzwerk einzulassen. Das sei viel einfacher, als im Nachhinein und rückwirkend Netzwerkmissbrauch durch Nutzer zu bereinigen. Das Unternehmen bleibt aber eine Erklärung schuldig, warum Bluesky-Nutzer keinen Netzwerkmissbrauch in diesem Sinne unternehmen könnten.

Auf vielen Smartphones ist "Bluesky" schon installiert - wird der Hype andauern?

Alternativen sind gefragt                  

Jedenfalls hat Bluesky als Möchtegern-Konkurrent zu Twitter ein Problem, an dem auch andere bisherigen Konkurrenten und Wettbewerber schwer zu knabbern haben und hatten - die Reichweite. Nach jüngsten Zahlen hatte Bluesky im September erstmals über eine Million Nutzer Klingt viel, ist aber wenig im Vergleich zu den rund 240 Millionen Nutzern von Twitter. Zu einem gewichtigen Konkurrenten aufzusteigen ist daher eine Mammutaufgabe.

"Bis jetzt sind es nur die Unzufriedenen, die dort hingehen und sich erst einmal umschauen. Schwieriger wird es, die dazu zu kriegen, dort auch regelmäßig Inhalte zu verbreiten um so das neue Netzwerk auch für andere interessant zu machen", sagt Volker Schilling vom Vermögensverwalter Greiff Capital.

Allerdings gebe es gerade jetzt durchaus auch Chancen für den jungen Konkurrenten Bluesky, meinen viele Branchenbeobachter. Denn zu einem Zeitpunkt, an dem Elon Musk mit dem Netzwerk mehr und mehr radikalen oder populistischen Stimmungen Vorschub gewährt, suchten viele Menschen nach Alternativen.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen
Den nächsten Abschnitt Top-Thema überspringen

Top-Thema

Den nächsten Abschnitt Weitere Themen überspringen