EU-Grenzschutzagentur Frontex nutzlos?
7. Juni 2021Der Europäische Rechnungshof hat deutliche Organisationsdefizite bei der EU-Grenzschutzbehörde Frontex angeprangert. Die Unterstützung der Nationalstaaten durch Frontex sei "nicht ausreichend, um illegale Einwanderung und grenzüberschreitende Kriminalität zu bekämpfen", erklärten die Rechnungsprüfer in einem Sondergutachten. Danach war es Frontex bis zuletzt nicht einmal möglich, ein vollständiges und aktuelles Bild der Lage an den EU-Außengrenzen zu erstellen.
Im Bereich der grenzüberschreitenden Kriminalität fehle ein geeigneter Rahmen für den notwendigen Informationsaustausch, bemängeln die Prüfer. Nach gemeinsamen Operationen mit Grenzschutzeinheiten von Mitgliedstaaten gebe es zudem keine solide Evaluation über deren Wirkung und Kosten.
Als Ursache für die Mängel werden in dem Bericht vor allem Versäumnisse bei Frontex selbst, aber auch auf Seite der EU-Staaten gesehen. So monieren die Experten, dass Frontex zum Beispiel bei der Personalplanung nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen habe, um die Organisation so anzupassen, dass das Mandat erfüllt werden kann. Zugleich wird auch kritisiert, dass Mitgliedstaaten zum Teil nicht die für die Arbeit der Grenzschützer erforderlichen Informationen bereitstellten oder unvollständige und minderwertige Daten lieferten.
"Silo-Strukturen"
Rechnungshof-Präsident Klaus-Heiner Lehne sprach in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Dienstagausgabe) von einem "herausragenden Fall" organisatorischer Defizite. Er kritisierte "Silo-Strukturen" in der Behörde: "Die einzelnen Abteilungen tauschen Informationen nicht aus und grenzen sich gegeneinander ab."
Als problematisch werden die Defizite auch deswegen gesehen, weil die Agentur in den kommenden Jahren erheblich wachsen und weitere Aufgaben übernehmen soll. Frontex mit Sitz in Warschau ist seit 2004 für den Schutz der EU-Außengrenzen zuständig. Die Agentur erstellt Risikoanalysen und sorgt dafür, dass an allen Außengrenzen nach denselben Standards kontrolliert wird. In Ländern wie Griechenland unterstützen Frontex-Grenzschützer das Land bei der Überwachung der EU-Außengrenze. Als Konsequenz aus der Flüchtlingskrise 2015/2016 soll die Behörde bis 2027 schrittweise von derzeit 1500 auf 10.000 Beamte aufgestockt werden.
Seit Monaten steht Frontex zudem wegen der angeblichen illegalen Zurückweisung von Flüchtlingen unter Druck. So haben griechische Grenzschützer laut Medienberichten mehrfach Boote mit Migranten illegal zurück in Richtung Türkei getrieben. Frontex-Beamte sollen dabei teils in der Nähe gewesen sein und dies nicht verhindert haben. Mehrere EU-Stellen untersuchen die Vorwürfe.
uh/qu (dpa, afp, rtr)