1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikSyrien

Ist eine UN-Resolution der Schlüssel zur Zukunft Syriens?

Cathrin Schaer
25. Dezember 2024

Die Resolution 2254, die der UN-Sicherheitsrat 2015 verabschiedete, skizziert, wie der syrische Bürgerkrieg beendet und das Land zur Demokratie geführt werden könnte. Aber ist diese Resolution noch zeitgemäß?

Menschenmenge von hinten fotografiert, ein Schild "Syria for al Syrians" wird hochgehalten.
Syrien für alle Syrer - kann UN-Resolution 2254 dies leisten?Bild: Louai Beshara/AFP/Getty Images

Während sich die Lage in Syrien nach dem Sturz von Präsident Baschar al-Assad ständig verändert, gilt eine fast zehn Jahre alte Resolution des UN-Sicherheitsrates als entscheidend für die weitere Entwicklung.

"Die Menschen in Syrien befinden sich in einem historischen Moment - es ist aber auch eine Chance, die nicht verpasst werden darf", sagte der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, letzte Woche in New York. "Der Prozess muss sich an den Grundsätzen der Resolution 2254 des Sicherheitsrates orientieren." Viele hochrangige internationale Diplomaten haben sich ähnlich geäußert, darunter US-Außenminister Antony Blinken und Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock.

Auch der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat in der vergangenen Woche eine Erklärung veröffentlicht, in der er dieser Aussage zustimmt. Allerdings ist das Gremium in dieser Frage gespalten.

Russland, eines der ständigen Mitglieder des Rates, ist ein langjähriger Verbündeter des Assad-Regimes und trat 2015 in den Krieg ein. Russland hat im Laufe des Konflikts immer wieder sein Veto im UN-Sicherheitsrat eingelegt. So blockierte Moskau Hilfslieferungen und eine Untersuchung des Einsatzes von Chemiewaffen durch das Assad-Regime. Jetzt, nach dem Ende des Assad-Regimes, hat Russland nun eine moderatere Haltung gegenüber den Maßnahmen des UN-Gremiums eingenommen.

Nachdem das Assad-Regime 2013 einen Chemiewaffenangriff in Ghouta verübt hatte, bei dem rund 1300 Menschen getötet wurden, versuchte Russland, eine weitere Untersuchung durch den UN-Sicherheitsrat zu verhindernBild: ZUMAPRESS.com/picture-alliance

Was besagt die Resolution 2254?

Als der syrische Bürgerkrieg 2015 immer brutaler und blutiger wurde, verabschiedeten die Mitglieder des UN-Sicherheitsrats die Resolution 2254 einstimmig. Sie war als Grundlage für Waffenstillstandsgespräche gedacht und setzt sich für einen friedlichen Übergang der Macht von der Diktatur zur Demokratie ein.

Die Assad-Familie kontrollierte Syrien seit 1971 mit harter Hand. Jede politische Abweichung wurde gewaltsam unterdrückt. 2011, nach friedlichen Protesten während des sogenannten "Arabischen Frühlings", brachen Kämpfe zwischen der syrischen Regierung, die die Proteste zu unterdrücken versuchte, und regierungsfeindlichen Rebellen aus.

Die Resolution 2254 sah vor, dass mit einem Waffenstillstand eine Übergangsregierung eingesetzt und eine neue Verfassung ausgearbeitet werden sollte. Oberstes Ziel war es, Assads Machtherrschaft zu beenden sowie freie und faire Wahlen abzuhalten. Dieser Prozess sollte zwar unter syrischer Führung erfolgen, aber von den Vereinten Nationen unterstützt werden.

"Die einzig nachhaltige Lösung für die derzeitige Krise in Syrien ist ein von Syrien angeführter politischer Prozess, der den legitimen Bestrebungen des syrischen Volkes gerecht wird", so lautet die wahrscheinlich am häufigsten zitierte Zeile aus der Resolution 2254 während des vergangenen Kriegsjahrzehnts.

Die Resolution verpflichtet Syrien zu territorialer Integrität, nationaler Unabhängigkeit, gesellschaftlicher Einheit und einem nicht-sektiererischen Regierungssystem.

Missachtung der territorialen Integrität: Israel ist über eine von den Vereinten Nationen überwachte Pufferzone hinaus weiter nach Syrien vorgedrungen - ein Schritt, der international weitgehend verurteilt wurdeBild: Pavel Nemecek/CTK/picture alliance

Wie kam die Resolution zustande?

Die Resolution 2254 stützt sich weitgehend auf das sogenannte Genfer Kommuniqué vom Juni 2012. Es wurde nach Gesprächen der von den Vereinten Nationen unterstützten Aktionsgruppe für Syrien in Genf veröffentlicht. Dieser Gruppe gehörten Außenminister aus arabischen Ländern, der EU, den USA, Großbritannien, der Türkei, China und Russland an. Die Syrer waren nicht beteiligt.

Der UN-Sicherheitsrat billigte 2013 das Genfer Kommuniqué, doch in der Resolution 2254 wurden später die notwendigen Schritte zur Beendigung des Konflikts konkreter dargelegt.

Ist die Resolution 2254 noch gültig?

"Die Anwendung der Resolution 2254 fühlt sich heute an, als würde man Medikamente für eine Krankheit verschreiben, die nicht mehr existiert", heißt es in einem Post auf der Social-Media-Plattform X.

Tatsächlich sind einige Details der Resolution inzwischen überholt. So fordert sie die Teilung der Macht zwischen der syrischen Opposition und der syrischen Regierung unter Assad. Doch die existiert nicht mehr.

Der De-facto-Regierungschef Syriens, Ahmad al-Scharaa von der Rebellenmiliz HTS, die den Sturz des Assad-Regimes anführte, hat diesen Punkt bereits angesprochen. Al-Scharaas "Generalkommando", das das Land während des derzeitigen Übergangs regiert, unterstützt laut einer Erklärung der Organisation aber die Resolution 2254 weitgehend. Bei einem Treffen mit dem UN-Sondergesandten für Syrien, Geir Pedersen, am Wochenende in Damaskus deutete al-Scharaa jedoch auch an, dass die Resolution aktualisiert werden müsse.

"Es gibt viel Hoffnung, dass wir jetzt den Beginn eines neuen Syriens sehen können", sagte der UN-Sondergesandte Pedersen nach einem Gespräch mit HTS-Führer Al-ScharaaBild: Syrian Transitional Government/Anadolu/picture alliance

Ausländische Einmischung?

2017 wurde der sogenannte Astana-Prozess von Russland, Iran und der Türkei ins Leben gerufen, um die Friedensgespräche in Syrien wieder in Gang zu bringen. Diese Länder haben eine wichtige Rolle im Syrienkrieg gespielt, wobei Russland und Iran das Assad-Regime und die Türkei einige Anti-Assad-Rebellengruppen unterstützten.

Am vergangenen Wochenende trafen sich Vertreter der drei ursprünglichen Astana-Länder mit den Außenministern von Ägypten, Saudi-Arabien, Irak, Jordanien und Katar im jordanischen Akaba. Die Gruppe veröffentlichte eine Erklärung, in der sie sich darauf einigten, dass der Übergang in Syrien im Einklang mit der Resolution 2254 erfolgen sollte.

Diese Erklärung wurde von syrischen Oppositionsgruppen mit einiger Skepsis aufgenommen. Sie befürchten, dass die Resolution 2254 ausländische Kräften als Vorwand dienen könnte, sich in Syrien einzumischen. Einige Syrer sehen auch die Unterstützung des Übergangs durch die Vereinten Nationen kritisch, da sie diese während ihres lang andauernden Bürgerkriegs entweder als hilflos oder nutzlos erlebten.

Wie geht es weiter?

Trotz der Kritik an der Resolution 2254 scheint sie immer noch der wahrscheinlichste Vorschlag für den Übergang in Syrien zu sein.

"Es ist einfacher für die Mitglieder des UN-Sicherheits-Rates, sich an die Grundprinzipien der Resolution 2254 zu halten, als einen völlig neuen Plan für die Rolle der UN in Syrien auszuarbeiten", sagte Richard Gowan, UN-Direktor der Denkfabrik Crisis Group, Anfang Dezember der in Abu Dhabi erscheinenden Zeitung The National.

Yahya al-Aridi, ein Universitätsprofessor und ehemaliger Sprecher der syrischen Opposition, erklärte dagegen letzte Woche in der Fachzeitschrift Syria Direct, die Resolution könnte lediglich als Grundlage für einen "syrisch-syrischen Dialog unter Beteiligung des gesamten Spektrums, einschließlich vertrauenswürdiger Personen, Technokraten, Experten und Patrioten dienen".

Adaption aus dem Englischen adaptiert von Sabine Faber.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen