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Politik

Berlin buhlt, Havanna bremst

27. November 2016

Fidel Castro unterhielt einst enge Beziehungen zur DDR. Doch Havannas Herz scheint nicht mehr für Berlin zu schlagen. Bruder Raúl gibt sich kühl und zurückhaltend. Rückblick auf ein besonderes Verhältnis.

Kuba Oldtimer in Havanna
Bild: DW/B. Sezen

Und der Gewinner ist: Porschebesitzer Lair Leite. Sein Porsche Modell 356 aus dem Jahr 1957 gewann den ersten Preis beim Oldtimer-Wettbewerb, den die Deutsche Botschaft in Havanna kürzlich ausrichtete. Das Auto hat die kubanische Revolution überlebt. Überlebt es auch das Ende der Ära Fidel Castro?

Porsche, Käfer, Isetta, Mercedes, Opel und Wartburg - die Oldtimer made in Germany, die auf Kuba rollen und von Touristen gemietet werden können, spiegeln das besondere Verhältnis wider, das Deutschland und Kuba miteinander verbindet. Es ist die Geschichte einer alten Liebe. Die Gefühle scheinen jedoch inzwischen auf deutscher Seite stärker ausgeprägt zu sein als auf kubanischer.

Berlin drängt, Havanna bremst

Seit dem Ende der politischen Eiszeit zwischen Kuba und den USA im Dezember 2014 geben sich deutsche Politiker auf der Karibikinsel die Türklinke in die Hand. Im Juli 2015 reiste Frank-Walter Steinmeier als erster bundesdeutscher Außenminister überhaupt auf die Insel.

Im Januar 2016 folgte ihm Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel mit einer großen Wirtschaftsdelegation. Im Oktober dieses Jahres informierte sich eine Delegation des Deutschen Bundestages über die Investitionsmöglichkeiten.

Doch während deutsche Politiker sich um eine Annäherung bemühen und über bilaterale Kulturabkommen verhandeln, assoziieren viele Kubaner mit Deutschland immer noch die ehemalige DDR - "Alemania Democrática". Was waren das noch für Zeiten, als Kuba Zucker, Zitrusfrüchte und Nickel in die DDR exportierte und dafür Motorräder der Marken Simson und MZ sowie Waschmaschinen wie die "WM 66" einführte?

Bei seinem Besuch 1972 in Ostberlin schenkte Fidel Castro DDR-Staatsratsvorsitzendem Erich Honecker eine Karibikinsel Bild: picture-alliance/akg-images

Ernst Thälmann in der Karibik

Noch immer erinnern sich viele Kubaner an ihre Zeit als Student oder Vertragsarbeiter in der DDR. Rund 30.000 Männer und Frauen studierten und arbeiteten damals im Arbeiter- und Bauernstaat. Die Kubaner waren dort eine der größten Einwanderergruppen.

1963 nahmen Kuba und die DDR diplomatische Beziehungen auf. Neun Jahre später, am 13. Juni 1972, landete Fidel Castro in Ost-Berlin und wurde von Honecker mit einem riesigen Berliner Plüschbären beschenkt. Berlin half Havanna beim Aufbau des Bildungssystems. Außerdem spendete das SED-Regime Motoren und Maschinen. 1980 lieferte die DDR das damals größte Zementwerk Südamerikas nach Kuba.

Castro revanchierte sich mit einem Präsent, das die Herzen des SED-Regimes erweichte: Er schenkte Honecker eine 500 Meter breite und 15 Kilometer lange Insel, die er auf den Namen "Isla Cayo Ernesto Thaelmann" taufen ließ. Damit nicht genug: Auf dem weißen Sand ließ er eine Büste des ehemaligen Parteivorsitzenden der Kommunistischen Partei Deutschlands aufstellen.

Lehrte Machos das Fürchten: die deutsche Sexualaufklärerin Monika Krause-Fuchs Bild: privat

"Königin der Kondome"

Sogar die sexuelle Aufklärung der kubanischen Bevölkerung lag in den Händen der DDR. Monika Krause, die sich in den 1960er Jahren in Rostock in einen kubanischen Kapitän verliebt hatte und mit ihm nach Havanna ausgewandert war, löste dort eine kulturelle Revolution aus.

"Die Königin der Kondome" baute im Auftrag der kubanischen Regierung das "Nationale Zentrum für Sexualerziehung" auf und wurde durch ihre Fernseh- und Radioauftritte landesweit bekannt. Mit ihrer Mission als Sexualaufklärerin im Sozialismus wurde sie im Übrigen von Raúl Castros damaliger Ehefrau Vilma Espín beauftragt.

Doch die Kooperation zwischen den beiden sozialistischen Bruderländern hatte viele dunkle Seiten. Denn Ost-Berlin unterstützte Havanna mit großem Eifer bei der lückenlosen Überwachung und Bespitzelung seiner Bürger. Nach Angaben des kubanischen Regimekritikers Jorge García Vázquez baute die Staatssicherheit der DDR in den 1960er Jahren den kubanischen Geheimdienst auf.

Stasi arbeitet für Kuba

"Sowohl die Abhör-, Überwachungs- und Vernehmungsmethoden als auch die gesamte Technik wie Kameras, Mikrofone und Wanzen kamen aus Ost-Berlin", erklärte Vázquez in einem Gespräch mit der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM). "Es ging von Anfang an um die systematische Liquidierung der Opposition in Kuba und in der DDR."

Vázquez kam 1980 als Dolmetscher kubanischer Vertragsarbeiter in die DDR. Als er für einen kubanischen Musiker, der die DDR verlassen wollte, den Kontakt zur US-amerikanischen Botschaft herstellte, wurde er von der Staatssicherheit verhaftet und nach Kuba ausgewiesen. Seit 1992 lebt er in Berlin und erinnert als Fremdenführer an die Kooperation der Geheimdienste.

1973 ließ Fidel Castro auf der Ernst-Thälmann-Insel eine Büste des kommunistischen Politikers errichtenBild: ullstein bild - ADN-Bildarchiv

Mittlerweile ist die Kooperation der Geheimdienste vorbei, die DDR Geschichte und die politische Eiszeit zwischen Kuba und dem Westen vorbei. 25 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer haben auch die Erzfeinde Washington und Havanna wieder diplomatische Beziehungen aufgenommen.

Auch der "sonnigste Strand der DDR", wie die Thälmann Insel in der Karibik genannt wurde, ist Geschichte. 1998 riss Hurrikan Mitch die Büste Thälmanns zu Boden. Die Insel wurde zum militärischen Sperrgebiet erklärt. Nach dem Tod von Fidel Castro beginnt auf Kuba womöglich eine neue Ära, die sich auch auf die Beziehungen zwischen Kuba und Deutschland auswirkt.

Der stolze kubanische Porschebesitzer Lair Leite kann sich derweil in Deutschland schon einmal die aktuellen Modelle anschauen, die bei dem deutschen Sportwagenhersteller in Stuttgart vom Band laufen. Der deutsche Botschafter Thomas Karl Neisinger überreichte ihm am Tag der Deutschen Einheit einen Gutschein für ein Flugticket nach Deutschland.

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