Ist Mona Lisas Lächeln echt? Neue Forschung umstritten
10. Dezember 2015Die Entdeckung von Pascal Cotte (Bild) wäre eine Sensation. Denn die Mona Lisa ist eine Ikone der Kunstgeschichte. Der Italiener Leonardo Da Vinci hat das Ölbild zwischen 1503 und 1517 gemalt. Seit Ende des 18. Jahrhunderts hängt es hinter Glas im Museum Louvre in Paris. Besucher aus aller Welt lassen sich vom berückenden Lächeln der jungen Frau anstecken. Aber ist es nur aufgesetzt – während dahinter ein anderes Gesicht steckt?
Mehr als zehn Jahre hat Cotte über das Bild geforscht. Seit 2004 hatte er direkten Zugang zur Mona Lisa und rückte ihr mit einer eigens entwickelten Untersuchungstechnik zu Leibe, die er "Lagen-Verstärkungs-Methode" nennt, auf Englisch "Layer Amplification Method". Dabei wird intensives Licht auf das Gemälde projiziert. Eine Kamera filtert und misst die Lichtwellen, was es ermöglicht, die einzelnen Farblagen zu erkennen. "Wir können jetzt ganz genau analysieren", sagte Cotte der #link:http://www.bbc.com/news/entertainment-arts-35031997:BBC#, "was zwischen den einzelnen Lagen der Farbe vor sich geht. Wir können Schicht für Schicht schälen, wie bei einer Zwiebel." Dadurch lasse sich die Chronologie der Farbaufträge verfolgen.
Längere Nase, schmalere Lippen?
Was Cotte nun behauptet, könnte die Jahrzehnte lange Forschung zum wohl bekanntesten Werk der Kunstgeschichte revolutionieren. Denn das, was die moderne Welt als Mona Lisa kennt, sei gar nicht die wahre Mona Lisa! Die eigentliche - und ursprüngliche - Mona Lisa verberge sich auf dem Bild unter dem heute sichtbaren Gemälde. Der französische Forscher will sogar mehrere Malereien unter der Mona Lisa gefunden haben. Zwar seien vorerst nur Schemen und Schatten erkennbar - doch immerhin schon eine längere Nase und ein längerer Kopf. Auch die Hände seien größer, die Lippen hingegen schmaler.
Unter der sichtbaren Farbschicht, so Cotte, komme das Bild einer anderen sitzenden Person zum Vorschein, die zur Seite schaut. Auf Nachfrage der britischen "BBC" verweigert der Louvre jeglichen Kommentar. Begründung: Dies sei kein "Teil der Forschungsaufgabe". Ist Cottes These also realistisch?
Kölner Expertin braucht sichtbare Beweise
"Es war nicht unüblich, dass Künstler Änderungen an Gemälden vornahmen", weiß Iris Schaefer, Leiterin der Abteilung Restaurierung und Kunsttechnologie am Kölner Wallraf Richartz-Museum. Der häufigste Grund: Der Mangel an Material. Aber auch, wenn Auftraggeber von Porträts ihre Meinung änderten, habe der Maler erneut zum Pinsel greifen müssen. Das habe es in allen Epochen der Kunstgeschichte gegeben.
Aus Schaefers Sicht wäre es also möglich, dass sich ein weiteres Gemälde unter der Mona Lisa befindet. An der These des französischen Kollegen hegt sie "keine grundsätzlichen Zweifel", doch vermisst sie sichtbare Belege: "Bevor ich Cotte glauben kann, muss ich Ergebnisbilder sehen!" Ihre Empfehlung: "Wir brauchen eine genauere Untersuchung." Bis dahin bleibe Cottes Behauptung "mutig".
Das Lächeln der Kölschen Mona Lisa
Sollte Cottes These zutreffen, wäre das eine Sensation. "Das würde dann allerdings viele Fragen aufwerfen", meint Schaefer. Stammt das Bild darunter auch von Leonardo da Vinci? Oder von einem anderen Maler? Wer ist die Dargestellte? Die Wissenschaft hätte gut zu tun, um Antworten zu finden.
Auch das Kölner Wallraff-Richartz-Museum hat Erfahrungen mit der Analyse alter Gemälde. So ließ es zuletzt das Bild #link:http://www.wallraf.museum/sammlungen/mittelalter/meisterwerke/stefan-lochner-die-muttergottes-in-der-rosenlaube/dokumentation/:"Die Mutter Gottes in der Rosenlaube" des Kölner Altmeisters Stefan Lochner# untersuchen. Mit Hilfe von Stereomikroskopie, Infrarot und Röntgenstrahlen rekonstruierten die Forscher die einzelnen Schritte der Entstehung des spätmittelalterlichen Meisterwerkes. Wegen seiner Popularität gilt das Ölgemälde übrigens als "die Kölsche Mona Lisa". Ihr Lächeln freilich – anders als bei der Pariser Berühmtheit - verbirgt sich hinter einer anmutigen Ernstheit.