IStGH sieht Anhaltspunkte für Kriegsverbrechen im Sudan
11. Juli 2025
Die Ankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) sehen konkrete Anhaltspunkte für Kriegsverbrechen im Sudan. Die Position ihrer Behörde sei "eindeutig", sagte Vize-Chefanklägerin Nazhat Shameem Khan vor dem UN-Sicherheitsrat. "Wir haben berechtigte Gründe zu glauben, dass in Darfur Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verübt wurden und noch verübt werden."
Shameem betonte, sie habe Schwierigkeiten, "angemessene Worte für das Ausmaß des Leidens" in der westsudanesischen Region zu finden. Die humanitäre Lage sei inakzeptabel, der Hunger breite sich aus und Hilfsbedürftige würden nicht erreicht. "Die Menschen haben kein Zugang zu Wasser oder Essen. Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt werden als Waffe eingesetzt", sagte die Vize-Chefanklägerin weiter.
"Es kann noch schlimmer werden"
Entführungen mit Lösegelderpressungen seien an der Tagesordnung, Krankenhäuser und humanitäre Konvois würden zum Ziel von Angriffen. "Trotzdem sollten wir uns keine Illusionen machen - es kann noch schlimmer werden", warnte Khan vor dem UN-Sicherheitsrat.
2023 hatte der IStGH Ermittlungen zum Sudan-Konflikt eingeleitet. Dort liefert sich die Regierungsarmee des De-facto-Machthabers Abdel Fattah al-Burhan einen blutigen Machtkampf mit der Miliz Rapid Support Forces (RSF), die von dessen früherem Stellvertreter Mohamed Hamdan Daglo kontrolliert wird. Der Norden und der Osten des Landes werden weitgehend von der Militärregierung beherrscht, große Gebiete des Südens und fast die komplette westliche Region Darfur hingegen von den RSF.
Der Bürgerkrieg hat die größte Hunger- und Flüchtlingskrise der Welt ausgelöst. Nach jüngsten Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR wurden in den vergangenen zwei Jahren Zehntausende Menschen getötet, mehr als 14 Millionen wurden gewaltsam vertrieben; vier Millionen Menschen flohen außer Landes. Das Kinderhilfswerk UNICEF geht davon aus, dass allein in Nord-Darfur von Januar bis Mai mehr als 40.000 mangelernährte Kinder behandelt wurden.
Dschandschawid-Miliz im Visier
Bereits 2005 hatte der Sicherheitsrat den IStGH mit ersten Untersuchungen zum Bürgerkrieg in Darfur beauftragt. Diese zielten unter anderem auf Menschenrechtsverletzungen durch die Dschandschawid-Miliz - eine Vorgänger-Organisation der RSF -, die damals noch mit Unterstützung der Armee gegen Rebellen kämpfte. Seinerzeit wurden direkt durch Kampfhandlungen und indirekt durch Hunger mehrere Hunderttausend Menschen getötet. Gegen den ehemaligen Milizenführer Ali Koscheib soll in Kürze das erste Urteil im Rahmen dieser Ermittlungen fallen.
jj/pgr (afp, kna, ap)