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Italien als Teil von Chinas Seidenstraße?

Nicole Ng dk
21. März 2019

Italien könnte das erste Land der G7-Gruppe sein, das dem umstrittenen chinesischen Projekt "Neue Seidenstraße" beitritt. Doch was bedeutet ein solcher Schritt für die EU und ihren gemeinsamen Handel mit China?

Symbolbild Handelsbeziehungen EU - China
Bild: Imago/C. Ohde

Seidenstraße in Italien

02:41

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Als ein italienischer Ministerialbeamter in dieser Woche bekannt machte, sein Land sei nahe davor, ein Teil von Chinas Projekt "Neue Seidenstraße" zu werden, war der Aufschrei groß. Es wird nun erwartet, dass die beiden Länder ein MOU, eine Absichtserklärung oder "Memorandum of Understanding" unterschreiben werden, wenn Chinas Staatschef Xi Jinping Rom besucht - direkt nach einem EU-Ratstreffen, bei dem eine gemeinsame Haltung der EU zu chinesischen Investitionen diskutiert werden soll.

Die USA haben direkt nach der Stellungnahme mit harschen Worten reagiert. Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates in Washington, Garrett Marquis, nannte die neue Seidenstraße "Chinas eitles Infrastrukturprojekt" und behauptete, es würde "dem italienischen Volk keinen Nutzen bringen".

Keine gesetzliche Verpflichtung

Ein MOU ist kein verpflichtender Vertrag, die Unterzeichnungsländer müssen sich also nicht daran halten. Das ist auch so mit den Absichtserklärungen, die Peking mit Lettland, Neuseeland, den Cook-Inseln oder mit der Regierung des australischen Bundesstaates Victoria und der UN-Wirtschaftskommission für Europa (UNECE) unterzeichnet hat.

Diese Übereinkünfte waren von den Unterzeichnerstaaten online veröffentlicht worden und beinhalten eine Ausstiegsklausel, die eine dreimonatige Kündigungsfrist vorsieht. Die Kooperationsfelder sind weit gefasst, die Übereinkünfte schwammig formuliert. Zum Beispiel heißt es in der Vereinbarung mit Lettland, der "Geist" von Chinas Seidenstraßenprojekt müsse "angereichert" werden, es werden "stärkere Synergien" und eine Prioritätenliste für den "Investitionsplan für Europa in der Region" gefordert.

In der Vereinbarung mit Neuseeland steht ähnlich wolkig, es sei nötig, "den Seidenstraßengeist voran zu tragen" und die Zusammenarbeit bei "Transport, Handel, Agrartechnologie und Tourismus zu verstärken". Es gibt Verweise auf Wissenstransfer, verstärkte Vernetzung und weitergehende Dialoge - aber nur wenig davon wird genau formuliert. Die Dokumente sind durchsetzt von Formulierungen wie "Zusammenarbeit, die jedem dient" oder "gegenseitiges Lernen zwischen Zivilisationen" - also mehr Beschwörungen freundlichen Umgangs miteinander als explizite Pläne für ein bilaterales Verhältnis.

Italiens Dilemma

Italien hat noch keine endgültige Entscheidung zum Projekt "Neue Seidentraße" getroffen, sagt Francesca Manenti, Analystin für Asien und Pazifik beim des italienischen Thinktank Centro Studi Internazionali (CeSI). Die Haltung  innerhalb der Regierungskoalition der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung und der rechten Lega Nord sei gespalten. "Beide Parteien haben unterschiedliche Positionen zu diesem Projekt. Daher ist sehr schwierig vorherzusagen, ob die Regierung die Übereinkunft unterzeichnen wird", sagte sie zur DW.

Sollte Italien entscheiden, Chinas Seidenstraßenprojekt beizutreten, hätte das allen wolkig-nichtssagendem Wortgeklingel der mutmaßlichen Vereinbarung zum Trotz eine enorme symbolische Bedeutung. Manenti zufolge würde ein solches MOU eine politische Bedeutung haben, die Rom der EU und den NATO-Alliierten gegenüber rechtfertigen müsse. Manenti: "Es gibt Zweifel und Unsicherheiten, welche Folgen eine solche Unterschrift für Italien haben würde - aus wirtschaftlicher Sicht, aber auch in politischer Hinsicht."

Auf der Suche nach Investoren

Italien, sagt Francesca Manenti, sei darauf erpicht, China zu beweisen, wie sehr das Land die Handelsbeziehungen vertiefen und mehr Investitionen in seine Infrastruktur anziehen möchte. Das Land, das mit einer großen Schuldenlast kämpft, möchte seine Wirtschaft anschieben und mit seinen Nachbarn mithalten. Einige dieser Länder hätten "sehr starke wirtschaftliche Beziehungen zu China", innerhalb und außerhalb des Seidentraßen-Projektes.

Mit der Unterzeichnung des MOU könnte Italien Punkte in Peking machen, um möglicherweise von chinesischen Investitionsfonds in Europa profitieren zu können - die allerdings zu schrumpfen scheinen.

Während Xi Jinping in Europa unterwegs ist, wird Italien unter großem Druck stehen. Rom, so Analystin Manenti, hatte bereits im vergangenen Jahr bei hochrangigen Gesprächen in China die Möglichkeit, ein MOU zu unterzeichnen - das sei aber nicht passiert. Nun sei aber "ein wichtiger Moment erreicht: Es gibt wahrscheinlich große Erwartungen auf chinesischer Seite, den Seidenstraßen-Prozess auf die Zielgerade zu bekommen."

Und in der Tat scheint Peking kaum zu zweifeln, dass Italien den Vertrag unterzeichnen wird. Rom hatte das Seidenstraßen-Projekt von Beginn an unterstützt; der damalige Ministerpräsident Paolo Gentilioni reiste 2017 extra nach China, um am ersten Kooperationsgipfeltreffen teilzunehmen, so Sun Yanhong von der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften und der Chinesischen Vereinigung für Italien-Studien gegenüber DW.

Februar 2019: Giuseppe Conte, Italiens Ministerpräsident, spricht vor dem Europäischen Parlament in Straßburg.Bild: Reuters/V. Kessler

Die Rolle der EU

Auf der anderen Seite will Italien nicht, dass seine Verbündeten den Eindruck gewännen, das Land "wolle seine Partnerschaft mit der EU oder mit den traditionellen Alliierten neu bewerten", sagt Francesca Manenti. Sollte Rom den Vertrag unterschreiben müsse die Regierung sicherstellen, dass die EU, wenn sie in der kommenden Woche einen Zehn-Punkte-Plan vor dem Gipfeltreffen mit China im April diskutiert, noch genügend Verhandlungsspielraum hat.

Auch für China wäre ein gutes Verhältnis zu Europa wichtig, sagt Manenti. "Obwohl es für China sicher einfacher wäre, mit jedem EU-Mitgliedsstaat auf bilateraler Basis zu verhandeln, muss das Land auf die Argumente achten, die die Union vorbringt", so Manenti. "China durchläuft derzeit eine besondere Phase der Transformation seiner internationalen Beziehungen."

"China", erklärt sie, "braucht die wirtschaftliche Partnerschaft mit der EU um die Qualität zu erreichen, die Peking anstrebt. China will sein eigenes System nachhaltig gestalten und kann es sich daher nicht leisten, nicht auf Brüssel zu hören."

China scheint sich seiner Prioritäten ebenso sicher wie seines stabilen Verhältnisses zu Italien und scheint überzeugt, dass das nicht seinem Verhältnis zu Brüssel schadet. Der chinesische Italien-Experte Sun Yanhong sieht das so: "Für China ist es ganz normal, mit der EU zusammenzuarbeiten und gleichzeitig mit einzelnen EU-Staaten. Italien ist ein freies Land. Die Kooperation zwischen Italien und China ist von gegenseitigem Nutzen und eine Win-Win-Situation."

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