1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Italien lässt Flüchtlinge an Land gehen

16. Juli 2018

Zwei Tage lang hatten die Menschen auf zwei Frontex-Schiffen ausgeharrt, nun durften sie in Sizilien an Land gehen. Claus-Peter Reisch, Kapitän des Rettungsschiffs "Lifeline", kritisiert die EU für ihr Vorgehen scharf.

Italien Pozzallo Küstenwache Anlandung Bootsflüchtlinge
Bild: picture-alliance/AP/ANSA/F. Ruta

"Erstmals können wir heute sagen, dass die Migranten in Europa gelandet sind", heißt es in einer Erklärung des italienischen Regierungschefs Giuseppe Conte. Nachdem fünf EU-Staaten ihre Bereitschaft erklärt hatten, die Migranten aufzunehmen, durften die 450 Flüchtlinge in der sizilianischen Hafenstadt Pozzallo an Land gehen. 

Die EU-Grenzschutzbehörde Frontex hatte die Menschen am vergangenen Samstag von einem Holzboot gerettet und mit zwei Rettungsschiffen in italienische Gewässer gebracht. Der italienische Innenminister Matteo Salvini von der rechtsextremen Lega-Partei weigerte sich allerdings, die Flüchtlinge ins Land zu lassen. Stattdessen kündigte er an, die Geflüchteten nach Malta oder zurück nach Libyen zu schicken.

Innenminister Matteo Salvini will die Zahl der ankommenden Flüchtlinge in Italien auf null senkenBild: Getty Images/AFP/A. Solaro

Nach langen Verhandlungen hatten dann allerdings Deutschland, Frankreich, Malta, Portugal und Spanien zugesagt, je 50 der insgesamt 450 Flüchtlinge zu übernehmen. Conte hatte in einem Brief an die Staats- und Regierungschefs der anderen 27 EU-Staaten "ein klares Zeichen" für eine Lastenteilung in der Europäischen Union verlangt und zur Aufnahme der Flüchtlinge aufgefordert.

Die Regierungen in Berlin und Rom seien "übereingekommen, dass Deutschland im Blick auf die laufenden Gespräche über eine intensivere bilaterale Zusammenarbeit im Asylbereich, in diesem Fall bereit ist, 50 Menschen aufzunehmen", erklärte die Bundesregierung.

Italien will nicht, Malta auch nicht

Bereits am Freitag hatte Rom die maltesische Regierung dazu bringen wollen, das überladene Holzschiff bei sich anlegen zu lassen. Malta argumentierte aber, das Schiff befinde sich näher an italienischem als an maltesischem Staatsgebiet. Zudem würden die Menschen an Bord lieber nach Italien einreisen.

Italien und Malta hatten in den vergangenen Wochen wiederholt die Aufnahme von geretteten Bootsflüchtlingen verweigert. Salvini verfügte im Juni, dass Schiffe von Hilfsorganisationen mit Flüchtlingen an Bord nicht mehr in italienischen Häfen anlegen dürfen.

Italien fühlt sich seit langem allein gelassen in der Migrationsfrage. Die neue Regierung in Rom und allen voran Salvini pochen auf mehr Unterstützung von den EU-Partnern. Bei ihrem Gipfel Ende Juni hatten die Staats- und Regierungschefs der EU Beschlüsse gefasst, die darauf abzielen, Flüchtlingen den Weg nach Europa zu erschweren.

Retten nicht erwünscht

Der in Malta angeklagte deutsche Kapitän des Flüchtlings-Hilfsschiffes "Lifeline", Claus-Peter Reisch kritisiert die Europäische Union unterdessen scharf. In einer von der Organisation "Lifeline" verbreiteten Erklärung nannte Reisch es beschämend, dass die EU die Seenotrettung stärker verhindere als das Sterben im Mittelmeer.

Claus-Peter Reisch bei einer ersten Anhörung in VallettaBild: Reuters/D.Z. Lupi

Reisch griff auch Bundesinnenminister Horst Seehofer direkt an. "Er will die Rettungsorgansationen vor Gericht stellen", erklärte der Kapitän. Tatsächlich sei der Minister aber ein Täter. "Er gehört vor Gericht. Er muss zurücktreten." Der Kapitän der "Lifeline" ist jetzt wieder in Deutschland - er muss allerdings am 30. Juli wieder zurück in Malta sein, wo ihm der Prozess gemacht wird.

Die "Lifeline" hatte im Juni 234 Flüchtlinge vor der libyschen Küste gerettet und war danach tagelang über das Mittelmeer geirrt, weil Italien und Malta zunächst ihre Häfen für das Schiff sperrten. Schließlich durfte es doch in Malta anlegen, wurde aber von den Behörden beschlagnahmt. 

Reisch, der sich momentan in Deutschland aufhält, muss am 30. Juli wieder zurück in Malta sein, wo ihm nach seiner Rettungsaktion der Prozess gemacht wird.
 

jv/rb (dpa, afp)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen