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Politik

Italien wartet auf ein neues Wahlrecht

25. Januar 2017

Ohne Gesetz keine Wahl: Das italienische Verfassungsgericht berät über das umstrittene Wahlrecht, das den Weg für Neuwahlen ebnen soll. Die derzeitige Rechtslage ist bizarr.

Ein Demonstrant hält vor dem Verfassungsgericht in Rom ein italienisches Grundgesetz hoch
Ein Demonstrant hält vor dem Verfassungsgericht in Rom ein italienisches Grundgesetz hochBild: picture-alliance/NurPhoto/A. Masiello

Spätestens bis zum Frühjahr 2018 soll in Italien ein neues Parlament gewählt werden. Derzeit gibt es aber verschiedene Regelungen für Abgeordnetenhaus und Senat - das Land braucht deshalb dringend einheitliche Vorgaben. Mit Spannung wird nun das Urteil des Verfassungsgerichtes erwartet, das in Rom über das sogenannte Italicum berät. Dieses sieht einen massiven Mehrheitsbonus für die stärkste Partei im Abgeordnetenhaus vor, weshalb es umstritten ist. Das Urteil soll an diesem Mittwochmittag fallen. Die Urteilsbegründung, die den Parlamentariern Richtlinien zur Erarbeitung eines neues Wahlgesetzes liefern soll, wird in der zweiten Februarhälfte veröffentlicht.

Die Italiener hatten im Dezember bei einem Referendum gegen die Verfassungsreform des damaligen Ministerpräsidenten Matteo Renzi gestimmt. Kern der Reform war es, die Zuständigkeiten der zweiten Parlamentskammer, des Senats, stark zu beschränken, um die Gesetzgebung zu beschleunigen und zu vereinfachen.

Ministerpräsident Gentilioni vor dem SenatBild: Reuters/A. Bianchi

Renzi war nach seiner Niederlage zurückgetreten und hatte das Amt an Paolo Gentiloni übergeben. Da das Wahlrecht aber Teil der gekippten Verfassungsreform war, ist die Reform sozusagen auf halber Strecke steckengeblieben. Denn nun gibt es zwei unterschiedliche Regelungen für den Senat und für das Abgeordnetenhaus.

Staatspräsident Sergio Mattarella hat signalisiert, dass es Neuwahlen erst mit einem geklärten Wahlrecht geben soll - also eines, das für Abgeordnetenhaus und Senat gleichermaßen gilt. Spekuliert wurde über eine Parlamentswahl in diesem Frühsommer. Über das Wahlrecht muss abschließend auch das Parlament entscheiden.

Automatische absolute Mehrheit

Das Wahlrecht ist in Italien in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach gründlich geändert worden. Das Land hat Erfahrung mit dem Verhältniswahlrecht, dem Mehrheitswahlrecht und mit Mischformen. Das 2015 verabschiedete "Italicum" sieht eine dicke Mehrheitsprämie für die stärkste Partei vor: Die Gruppierung, die mit mehr als 40 Prozent gewinnt, erhält automatisch 340 von 630 Sitzen im Abgeordnetenhaus. Knackt keine Partei die 40-Prozent-Marke, gibt es eine Stichwahl zwischen den beiden stärksten Kräften. Das Verfassungsgericht hatte das alte Wahlrecht 2014 für unrechtmäßig erklärt.

Das "Italicum" wurde aber nur für das Abgeordnetenhaus geschaffen, denn nach der geplanten Verfassungsreform wäre ein verkleinerter Senat gar nicht mehr direkt gewählt worden. Nach dem Scheitern der Reform beim Referendum besteht der Senat in seiner bisherigen Form (315 Sitze) fort. Für ihn würde ein vom Verfassungsgericht modifiziertes Verhältniswahlrecht gelten.

stu/qu (afp, dpa)

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