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Italiens 200-Milliarden-Euro-Problem

Andreas Becker29. Januar 2016

Italien hat ein massives Bankenproblem. Mit der EU hat sich das Land nun auf die Einrichtung von Bad Banks für faule Kredite geeinigt. Können sie die Probleme wirklich lösen?

Banca Monte dei Paschi di Siena BMPS
Aktien der Banca Monte dei Paschi di Siena verloren seit Jahresbeginn bis zu 40 ProzentBild: Reuters

Italien sei nicht mehr das Problem Europas, sondern habe seine Hausaufgaben gemacht, sagte Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi am Freitag nach einem Treffen mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin. Die gewaltige Schieflage des italienischen Bankensystems kann er damit nicht gemeint haben.

Bis zu 40 Prozent haben die Aktien italienischer Banken seit Jahresbeginn an Wert verloren. Rund 17 Prozent aller Kredite sind nach Berechnungen der Europäischen Bankenaufsicht EBA faul, es drohen Ausfälle in Höhe von 200 Milliarden Euro, das ist der höchste Stand seit 20 Jahren.

Das Problem beträfe nicht nur den Bankensektor selbst, sondern lähme die gesamte italienische Wirtschaft, sagt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. Auch die lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, die eigentlich die Kreditbedingungen in den Krisenländern verbessern soll, verpuffe dann wirkungslos. "Wenn Banken selbst auf vielen faulen Krediten sitzen, dann verleihen sie auch kein Geld an Unternehmen", so Krämer zur DW.

Viele Bad Banks

Um das Problem in den Griff zu bekommen, hat sich Italien nach langen Verhandlungen mit der Europäischen Kommission darauf geeinigt, eine Bad Bank einzurichten. Genauer: viele Bad Banks - für jedes angeschlagene Institut eine. Auf diese Zweckgesellschaften können Banken ihre ausfallbedrohten Kredite überschreiben und vom Staat absichern lassen.

Nachdem der Plan am Mittwoch bekanntgegeben wurde, verloren Italiens Bankaktien weiter. Das ist ein Indiz dafür, dass die Lösung kein Freifahrtschein auf Kosten der Steuerzahler ist. Der Ansatz sei im Gegenteil "sehr marktwirtschaftlich", sagt Thomas Hartmann-Wendels, Direktor des Instituts für Bankwirtschaft an der Universität Köln.

"Die Kredite werden nicht zu den ursprünglichen Preisen übernommen, sondern zu Marktpreisen. Das ist erheblich weniger und führt dazu, dass die Banken jetzt erst einmal Verluste realisieren müssen."

Kein Geschenk an die Banken

Hinzu komme, dass die Banken für die Absicherung eine Risikoprämie an den Staat zahlen müssen. "Es ist also kein Geschenk an die Banken", sagt Hartmann-Wendels, "sondern die Banken müssen für ihre Fehler in der Vergangenheit bezahlen. Die werden jetzt sichtbar, und daher sind die Märkte erschrocken."

Sollten am Ende weniger Kredite ausfallen als befürchtet, könne der Staat sogar einen Gewinn machen, andernfalls zahle er drauf: "Man weiß jetzt noch nicht, wer dabei den besseren Deal macht hat. Aber das ist das Wesen einer Risikoübernahme."

Auch die Entscheidung, für jedes Institut eine eigene Bad Bank einzurichten, anstatt eine große für alle, sei marktwirtschaftlich. "Jetzt muss jede Bank genau für die Risiken bezahlen, die sie früher eingegangen ist", sagt Hartmann-Wendels. "Bei einer großen Bad Bank wandert dagegen alles in einen Topf, und die Absicherung der Kredite wird von allen Banken pauschal gezahlt."

Matteo Renzi (r.) beim Treffen mit Angela Merkel am Freitag in BerlinBild: Reuters/F. Bensch

Reformstau

Doch selbst wenn die Bad Banks wie geplant eingerichtet werden, Italiens Probleme sind damit noch längst nicht gelöst. "Mit der Bad Bank beseitigt man zwar die Altlasten", so Hartmann-Wendels, "aber das allein garantiert noch keine bessere Zukunft."

Um die zu erreichen, müsse das Land endlich die lange verschleppten Strukturreformen umsetzen, sagt Commerzbank-Volkswirt Krämer. "Es gibt einen wirtschaftspolitischen Reformstillstand, sehr hohe Lohnkosten, stagnierende Produktivität und eine völlig ineffiziente öffentliche Verwaltung."

Erst durch Reformen werde sich die Lage der italienischen Unternehmen verbessern, glaubt Krämer, und erst dann werde auch die Zahl fauler Kredite wieder abnehmen.

Ministerpräsident Renzi sieht sich selbst als überzeugten Reformer. In Berlin allerdings forderte er in Richtung Europäischer Kommission mehr Flexibilität beim Haushaltsdefizit, weil er mehr Geld ausgeben möchte als geplant.

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