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Italiens Kampf um's Haushaltsgeld

Bernd Riegert / arn6. Juli 2004

Wichtigstes Thema des EU-Finanzministertreffens in Brüssel war wieder einmal die Verwarnung der Defizitsünder: Grund für eine handfeste Regierungskrise in Italien. Auch, wenn der Blaue Brief jetzt doch nicht kommt.

Berlusconi und Tremonti: Zwei Schlüsselfiguren im DefizitstreitBild: AP


Italien wehrt sich mit Händen und Füßen gegen ein Defizitverfahren. Ministerpräsident Silvio Berlusconi, derzeit auch Finanzminister, versprach in Brüssel höchstpersönlich, er werde die Maastrichtkriterien in diesem Jahr erfüllen. Die Frühwarnung, das so genannte "early warning", die die EU-Kommission schon vor Monaten empfohlen hatte, wurde verworfen, weil Berlusconi ein Sparpaket von 7,5 Milliarden Euro ankündigte. Italien hat mit 106 Prozent vom Brutto-Inlandsprodukt die höchste gesamtstaatliche Verschuldung in der Euro-Zone.

In zehn Tagen werde seine Regierung den Mix aus Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen beschließen, versprach Berlusconi. Der italienische Finanzminister Giulio Tremonti hatte sich mit seinem schärferen Sparpaket und den vorgeschlagenen Streichungen von Subventionen für den italienischen Süden ncht durchsetzen können und war am Wochenende zurückgetreten. Seine Geschäfte hat jetzt der Chef übernommen.

Berlusconi legt selbst Hand an

Der Ministerrücktritt ist für Berlusconi mehr als ein Bauernopfer. Es handelt sich, darin sind sich die Kommentatoren in Rom einig, um seine erste echte Niederlage in seinem Kabinett seit Amtsantritt vor drei Jahren. Tremonti - das war der Mann, der für niedrigere Steuern zuständig war. Und Steuerkürzungen für Besserverdienende (bei gleichzeitigen Etatlöchern) waren bisher das politische Markenzeichen Berlusconis - ganz nach Vorbild von George W. Bush.

Kein Zweifel: Mit der Schlappe für Berlusconi bei der Europawahl sowie den Regional- und Kommunalwahlen ist das labile Koalitionsgefüge aus den Fugen geraten. Zwar haben Nationale Allianz und Christdemokraten nur jeweils ein paar Prozente hinzugewonnen, aber beim traditionellen Gefeilsche an italienischen Kabinettstischen wirken ein paar Prozent Wunder - wegen ein paar Prozentverschiebungen sind in Rom schon Regierungen gestürzt worden.

"Wenn es jetzt Wahlen gäbe, würde die Linke gewinnen"

Die Christdemokraten in Rom drohen offen mit einem Bruch der Koalition, wenn nicht bald ein Nachfolger für Giulio Tremonti ernannt wird. Ungewöhnlich scharfen Widerstand gegen eine längere Ressortübernahme Berlusconis kündigte auch Europaminister Rocco Buttiglione an. Er plädiere für die Amtsübernahme durch "einen renommierten Politiker". EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti, der als Nachfolger im Gespräch war, hat inzwischen abgesagt: Er wolle weiter auf EU-Ebene aktiv bleiben, anstatt das Amt des italienischen Finanzministers zu übernehmen. Berlusconi jedenfalls stellte klar, dass er einen neuen Ressortchef erst dann ernennen wolle, wenn er die seit längerem geplante Finanzreform durchgesetzt habe. Osterreich und Spanien bleiben in Brüssel vorsorglich skeptisch – und weiter geht der Poker um die Zukunft des Stabiliätspaktes.

Reform angemahnt

Bundesfinanzminister Hans Eichel sprach sich erneut für eine Reform des Paktes aus. Man dürfe sich nicht nur auf die Neuverschuldung versteifen. "Da sollten auch Kriterien wie die gesamtstaatliche Verschuldung und das ökonomische Umfeld eine Rolle spielen", fordert Eichel. Oder auch die Frage. "Ist das ein Haushalt, der die Vergangenheit finanziert, oder ist das ein Haushalt, der auf die Zukunft ausgerichtet ist?" Sehe ein Haushalt besonders hohe Investitionen im Bereich Bildung, Forschung und Innovation vor, dürfe die Verschuldung auch höher als drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes liegen, glaubt Eichel.

Die EU-Kommission sieht die Aufweichungstendenzen mit Sorge. Währungskommissar Joaquín Almunia will erst einmal das Urteil des Europäischen Gerichtshofes zum Stabilitätspakt abwarten. Erst wenn der Gerichthof geurteilt hat, ob die Finanzminister das Defizitverfahren für Deutschland und Frankreich letzten November faktisch aussetzen durften oder nicht, will die Kommission konkrete Reformvorschläge auf den Tisch legen.

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