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Politik

Italien wählt neues Parlament

4. März 2018

"Das wird schon irgendwie gut gehen", meinen viele Wähler bei der Stimmabgabe. Italien steuert auf ein Patt bei der Parlamentswahl zu. Weder linke noch rechte Populisten können alleine regieren. Bernd Riegert aus Rom.

Italy: Paolo Gentiloni votes in Rome (picture alliance / ZUMAPRESS.com)
Bild: picture-alliance/Zuma/M. Nardone

Die Kältewelle in Italien ebbt ab. In der Hauptstadt Rom zeigt sich die Sonne. Das könnte zu einer hohen Wahlbeteiligung beitragen, meinen die Kommentatoren der Fernsehsender, die rund um die Uhr über die Parlamentswahl berichten. Sie gilt in Europa als eine Richtungswahl zwischen linken und rechten Populisten. In Umfragen liegt die rechte Koalitions-Liste mit 38 Prozent vorn, aber alleine regieren kann sie voraussichtlich nicht. Stärkste einzelne Partei war im Vorfeld der Wahl mit 28 Prozent die Protestpartei "MoVimento 5 Stelle".

Enrico Marchi: Wir werden auch das meisternBild: DW/B. Riegert

"Ich weiß nicht, was am Ende dabei herauskommen wird", sagt der DW einer der Wähler, die sich in einem Wahllokal in Rom unweit des Parlaments zur Stimmabgabe einfinden. "Die Politiker versprechen immer viel und halten dann doch nichts ein", fährt Enrico Marchi schulterzuckend fort. "Aber daran ist Italien gewöhnt. Wir werden auch das hier überstehen und uns irgendwie durchwursteln. Darin sind wir gut." Das erstaunliche Comeback des Medienunternehmers und ehemaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi kommentiert Enrico Marchi mit einem italienischen Sprichwort: "Lieber eine aufgewärmte Suppe als gar nichts zu essen." Der 81-jährige Berlusconi führt mit seiner Partei "Forza Italia" die rechte populistische Liste an, zu der auch die ausländerfeindliche "Lega" und Neofaschisten gehören. Berlusconi sieht sich bereits als Königsmacher einer künftigen Regierung. Selbst kandidieren durfte er nicht, weil er wegen Steuerhinterziehung verurteilt ist.

Francesco Gabrielli: Wir brauchen neue KräfteBild: DW/B. Riegert

"Ich dachte eigentlich, dass Berlusconi endlich erledigt ist", sagt dazu Francesco Gabrielli nach seiner Stimmabgabe. Er sagt es nicht direkt, aber er hat wohl für die Protestpartei "5 Sterne" gestimmt. "Wir brauchen etwas Neues, einen frischen Start. Ich glaube, dass die '5 Sterne' inzwischen politisch erwachsener geworden sind." Vor neun Jahren gründete der Komiker Beppe Grillo diese Bewegung der Unzufriedenen. Inzwischen wird sie von dem 31 Jahre alten Luigi Di Maio angeführt. Er will die EU nicht mehr verlassen, aber mehr Geld aus Brüssel für Italien herausschlagen.  Eine Koalition mit einer anderen Partei hat "5 Sterne" bisher abgelehnt. "Am Ende wird es wohl für kein Lager reichen", glaubt Franceso Gabrielli. "Sie reden jetzt schon von einer zweiten Gentiloni-Regierung." Tatsächlich könnte bei einem Patt zwischen den drei großen Blöcken der heutige Ministerpräsident Paolo Gentiloni von den Sozialdemokraten, der drittgrößten Kraft, geschäftsführend im Amt bleiben.

Schwester Monica: Ein Moment der KonfusionBild: DW/B. Riegert

"Ich finde das alles sehr verwirrend. Besonders den riesigen Wahlzettel und das neue Wahlrecht", gibt Schwester Monica zu Bedenken. "Aber im Grunde sind die Parteien alle irgendwie gleich. Da ist es auch wieder egal, was man wählt", sagt die katholische Ordensschwester im römischen Wahllokal.

"Ich glaube, das Land geht nach rechts bei dieser Wahl", sagt Wähler Paolo, der vor allem die hohe Steuerlast in Italien beklagt. "Warum also nicht Berlusconi wählen?", fragt er und deutet an, dass er bei der "Forza Italia" sein Kreuzchen gemacht hat. Nur weil einer über 80 Jahre alt sei, heiße das ja nicht, dass er keine Politik mehr machen könne. Im Laufe des Gesprächs mit der DW wird Paolo dann noch richtig wütend. "Im Grunde sind all diese Politiker Verbrecher. Sie sollten alle nach Hause gehen!", fordert er. "Das Land ist in einem fürchterlichen Zustand."

Wähler Paolo in Rom: Das sind doch alles VerbrecherBild: DW/B. Riegert

Die letzten Wahllokale schließen in Rom um 23 Uhr MEZ. Belastbare Ergebnisse werden wegen des komplizierten gemischten Wahlsystems aus Verhältnis- und Mehrheitswahlrecht erst in der Nacht erwartet. Die Wahlsendung des italienischen Privatfernsehens trägt deshalb den passenden Namen: "Il Maratone", der Marathon.

Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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