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IWF-Chefin

28. Juni 2011

Christine Lagarde ist die neue IWF-Chefin. Die Zeit der Diskussionen ist vorbei. Nun sollte der IWF sich wieder seiner eigentlichen Aufgabe widmen - dem Krisenmanagement, meint Rolf Wenkel.

Bild: DW

Nun ist es also so gekommen, wie es viele Beobachter vermutet hatten: Der Verwaltungsrat des Internationalen Währungsfonds hat am Dienstag (28.06.2011) die 55-jährige französische Finanzministerin Christine Lagarde zur künftigen Chefin der UN-Organisation mit Sitz in Washington gekürt. Alles andere wäre auch eine dicke Überraschung gewesen. Zwar ist es das gute Recht der Schwellen- und Entwicklungsländer, einen Kandidaten aus ihren Reihen vorzuschlagen. Und niemand bezweifelt, dass Lagardes Gegenkandidat, der mexikanische Notenbankchef Agustin Carstens, die Fähigkeit besessen hätte, den Währungsfonds zu leiten, dessen Vize er schon einmal war.

Rolf Wenkel, DW-WirtschaftsredaktionBild: DW

Dennoch ist der Anspruch der Schwellenländer, der neue Chef müsse aus ihren Reihen kommen, weil dies ihrem neuen Gewicht in der Weltwirtschaft entspricht, bislang immer noch an den ökonomischen Realitäten vorbeigegangen. Der IWF ist nicht nur die Finanzfeuerwehr der Vereinten Nationen, sondern ein einigermaßen verlässlicher und glaubwürdiger Datenlieferant. Danach stehen allein die G7-Staaten mit Frankreich, Deutschland, Italien, Japan, Großbritannien, den USA und Kanada für 49 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Die BRIC-Länder Brasilien, Russland, Indien und China bringen es gerade mal auf 18 Prozent.

Europa hatte das größere Gewicht

Die Länder der Europäischen Union erwirtschaften zusammen ein Viertel des globalen Bruttoinlandsprodukts, China gerade einmal neun Prozent. Trotz aller Wachstumsdynamik im Reich der Mitte und in anderen Schwellenländern: Die Europäische Union hat ökonomisch noch immer ein wesentlich größeres Gewicht. Mit ökonomischen Argumenten hat sich deshalb nie begründen lassen, warum künftig kein Europäer mehr auf dem Chefsessel des IWF sitzen sollte.

Doch das ist Schnee von gestern. Ohnehin scheint der Frontverlauf zwischen Industrie- und Schwellenländern eine Erfindung der Medien zu sein, eine Front, die es so nie gegeben hat. Oder wie anders ist es zu erklären, dass Kanada, nicht gerade ein Schwellenland, anfangs den Mexikaner Carstens favorisierte, China aber auf der Seite der Europäerin Lagarde stand?

Schnee von gestern

Wie gesagt, das sind Gefechte von gestern. Wichtig war und ist im Grunde auch nicht, ob auf dem Chefsessel des IWF ein Mexikaner oder eine Europäerin sitzt. Wichtig ist vielmehr, dass der IWF zur Tagesordnung übergehen und wieder Führung zeigen kann, so wie in der Finanzkrise 2008. Damals hat der Fonds als treibende Kraft und Meinungsführer in der Krisenpolitik gewirkt, hat mehrere europäische Länder vor dem Bankrott bewahrt, darunter Island, Lettland, Ungarn und Griechenland. Dort schultert er immerhin ein Drittel der Notdarlehen, obwohl er nur Juniorpartner ist, wenn es um das Diktat der Reformen für die Empfängerländer der Eurozone geht.

Auch ein Mexikaner hätte in dieser Frage keinen Kurswechsel um 180 Grad vollziehen können, nur um den Schwellenländern zu gefallen. Schließlich ist es die Aufgabe des IWF, in Not geratenen Nationen beizuspringen - ob die nun in Europa, Asien oder Lateinamerika liegen. So oder so, Mexikaner oder Europäerin: Ohne den IWF geht es nicht in einer Zeit, in der nationale Schuldenkrisen globale Finanzkrisen auslösen können.

Autor: Rolf Wenkel
Redaktion: Henrik Böhme