IWF ruft Deutschland zu Investitionen auf
24. November 2023Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Kristalina Georgiewa, hat die Bedeutung staatlicher Investitionen für das künftige Wirtschaftswachstum in der Bundesrepublik betont. "Um Wachstum sicherzustellen, muss Deutschland in seine Infrastruktur, den grünen Umbau der Wirtschaft sowie in die Fähigkeiten seiner Bevölkerung investieren", sagte Georgiewa dem "Handelsblatt" und drei weiteren europäischen Zeitungen. Sie betonte wörtlich: "Und wir sprechen hier nicht über triviale Investitionen - vor allem, weil als Nächstes die wirtschaftliche Anpassung an die Künstliche Intelligenz (KI) ansteht."
Italien muss auch mehr tun
Von den europäischen Ländern ermahnte die IWF-Chefin auch Italien und rief die dortige Regierung unter der rechtspopulistischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni zu härteren Maßnahmen gegen Defizit und Schulden auf. Der Haushalt in seiner jetzigen Form müsse verschärft werden, sagte Georgiewa der italienischen Zeitung "Corriere della Sera". Die finanziellen Anpassungen des Landes würden nicht schnell genug greifen, um das Defizit und die Schulden zu reduzieren.
Der Schuldenberg Italiens ist während und nach der Corona-Pandemie noch einmal stark gestiegen und beträgt nun schon fast drei Billionen Euro. Das ist mehr als 140 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes.
Die IWF-Chefin zeigte sich besorgt darüber, dass die Weltwirtschaft als Ganzes auf absehbare Zeit nur langsam wachsen werde. Besonders schwaches Wachstum sei für Europa zu erwarten, das nun entschlossen Strukturreformen vorantreiben müsse. Zudem müsse die Kapitalmarktunion in der Europäischen Union vollendet werden, verlangte sie. "Für Europa wird es unmöglich sein, seine Position in der Welt zu halten, wenn es seine finanziellen Werte nicht besser einsetzt", so Georgiewa.
Weniger Wachstum in Deutschland erwartet
Unterdessen rechnet das Bundeswirtschaftsministerium nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts mit spürbaren Folgen für die gesamte wirtschaftliche Entwicklung. In einer Simulation des Ministeriums heißt es, könnten 60 Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds sowie die Kredite aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds nicht genutzt werden, könnte das Bruttoinlandsprodukt - der Gesamtwert aller Waren und Dienstleistungen - um bis zu 0,6 Prozentpunkte weniger wachsen.
Auch für die nächsten Jahre wäre laut der Berechnung mit Folgen für die Wirtschaftsleistung zu rechnen: 2025 wird ein geringeres Wachstum um 0,3 und 2026 um 0,2 Punkte angenommen.
Negativer Effekt auf Investitionen
Einen negativen Effekt habe dies auch auf Investitionen und Beschäftigung, heißt es weiter aus dem Wirtschaftsministerium. Wie sich darüber hinaus Investitionsunsicherheiten von Unternehmen und im privaten Konsum - etwa durch den Wegfall der Energiepreisbremsen - auswirken könnten, sei nicht seriös modellierbar. Hinzukommen könnten auch noch negative Auswirkungen auf Standortentscheidungen von Unternehmen.
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hatte in der vergangenen Woche die massive Aufstockung des Klima- und Transformationsfonds mit nicht genutzten Krediten aus der Zeit der Corona-Pandemie für unzulässig erklärt. Dadurch fehlen der Regierungskoalition nun 60 Milliarden Euro für Vorhaben der Energiewende.
se/wa (rtr, dpa, afp)