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Jüdisches Leben in Deutschland

Susanne Henn 20. April 2005

Die jüdische Gemeinde in Deutschland ist die am schnellsten wachsende weltweit. Darunter sind auch viele junge Menschen, die gerne in Deutschland leben. Trotz der Geschichte.

Hoffnung auf mehr Normalität: Juden in DeutschlandBild: dpa Zentralbild

Die rund 300 Mitglieder des jüdischen Studentenverbands in Berlin gehören zu einer neuen Generation von Juden in Deutschland. Eine Generation, die den Holocaust nicht persönlich erlebt hat, deren Leben aber trotzdem von den Schrecken der Vergangenheit beeinflusst ist. "Es ist einfach so, dass ich dieses Gefühl loswerden will, dass jedesmal, wenn es sich um meine Religion dreht, irgendwie alle denken: 'Oh, Du bist Jüdin' und dann immer gleich so dieses - "wir müssen jetzt auf Eierschalen laufen und ganz vorsichtig sein, was wir sagen'", sagt Katharina Goos.

Aufklären

Das sei gar nicht nötig, meint sie. Die 29-jährige Politologin engagiert sich im Jüdischen Studentenverband Berlin. Der übergeordnete Bundesverband besteht bereits seit 1968 und hat etwa 1500 registrierte Mitglieder. Zuwachs kam in den letzten Jahren vor allem aus dem Osten: So sprechen zum Beispiel über 85 Prozent der gut 12.000 Berliner Gemeindemitglieder Russisch. Integration ist deshalb auch im Jüdischen Studentenverband ein zentrales Thema. Katharina Goos hält es für wichtig, sich in ihrer Freizeit persönlich zu engagieren: "Vor allem, dass man den Juden in Deutschland die Religion etwas näher bringt und dass man sich selbst gegenüber Nicht-Juden öffnet und sagt: Guckt uns an, wir sind nicht so schlimm. Und dass man Aufklärung betreibt."

Katharina ist vor zwei Jahren zum Judentum konvertiert. Sie kocht seitdem koscher und hält alle jüdischen Feiertage ein. Gleichzeitig legt sie großen Wert auf Dialog in einem gemischten Freundeskreis aus Juden und Nicht-Juden. Dazu gehört auch Daniel Iranyi, Rechtsreferendar und ehemaliger Geschäftsführer des Jüdischen Studentenverbands in Berlin. Als er zwei Jahre alt war, kam der heute 25-jährige mit seinen Eltern aus Israel zurück nach Deutschland, wo sich das jüdische Leben vor allem in den Metropolen abspielt. "Ich liebe Berlin, ich mag Deutschland", sagt er. Trotz all seiner Schwächen sei es immer noch ein gutes Land zum leben. Gerade auch als Jude. "Selbst wenn viele das jetzt vielleicht abstreiten würden".

Rechtfertigung für Leben in Deutschland

Starkes Wachstum: Jüdische Gemeinden in DeutschlandBild: AP

Auswandern kommt für Daniel und Katharina nicht in Frage, auch wenn sie sich manchmal dafür rechtfertigen müssen, im Täterland zu leben, wo 1933 - vor dem Holocaust - noch rund 570.000 Juden lebten. Heute müsse es gerade in Deutschland jüdisches Leben geben, da sind sich beide einig. Natürlich steht bei den jüdischen Studenten - neben Brauchtumspflege und Parties auch das Gedenken an die Schrecken des Holocausts, auf dem Programm. Aber, nicht nur betont Daniel Iranyi. Er hofft dass die Menschen verstehen, dass das Judentum eben nicht nur auf Trauer beschränkt ist und das ein heute ein florierendes Judentum in Deutschland gibt, die größte wachsende Gemeinde in Europa, dass die Juden ein fröhliches Volk sind. "Leider wurde uns ein trauriges Kapitel zugefügt, das wollten wir natürlich nicht, wer wollte das schon", sagt er.

Kippa als Normalität

Immer noch notwendig: Polizeischutz für SynagogenBild: AP

Die jungen Juden in Deutschland hoffen auf mehr Normalität - und dass ein Mann mit der traditionellen jüdischen Kopfbedeckung, der Kippa, auf Berliner Straßen genauso wenig Aufsehen erregt wie der gewohnte Anblick muslimischer Frauen mit Kopftuch.

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