Die Ära Klopp beim FC Liverpool geht im kommenden Sommer zu Ende. Auch an der Anfield Road hat Jürgen Klopp bewiesen, was für ein außergewöhnlich guter Fußballtrainer er ist.
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Es war die vorläufige Krönung seiner Karriere. Jürgen Klopp feierte Anfang Juni 2019 mit Hunderttausenden von Fans des FC Liverpool auf den Straßen der Stadt den Gewinn der Champions League. Den sechsten Pokal dieser Art hatten die "Reds" mit dem "Manager" Klopp geholt. Damit war er unweigerlich in die große Geschichte des Klubs eingetreten.
Ein Jahr später bescherte der deutsche Trainer dem FC Liverpool auch noch die 19. englische Meisterschaft - die erste nach einer Durststrecke von 30 Jahren. Diesmal musste die große Parade jedoch wegen der Corona-Pandemie ausfallen.
Klopp, der Trainer, der Menschenfänger, der Entertainer. Selten vereinte ein Einzelner so viele Attribute miteinander, um seinen Beruf auszuüben. Kein Wunder also, dass sie den 56-Jährigen in der Arbeiterstadt im Nordwesten Englands aufgenommen haben, als wäre er schon immer einer von ihnen gewesen.
Ähnlich war es Klopp auch schon zuvor in der Fußball-Bundesliga bei Borussia Dortmund ergangen. Und auch beim FSV Mainz 05, wo er einst seine große Karriere auf niedrigem Niveau begonnen hatte.
Erster Aufstieg mit Mainz
Als Spieler bei den Mainzern galt Klopp nicht gerade als Ballzauberer. Eigentlich Stürmer, wurde er bei dem damaligen Zweitligisten zum Verteidiger umgeschult und stand dabei eher für einen rustikalen Stil. Die Fans mochten vor allem seine ehrliche Art, Fußball zu spielen. Dass er damals schon eine besondere Aura hatte, war nur schwer zu übersehen. Als einziger Spieler der Mainzer hatte er einen eigenen Fan-Klub, die "Kloppos".
Nahtlos wechselte Klopp im Jahr 2001 dann vom Spielfeld auf die Trainerbank. Nachdem Mainz zweimal knapp daran gescheitert war, gelang dem Team unter Klopp 2004 im dritten Anlauf der erste Aufstieg in die Bundesliga. Nach dem Abstieg 2007 und dem knapp verpassten Wiederaufstieg im Jahr darauf verabschiedete sich Klopp aus Mainz: nach 18 Jahren als Spieler und Trainer.
"Alles, was ich bin, alles was ich kann, habt ihr mich werden lassen. Das ist die Wahrheit", rief er damals unter Tränen den 30.000 Menschen zu, die sich auf dem Mainzer Marktplatz versammelt hatten, um die Mannschaft zu feiern und Klopp zu verabschieden.
Klopp wechselte aus Mainz nach Dortmund zum BVB. Mit diesem Wechsel endete auch seine Tätigkeit als Fernsehexperte beim ZDF. Dort hatte er sich von 2005 an drei Jahre lang beim Publikum mit seiner offenen Art und seinem schallenden Gelächter einen Namen gemacht.
Ungewöhnliche Maßnahmen
Beim BVB wussten sie im Sommer 2008 allerdings nicht so recht, worauf sie sich mit ihm einließen. Es gab durchaus Zweifel an dem gebürtigen Stuttgarter, der auch gerne mal aneckte und sich nicht reinreden ließ. Dortmund war nach der Fast-Pleite drei Jahre zuvor immer noch dabei, die Finanzen zu sanieren, sportlich lief es ebenfalls nicht rund.
Klopp versprach, dem Verein "wieder in die Spur" zu helfen und "Vollgas-Fußball" spielen zu lassen. Seine Devise lautete: Keine Stars kaufen, sondern sie machen. Und er hielt Wort. So stellte der Coach die beiden damals erst 19 Jahre alten Mats Hummels und Neven Subotic ins Abwehrzentrum - was sich als äußerst erfolgreich erweisen sollte.
Erfolg mit dem BVB
Der Weg des BVB unter Klopp führte nach oben. 2011 holten die Dortmunder die Meisterschale - und feierten hinterher so kräftig, dass der Trainer am Tag danach bei der Party mit den Fans auf dem Borsigplatz seine Augen hinter einer Sonnenbrille verbergen musste. 2012 schaffte der BVB sogar das Double aus Meisterschaft und DFB-Pokalsieg.
Doch selbst Klopp gelang nicht alles. 2013 hatte er die Chance, seinen ersten internationalen Titel zu holen und dann gleich in der Champions League - im Finale im Wembleystadion in London gegen den deutschen Rivalen FC Bayern. Der BVB verlor unglücklich mit 1:2.
Mitte 2014 wurde der BVB zum zweiten Mal in Serie Vizemeister, danach begann eine Krise. Nach 18 Spieltagen stand Dortmund auf dem letzten Tabellenplatz. Klopp wirkte erschöpft. Immerhin führte er das Team in jener Saison noch als Siebter in die Europa League und ins DFB-Pokalfinale, das der BVB gegen Wolfsburg mit 1:3 verlor. Zu diesem Zeitpunkt hatte Klopp bereits seinen Abschied aus Dortmund verkündet.
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The Normal One
Klopp wollte eigentlich ein "Sabbatjahr" einlegen, es dauerte jedoch nur fünf Monate. Im Oktober 2015 wurde er als neuer Teammanager des FC Liverpool vorgestellt. Angesprochen auf den Ausspruch "I'm the Special One" des portugiesischen Star-Trainers Jose Mourinho, antwortete Klopp: "Ich war ein durchschnittlicher Spieler, und in Mainz habe ich als durchschnittlicher Trainer angefangen. Man könnte sagen: I'm the Normal One."
In Liverpool verlor er jedoch zunächst alle entscheidende Spiele: das League-Cup-Finale 2016 gegen Manchester City, das Endspiel der Europa League im gleichen Jahr gegen den FC Sevilla. Auch das Champions-League-Finale 2018 gegen Real Madrid konnten Klopp und der LFC nicht gewinnen. Zudem zog man 2018 nach einer furiosen Premier-League-Saison knapp den Kürzeren im um den Meistertitel gegen Manchester City.
2019 aber erklomm Klopp mit dem Champions-League-Titel den Trainer-Olymp. Klopp widmete seinen bis dahin größten Erfolg seiner Ehefrau Ulla, mit der er seit 2005 in zweiter Ehe verheiratet ist. "Meine Familie ist immer mit der Silbermedaille in Urlaub gefahren", sagte der 51-Jährige nach dem Finale in Madrid. "Diesmal ist es anders, diesmal ist es Gold, das werden wir genießen."
2019 gewann Liverpool auch die Klub-WM, und Klopp wurde zum FIFA-Welttrainer des Jahres gewählt. Ebenso im folgenden Jahr nach dem Titelgewinn in der Premier League. Einziges Manko der ersehnten Meisterschaft nach 30 Jahren: Wegen des Corona-Virus' fanden die Spiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
"Ich könnte gar nicht glücklicher sein", sagte Klopp damals dennoch beim TV-Interview mit Sky. "Das bedeutet mir die Welt. Natürlich wäre es mit Fans besser gewesen, aber man kann das eben nicht ändern. Es ist und bleibt ein großartiger Moment. Wir sind die Champions von England, wir haben die Champions League und die Klub-WM gewonnen. Das ist unglaublich. Wenn dieser Bullshit-Virus endlich weg ist, dann feiern wir alle gemeinsam."
Erneute Meisterschaft zum Abschied?
In der Saison 2021/2022 schrappte Klopp knapp an seinem zweiten Champions-League-Triumph vorbei: Im Finale unterlagen die "Reds" gegen Real Madrid mit 0:1. Als Trost blieb das englische "Pokal-Double" mit dem Gewinn von FA-Cup und Liga-Cup. Danach riss die Erfolgsserie vorübergehend. 2023 verpasste Liverpool sogar die Qualifikation für die Champions League.
Als Jürgen Klopp in der vergangenen Woche verkündete, dass seine Zeit bei dem englischen Traditionsverein im Sommer 2024 enden werde, hatte er auf die Erfolgsspur zurückgefunden: Sein Team ist Tabellenführer der Premier League, steht im Finale des Liga-Cups und ist auch noch im FA-Cup sowie der Europa League im Rennen. Klopp könnte sich also gleich mit mehreren weiteren Titeln von der Anfield Road verabschieden.
Der Artikel wurde am 29. Januar 2024 aktualisiert.
Jürgen Klopp: Mit Herz und Charisma
Ein Champions-League-Triumph, eine englische Meisterschaft, weitere Titel. Jürgen Klopp und der FC Liverpool, das ist eine Erfolgsgeschichte. Zum Saisonende hört der Erfolgstrainer bei den "Reds" auf.
Bild: Manu Fernandez/AP/dpa/picture alliance
Volksheiliger
Schnell hat Jürgen Klopp die Herzen der Fans erobert: "Wir müssen uns von Zweiflern in Gläubige verwandeln", fordert er 2015 gleich an seinem ersten Tag in Liverpool. Der "Believer"-Schal ist heute einer der beliebtesten Fan-Artikel an der Anfield Road. Ebenso das "In Klopp we trust"-Shirt. Klopp ist Kult beim kultigsten Klub Englands. Angefangen hat er aber fernab der großen Fußball-Tempel.
Bild: Getty Images/AFP/P. Ellis
Gruppenbild mit Seeler
Jürgen Klopp wird 1967 in Stuttgart geboren und wächst im Schwarzwald auf. Als A-Jugendspieler des TuS Ergenzingen (oben, 2.v.l.) darf er bei einem Turnier 1985 in Hamburg sogar neben HSV-Legende Uwe Seeler stehen. Da ahnt noch niemand, dass sich heute Leute darum reißen, sich für ein Selfie neben Klopp platzieren zu können.
Bild: picture-alliance/dpa
Eher Fußball-Handwerker
Ein Ballzauberer ist Jürgen Klopp in seiner aktiven Karriere eher nicht. Der Stürmer, der beim Zweitligisten FSV Mainz 05 bald zum Verteidiger umschult, steht eher für einen rustikalen Stil. Die Fans mögen seine ehrliche Art, Fußball zu spielen. Als einziger Spieler der Mainzer hat er einen eigenen Fan-Klub, die "Kloppos".
Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld
Abschied aus Mainz nach 18 Jahren
Nahtlos wechselt Klopp 2001 vom Spielfeld auf die Trainerbank. Nachdem Mainz zweimal knapp daran gescheitert ist, gelingt dem Team unter Klopp 2004 im dritten Anlauf der historische erste Aufstieg des FSV in die Bundesliga. Nach dem Abstieg 2007 und dem knapp verpassten Wiederaufstieg im Jahr darauf verabschiedet sich Klopp aus Mainz: nach 18 Jahren als Spieler und Trainer.
Bild: picture-alliance/dpa/T. Mrotzkowski
Preisgekrönter TV-Experte
Klopp ist ein Energiebündel - und hat fast immer einen lockeren Spruch auf den Lippen. Verbunden mit seiner Fußball-Kompetenz macht ihn das zum idealen TV-Experten. Mit dem Ex-Schiedsrichter Urs Meier (l.) und Moderator Johannes B. Kerner (r.) bildet Klopp von 2005 bis 2008 beim ZDF ein eingespieltes Team. Später heuert er bei RTL als Experte an. Zweimal erhält er den Deutschen Fernsehpreis.
Bild: picture-alliance/dpa/P. Seeger
Trendsetter
Jürgen Klopp kommt mit seiner offenen und sympathischen Art bei den Fernsehzuschauern und Fußballfans gut an - und wird auch zum Trendsetter. Selbst seine modischen Brillen werden von der Öffentlichkeit positiv wahrgenommen. 2008 ernennt das "Kuratorium Gutes Sehen" Klopp zum "Brillenträger des Jahres".
Bild: KGS
Stars machen
Mitte 2008 wird Klopp Cheftrainer von Borussia Dortmund. Der BVB ist nach der Fast-Pleite drei Jahre zuvor immer noch dabei, die Finanzen zu sanieren, sportlich läuft es nicht rund. Klopp verspricht, dem Verein "wieder in die Spur" zu helfen. Seine Devise lautet: Keine Stars kaufen, sondern sie machen. So stellt er die beiden erst 19 Jahre alten Mats Hummels und Neven Subotic ins Abwehrzentrum.
Bild: picture alliance/dpa/B. Thissen
Drei Titel in zwei Jahren
Klopps Rezept geht auf, der Weg des BVB führt nach oben. 2011 holen die Dortmunder die Meisterschale - und feiern hinterher so kräftig, dass der Trainer am Tag danach bei der Party mit den Fans auf dem Borsigplatz seine Augen hinter einer Sonnenbrille verbergen muss. 2012 schafft der BVB sogar das Double.
Bild: Picture-alliance/dpa/T. Silz
Gelegentliche Ausraster
Bei allem Charme und Witz - immer wieder gehen Klopp an der Seitenlinie auch mal die Gäule durch - wie hier 2010 bei einem Disput mit dem Vierten Offiziellen, Schiedsrichter Stefan Trautmann. "Ich habe mich über mich selbst erschrocken, das war nicht in Ordnung", sagt Klopp, nachdem er dieses Foto gesehen hat.
Bild: picture-alliance/augenklick/firo Sportphoto
Glücklich verheiratet
Seit 2005 ist Klopp in zweiter Ehe mit seiner Frau Ursula verheiratet. Beide haben je einen Sohn aus früherer Ehe. "Ich wäre nicht im Ansatz derjenige, der ich bin, wenn es meine Frau nicht gäbe", verrät Klopp einmal der Zeitschrift "Gala": "Ich wäre nicht ein solch zufriedener Mensch." Seine "Ulla", so Klopp, möge auch seinen Bart, ein weiteres seiner Markenzeichen.
Bild: picture-alliance/dpa/M. Brandt
Das Ende der Geheimratsecken
"Wir haben mit unseren Söhnen und einem Freund, der Arzt ist, zusammengesessen und darüber gesprochen, was man an sich ändern würde, wenn man könnte", sagt Klopp hinterher. Dem BVB-Trainer missfallen seine Geheimratsecken, also lässt er sie sich sich per Haartransplantation verkleinern. Und er redet 2013 offen darüber: "Ich finde, das Ergebnis ist ganz cool geworden, oder?"
2013 hat Klopp die Chance, seinen ersten internationalen Titel zu holen und dann gleich in der Champions League - im Finale im Wembleystadion in London gegen den deutschen Rivalen FC Bayern. Der BVB verliert unglücklich mit 1:2, der Siegtreffer der Münchener durch Arjen Robben fällt in der vorletzten Minute. Klopp ist als Tröster gefordert.
Bild: picture alliance/augenklick
Tschüss, BVB!
Mitte 2014 wird der BVB zum zweiten Mal in Serie Vizemeister, danach beginnt die Krise. Nach 18 Spieltagen steht Dortmund auf dem letzten Tabellenplatz. Klopp wirkt erschöpft. Immerhin führt er das Team noch als Siebter in die Europa League und ins DFB-Pokalfinale 2015, das der BVB gegen Wolfsburg mit 1:3 verliert. Zu diesem Zeitpunkt hat Klopp bereits seinen Abschied aus Dortmund verkündet.
Bild: Reuters/Ina Fassbender
"The Normal One"
Klopps "Sabbatjahr" dauert nur fünf Monate. Im Oktober 2015 wird er als neuer Teammanager des FC Liverpool vorgestellt. Angesprochen auf den Ausspruch "I'm the Special One" des portugiesischen Star-Trainers Jose Mourinho, antwortet Klopp: "Ich war ein durchschnittlicher Spieler, und in Mainz habe ich als durchschnittlicher Trainer angefangen. Man könnte sagen: I'm the Normal One."
Bild: Getty Images/A. Livesey
Liebling der Fans
Wie in Mainz und in Dortmund fliegen ihm auch in Liverpool die Herzen der Fans zu. Klopp lässt die "Reds" attraktiven Offensivfußball spielen - und formt, wie einst beim BVB, neue Stars. So reift Mohamed "Mo" Salah unter Klopp zu einem Weltklassespieler. Mit 32 Treffern bricht der Ägypter den Torrekord der Premier League und wird zum "Spieler der Saison 2017/18" gekürt.
Bild: picture-alliance/dpa/B. Thissen
Am Pokal vorbei
Wieder "nur" die Medaille für den zweiten Platz. Das Champions-League-Finale 2018 gegen Real Madrid ist Klopps drittes Endspiel mit dem FC Liverpool, das er verliert - wie zuvor die beiden Finals im Jahr 2016, im Ligapokal und in der Europa League. "Wir hatten kein Spielglück", sagt er hinterher. "Es geht mir nicht wahnsinnig gut."
Bild: Getty Images/S. Botterill
Champions-League-Sieger und Welttrainer
Und dann schnappt sich Klopp doch den Champions-League-Pokal. Liverpool gewinnt 2019 das "englische Finale" gegen Tottenham Hotspur mit 2:0. Mit dem Triumph in Madrid besteigt der Klub den europäischen Fußball-Thron, und sein deutscher Trainer besiegt endlich seinen "Endspiel-Fluch". Die FIFA kürt Klopp später zum "Welttrainer des Jahres".
Bild: picture-alliance/dpa/J. Woitas
Premier-League-Triumphator
Für die Fans der "Reds" ist es das Sahnehäubchen, der "Heilige Gral", wie eine Liverpooler Zeitung schreibt: Nach 30 Jahren Durststrecke wird der FC Liverpool unter Klopp 2020 wieder englischer Meister - sieben Spieltage vor Saisonschluss der Premier League.
2022 erreicht Liverpool unter Klopp erneut das Finale der Champions League, findet beim Endspiel in Paris aber seinen Meister in Real Madrid. Kleiner Trost sind zwei nationale Titel: Die "Reds" schaffen das "Pokal-Double" auch FA-Cup und Liga-Cup. Danach geht die Leistungskurve nach unten. Anfang 2024 verkündet Klopp seinen Abschied aus Liverpool. Zu diesem Zeitpunkt ist der Klub Tabellenführer.