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Politik

Jamaika im Blick

Nina Werkhäuser
18. Oktober 2017

Dreieinhalb Wochen nach der Bundestagswahl haben die Sondierungsgespräche zur Bildung einer Jamaika-Koalition begonnen. Nach ihrem ersten Gespräch lobten CDU, CSU und FDP die "konstruktive Atmosphäre".

Jamaika-Sondierungen starten CDU FDP
Bild: picture-alliance/dpa/M.Kappeler

Beim ersten Treffen ging es vor allem um Atmosphärisches: Erstmals saßen die Unterhändler von CDU, CSU und FDP an einem Tisch und gaben sich alle Mühe, ein gutes Gesprächsklima zu schaffen. Es sei ein "sehr konstruktiver, guter Austausch", gewesen, betonte CDU-Generalsekretär Peter Tauber anschließend. "Nach diesem ersten Gespräch haben wir ein gutes Gefühl."

Da die inhaltlichen Differenzen zwischen den beteiligten Parteien teilweise erheblich sind, maßen alle Beteiligten einer konstruktiven Atmosphäre einen besonderen Stellenwert zu. FDP-Generalsekretärin Nicola Beer lobte das "sachliche und lösungsorientierte" erste Gespräch. Zwischen Berlin und Jamaika lägen etwa 8.500 Kilometer, sagte Beer, und die ersten Schritte auf diesem Weg seien gut gelaufen. Das Gespräch sei "von gegenseitigem Respekt und von Freude" geprägt gewesen, betonte auch CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. "Wir haben das Visier des Wahlkampfs aufgeklappt."  

Zunächst in kleiner Runde

Um das erste Treffen nicht zu überfrachten, hatten die drei Parteichefs Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Christian Lindner (FDP) jeweils nur einige Spitzenvertreter ihrer Parteien mitgebracht. Insgesamt saßen 18 Politiker am Verhandlungstisch in den Räumen der Parlamentarischen Gesellschaft gegenüber dem Reichstag - und sprachen gut zwei Stunden lang über Organisatorisches, aber auch schon über Inhalte, ohne hinterher Einzelheiten zu nennen.

Rechts das Reichstagsgebäude, links die Parlamentarische Gesellschaft, wo die Sondierungsgespräche stattfindenBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Vor dem ersten Sondierungstreffen hatte es Misstöne gegeben, weil FDP-Chef Christian Lindner davor gewarnt hatte, der CDU wie bisher das Finanzministerium zu überlassen. Wenn Kanzleramt und Finanzministerium in einer Hand seien, dann werde "durchregiert", hatte Lindner in einem Zeitungsinterview moniert. Daher sei alles besser als ein CDU-Finanzminister. Eine Forderung, die Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) zurückgewiesen hatte - über Personalfragen werde am Schluss der Gespräche verhandelt und nicht am Anfang.

Inhaltliche Differenzen

Vergleichbare Gespräche zwischen Konservativen und Liberalen gab es zuletzt vor acht Jahren, als die Mehrheiten für eine schwarz-gelbe Bundesregierung reichten. Doch für die FDP endete diese Koalition mit einem Desaster - sie flog aus dem Bundestag, in den sie sich nach einer personellen Erneuerung mit 10,7 Prozent der Stimmen nun wieder zurückgekämpft hat. Jetzt ist sie darauf bedacht, ihre Kernforderungen - etwa eine spürbare steuerliche Entlastung der Bürger - nicht preiszugeben.

Das gilt auch für die Grünen, die ihren Wählern einen besseren Klimaschutz und den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor versprochen haben. Die CSU wiederum pocht auf eine Begrenzung der Zuwanderung nach Deutschland und ist gegen eine Ausweitung des Familiennachzugs für hier lebende Flüchtlinge, den die Grünen fordern. "Mit den Grünen wird es ein größeres und härteres Werkstück werden, mutmaßte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer nach dem Treffen von CDU und CSU mit der FDP, auf das ein erstes Treffen der Unionsparteien mit den Grünen folgte.  

Eine Vertrauensbasis finden

Die Annäherung der ungleichen Partner vollzieht sich in kleinen Schritten: Am Vorabend hatte CSU-Chef Horst Seehofer erstmals die Parteizentrale der Grünen in Berlin besucht. "Er hat's überlebt", scherzte Grünen-Chef Cem Özdemir nach dem Besuch. Am Mittwochvormittag hatte Seehofer sich außerdem mit FDP-Chef Christian Lindner getroffen. Es seien Kennenlern-Besuche gewesen, wie dies "zum guten Anstand" gehöre. Am Donnerstag wollen sich die beiden kleineren Parteien, FDP und Grüne, ohne die Union austauschen. Für Freitag ist dann ein erstes Treffen aller vier Parteien mit ihren vollständigen Sondierungsteams geplant.

Strebt eine vierte Amtszeit in einem neuen Bündnis an: Angela Merkel, hier aus Pappe mit einer Jamaika-FlaggeBild: DW/N. Jolkver

Und welche Strategie verfolgt Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel, die die Gespräche leitet? Sie wolle fair verhandeln, gehe in die Sondierungen aber auch "mit dem Selbstverständnis, dass wir die stärkste Kraft sind". Politiker aller beteiligten Parteien haben gewarnt, der Weg zum ersten Jamaika-Bündnis auf Bundesebene könne lang und beschwerlich werden. Merkel rechnet mit einer Sondierungsphase von mehreren Wochen, bevor die eigentlichen Koalitionsverhandlungen beginnen. Diese könnten sich bis zum Jahresende oder sogar darüber hinaus hinziehen. 

Zum Erfolg verdammt? 

Unterdessen hat die SPD bekräftigt, dass sie im Fall des Scheiterns der Jamaika-Gespräche nicht erneut in eine große Koalition eintreten wolle. "Wir stehen nicht als Rückfalloption oder Reserve für die CDU zur Verfügung", sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Carsten Schneider am Mittwoch in Berlin. Im Zweifel müsse es Neuwahlen geben.

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