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Politik

"Jamaika" will solide Haushaltspolitik

Nina Werkhäuser
25. Oktober 2017

Die Kennenlern-Phase ist vorbei, nun geht es ans Eingemachte: Erstmals berieten CDU/CSU, Grüne und FDP über das Thema Finanzen. Die Wünsche sind größer als das Budget, doch neue Schulden sollen nicht gemacht werden.

Deutschland Jamaika-Koalition Sondierungsgespräche | Angela Merkel, CDU
Bei den Sondierungsgesprächen in der Parlamentarischen Gesellschaft stand die Finanzpolitik in MittelpunktBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Eigentlich ist es ja erfreulich für die potenziellen Jamaika-Koalitionäre, dass die Steuereinnahmen sprudeln und die Kassen des Bundes gut gefüllt sind. Die solide Haushaltslage - Fachleute rechnen mit einem Überschuss von mindestens 30 Milliarden Euro - weckt aber auch Begehrlichkeiten: Wofür soll das Geld verwendet werden? Für Steuersenkungen, wie die FDP sie fordert? Oder doch eher für Investitionen in die  marode Infrastruktur, Schulen und die Digitalisierung, bei der Deutschland weit hinter anderen Industrieländern zurückliegt? In jedem Fall sind die Fragen so komplex, dass die Unterhändler der vier Parteien CDU, CSU, FDP und Grüne mehrere Stunden in der Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin darüber berieten - und sich zwischendurch mit Maronensuppe, Fleischbällchen und Maultaschen stärkten.   

"Schwarze Null" soll stehen

Zwar waren die Verhandlungen nur der erste Aufschlag zum schwierigen Thema "Haushalt und Finanzen", es zeichneten sich aber bereits Kompromisslinien ab: Einigkeit besteht darüber, dass der Bund keine neuen Schulden aufnimmt. Die sogenannte "schwarze Null", die der bisherige Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) eisern verfochten hatte, soll weiterhin Leitlinie der deutschen Finanzpolitik sein. Die Grünen erklärten aber vor Beginn der Gespräche, dass die schwarze Null "keinen Eigennutz" habe. Unterhändler Jürgen Trittin betonte für seine Partei, dass die schwarze Null niemandem nütze, wenn es nicht mehr bezahlbare Wohnungen in Deutschland gebe oder Missstände im Pflegebereich beseitigt würden.

Fordert die Abschaffung des Solidaritätszuschlags: FDP-Chef Christian LindnerBild: picture-alliance/dpa/R. Hirschberger

Wahlversprechen und Wirklichkeit

Während die Grünen Investitionen im sozialen Bereich als zentral ansehen, ist für die FDP eine steuerliche Entlastung der Bürger nicht verhandelbar. Die Liberalen fordern, den Solidaritätszuschlag abzuschaffen - eine Steuer, die nach der Wiedervereinigung für den Aufbau Ost eingeführt wurde, die inzwischen aber auch für andere Zwecke verwendet wird. Werde der Soli nicht abgeschafft, gebe es keine gemeinsame Koalition, heißt es in der FDP.

Im Gespräch ist anscheinend das Kompromiss-Modell, den "Soli" zunächst nur für niedrige und mittlere Einkommen abzuschaffen, um kein allzu großes Loch in die Kasse zu reißen. Denn in der Summe kosten die Wünsche der Parteien deutlich mehr, als Geld vorhanden ist. Im Wahlkampf haben die Parteien einer potenziellen Jamaika-Koalition ihren Wählern vieles versprochen - von einer besseren Bildung über Investitionen in die Infrastruktur bis hin zur Unterstützung von Kindern und Familien. All das verschlingt Milliarden aus dem Haushalt.  

Wer bekommt das Finanzministerium?  

Zwar soll über die Kabinettsposten erst am Ende der Verhandlungen entschieden werden, aber kein Ministeramt ist so begehrt wie das des Hüters der Staatskasse. Kaum hatte die CDU ihre Ansprüche angemeldet, widersprach die FDP: Es sei besser, wenn eine der anderen Parteien den Finanzminister stelle. Wenn sowohl das Kanzleramt als auch das Finanzministerium in der Hand der CDU seien, befürchtet FDP-Chef Christian Lindner, werde "durchregiert". Die Grünen betonten sogleich, es sei keineswegs ausgemachte Sache, dass die FDP den Finanzminister stellen werde - und meldeten ebenfalls Interesse an.

Nachtsitzung in der Parlamentarischen Gesellschaft: Erst ging es um die Finanz-, dann um die Europapolitik Bild: picture-alliance/dpa/R. Hirschberger

Einen "klaren Dissens" ...

... gab es beim Thema Europa, über das nach dem Steuer- und Finanzbereich gesprochen wurde. "Wir wollen keinen EU-Beitritt der Türkei. Wir wollen den Abbruch der Verhandlungen darüber", sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. Dem widersprach Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner: "Das Abbruchsignal ist das Falsche", meinte er. Für die nächsten Beratungen der Parteispitzen am Donnerstag soll nun ein Kompromisspapier erarbeitet werden.

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