Jamaika-Gespräche steuern auf Deadline zu
18. November 2017Nach der Verlängerung der Sondierungen über eine mögliche Regierungskoalition haben sich die Jamaika-Unterhändler von CDU, CSU und FDP und die Grünen bis spätestens Sonntagabend eine Frist für eine Lösung gegeben. "Allen Beteiligten ist klar, dass wir Sonntag um 18.00 Uhr die Sache abschließen müssen", sagte FDP-Vize Wolfgang Kubicki am Freitag nach Beratungen in Berlin.
"Schwachsinn, Unsinn"
Auch CSU-Chef Horst Seehofer dringt auf eine Entscheidung möglichst an diesem Sonntag. "Wir haben das Ziel, dass wir am Sonntag fertig werden. Die Bevölkerung hat jetzt die Erwartung und auch den Anspruch darauf zu wissen, ob eine Regierungsbildung möglich ist oder nicht", sagte Seehofer der Deutschen Presse-Agentur. Zu Gerüchten über einen angeblichen Machtkampf zwischen ihm und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt in den Sondierungsgesprächen äußerte sich Seehofer deutlich: "Vollkommener Blödsinn, Schwachsinn, Unsinn."
Dobrindt selbst sagte, er hoffe trotz der vielen offenen Streitpunkte zwischen den Parteien auf einen Erfolg der Sondierungsgespräche. Die Lage sei aber "schwierig". Mit den beiden Themen Klimapolitik und Zuwanderung lägen am Samstag die "dicken Klopfer" auf dem Tisch, so Dobrindt und er ergänzte: "Wenn sich eine Chance auftut, sind wir bereit die zu ergreifen, aber es geht nichts um jeden Preis."
Union, FDP und Grüne hatten es in der Nacht auf Freitag entgegen vorheriger Planungen und Absprachen nicht geschafft, die Sondierungsgespräche zu beenden. Große Streitpunkte sind neben der Flüchtlings- und Klimapolitik der Bereich Finanzen. Besonders zwischen der CSU und den Grünen hatte es wiederholt gekracht, Hauptstreitpunkt ist der Familiennachzug für Flüchtlinge. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte, für ihn sehe es nicht danach aus, dass in der Zuwanderungsfrage eine Einigung gelingen könne.
SPD warnt vor großem Schaden
SPD-Chef Martin Schulz fürchtet nach eigenen Worten, dass eine Jamaika-Koalition unter Führung Merkels Europa schweren Schaden zufügen wird. Es gebe dramatische Widersprüche in der Europa-Politik von CDU, CSU, FDP und Grünen. Deutschland werde als Partner des mutigen französischen Präsidenten Emmanuel Macron ausfallen, sagte der frühere EU-Parlamentspräsident bei einem Auftritt in Berlin.
Die Sozialdemokraten hatten sich nach dem desaströsen Ergebnis bei der Bundestagswahl im September dazu entschlossen, in die Opposition zu gehen und die große Koalition mit der CDU nicht mehr fortzusetzen. Die SPD hatte mit 20,5 Prozent der Stimmen ihr zweitschlechtestes Ergebnis der Nachkriegsgeschichte eingefahren.
haz/qu (dpa, afp, rtr)