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Politik

Janukowitsch vor Gericht

Dmytro Hubenko
3. Mai 2017

Vor einem Kiewer Bezirksgericht beginnt das Verfahren gegen den nach Russland geflohenen Ex-Präsidenten Viktor Janukowitsch. Vorgeworfen wird ihm Landesverrat. Das sind die wichtigsten Informationen zu dem Fall.

Janukowitsch PK in Rostow 28.02.2014
Bild: Reuters

Am 11. April 2017 gab das Gericht im Kiewer Stadtbezirk Obolon bekannt, es werde am 4. Mai das Verfahren wegen Landesverrats gegen den ehemaligen ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch eröffnen. Die Anklageschrift gegen Janukowitsch hatte die Militärstaatsanwaltschaft dem Gericht bereits am 14. März dieses Jahres übergeben.

Was wird Janukowitsch vorgeworfen?

Der ehemalige Präsident Viktor Janukowitsch wird des Landesverrats beschuldigt. Ihm wird vorgeworfen, Handlungen unterstützt zu haben, die zum Ziel hatten, das Staatsgebiet und die Staatsgrenzen der Ukraine zu verändern. Auch wird ihm Beihilfe zur Durchführung eines Angriffskrieges zur Last gelegt. Auf der Webseite der Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine heißt es, dass Janukowitsch "Landesverrat begangen hat, indem er der Russischen Föderation und ihren Vertretern dabei behilflich war, die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine zu verletzen". Dabei habe er die Hoffnung gehegt, von den Behörden der Russischen Föderation Unterstützung und Schutz zu erhalten. Er habe sich in diesem Land langfristig aufhalten wollen, um sich einer strafrechtlichen Verantwortung in der Ukraine zu entziehen.

Welche Strafe droht dem Ex-Präsidenten?

Landesverrat wird in der Ukraine mit einer Haftstrafe zwischen zehn und 15 Jahren geahndet. Eine eben solche Strafe wird wegen Unterstützung eines Angriffskrieges oder aggressiver militärischer Aktionen verhängt.

Was sind die Beweise?

Die wichtigsten Beweise sind Viktor Janukowitschs Briefe an den russischen Präsidenten Wladimir Putin und den Föderationsrat Russlands. Darin bittet er, russische Truppen in die Ukraine zu entsenden. Dem Generalstaatsanwalt der Ukraine, Jurij Luzenko, zufolge liegt der ukrainischen Militärstaatsanwaltschaft eine vom UN-Sekretariat beglaubigte Kopie eines solchen Schreibens von Janukowitsch an Putin vor, das bei der Sitzung des UN-Sicherheitsrates am 3. März 2014 vom russischen Vertreter Witalij Tschurkin präsentiert wurde. Andere Beweismittel in dem Strafverfahren sind nach Angaben der Militärstaatsanwaltschaft Zeugenaussagen, Gegenstände, Dokumente, Experteneinschätzungen sowie Video- und Fotomaterial.

Viktor Janukowitsch zu Besuch bei Wladimir Putin in dessen Residenz Nowo-Ogarjowo bei MoskauBild: AP

Wer sind die Zeugen?

Insgesamt wurden in diesem Fall mehr als 100 Zeugen befragt. Einer von ihnen war der ehemalige Abgeordnete der Staatsduma der Russischen Föderation, Denis Woronenkow. Ende März 2017 wurde er von einem mutmaßlichen Auftragsmörder in der Kiewer Innenstadt erschossen. Der Militärstaatsanwaltschaft zufolge war Woronenkow aber nicht wichtiger als die anderen Zeugen. Sein Tod werde sich daher nicht entscheidend auf den Prozess auswirken.

Welche Position vertritt Janukowitschs Verteidigung?

Janukowitschs Verteidigung hält es für gesetzwidrig, dass das Verfahren wegen Landesverrats einem Gericht übertragen wurde. Nach Ansicht des Anwalts Witalij Serdjuk besteht gar keine Rechtsgrundlage für eine Prüfung der Sache. Denn Janukowitsch habe keinen Bescheid erhalten, mit dem er darüber informiert worden wäre, welcher Verdacht gegen ihn besteht. Im November 2016 hatte der ukrainische Generalstaatsanwalt Jurij Luzenko lediglich während einer Vernehmung Janukowitschs per Video-Schalte den Ex-Präsidenten mündlich informiert, dass er des Landesverrats verdächtigt werde. In schriftlicher Form wurde Janukowitsch aber nicht unterrichtet. Vernommen wurde damals Janukowitsch im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen Angehörige der inzwischen aufgelösten Sonderpolizei Berkut, die während der Proteste auf dem Kiewer Maidan im Februar 2014 gegen Demonstranten eingesetzt wurde. Janukowitschs Anwalt Witalij Serdjuk wies ferner darauf hin, dass die Verteidigung zahlreiche Verfahrensmängel dokumentiere, um sie dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vorzulegen.

Ort des Gedenkens in Kiew - Portraits von Todesopfern des Blutbads auf dem Maidan Bild: Reuters/V. Ogirenko

In welche Strafsachen ist Janukowitsch noch verwickelt?

Viktor Janukowitsch taucht noch in weiteren Verfahren auf, darunter in der "Maidan-Sache”. In dem Fall wird untersucht, wer zwischen November 2013 und Februar 2014 befohlen hatte, gegen die Teilnehmer der Massenproteste unverhältnismäßige Gewalt anzuwenden und Schusswaffen einzusetzen. In einem weiteren Fall wird Janukowitsch verdächtigt, eine kriminelle Vereinigung gebildet und angeführt zu haben, mit dem Ziel, schwere oder besonders schwere Verbrechen zu begehen. Ferner taucht Janukowitsch als Verdächtiger im "Fall Meschyhirja” auf, in dem es um die umstrittene private Residenz des Ex-Präsidenten geht. Zudem wird er als Verdächtiger im "Fall Ukrtelecom” geführt, bei dem es um die Unterschlagung von staatlichen Mitteln in Höhe von 220 Millionen Hrywnja (mehr als sieben Millionen Euro) geht, die für ein Telekommunikationssystem der Regierung bestimmt gewesen waren.

Nicht mehr auf der Interpol-Liste

Unterdessen hat Interpol am 3. Mai Janukowitsch von der Fahndungsliste gestrichen. Die internationale Polizeibehörde kam damit einem Ersuchen der britischen Anwaltskanzlei Josef Hague Aaronson nach, die Janukowitsch vertritt. Das bestätigte das Kiewer Interpol-Büro der Internetseite Ukrajinska Prawda. Die Vorwürfe gegen den Ex-Staatschef und seinen ältesten Sohn Alexander seien politisch motiviert, und es mangele an Beweisen.

Die Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine will gegen diese Entscheidung Berufung einlegen. Janukowitsch sei nicht wegen Mängeln oder Unregelmäßigkeiten bei den Ermittlungen von der Fahndungsliste gestrichen worden. "Die Interpol-Entscheidung geht auf Mängel in der ukrainischen Gesetzgebung zurück, die vorbeugende Maßnahmen gegen gesuchte Personen und den Status eines Verdächtigen betreffen", so die Behörde. In diesem Zusammenhang solle nun geprüft werden, ob entsprechende Gesetzesänderungen möglich seien.

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