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Reise

Japan feiert die Kirschblüte

24. März 2019

Die Tradition aus dem 12. Jahrhundert, mit dem Kirschblütenfest den Frühlingsanfang zu begrüßen, ist nach wie vor lebendig. Es ist die beste Zeit, den oft zurückhaltenden Japanern und ihrer Lebensweise näher zu kommen.

Japan Kirschblütenfest Kischblüte
Bild: Getty Images/K. Nogi

Für eine so kleine und zarte Blume hat die Kirschblüte in Japan eine sehr große Bedeutung. Nach dem langen grauen Winter werden die blassrosa Blüten, die den Frühling ankündigen, im ganzen Land mit Spannung erwartet.

In den Wochen davor werden die tragbaren Karaokemaschinen abgestaubt und Unternehmer lassen die besten Plätze für die jährlichen Hanami-Feiern reservieren - ein Ritual, das seine Wurzeln bis zu den Samurai der Kamakura-Zeit im 12. Jahrhundert hat. Damals hielten die kaiserlichen Höflinge inne, um die zarten rosa Kirschblüten, die als Sakura bekannt sind, zu bewundern, bevor sie sich unter den Bäumen zu Picknick und Poesiedarbietungen versammelten.

Kirschblüte im Kaiserlicher Park Shinjuku, TokioBild: Reuters/I. Kato

Die Blüten, die Inspiration für tausende Gedichte waren, werden auch ein Jahrtausend später noch verehrt. Hanami bedeutet wörtlich "Blüten betrachten", also dass, was man beim Picknick unter den Kirschbäumen immer vor Augen hat. Unter den eleganten rosa Blüten bereiten Schulklassen, Nachbarschaftsvereine und Familien ihr Essen und Getränke aus, auf einer typischerweise kräftig blauen Plane.

Japan im Ausnahmezustand

Es ist die beste Zeit, Japan zu bereisen. Zur Zeit der Kirschblüte ist der durchschnittliche Japaner, der oft aus Angst vor Beleidigung oder Gesichtsverlust zurückhaltend und schüchtern wirkt, entspannter.

Während der Kirschblüte werden Benimmregeln vernachlässigt und ein Passant wird möglicherweise eine leicht betrunken ausgesprochene Einladung erhalten, sich den Feierlichkeiten einer Gruppe anzuschließen. So eine Gelegenheit sollte man sich nicht entgehen lassen. Und keine Angst vor der Sprachbarriere; der Alkohol und das allgemeine Wohlwollen werden so ziemlich jede Situation retten.

Die Kirschblüte gehört zu den typisch japanischen Klischees, wie der Berg Fuji und die Geisha. Ihre Blütenphase wird mit fast religiösem Eifer verfolgt. Zeitungen und Fernsehnachrichtensendungen vermelden sorgfältig den Beginn und das Fortschreiten der Blütezeit, wobei Kommentatoren die Bedeutung einer frühen oder späten Kirschblüte erläutern.

Kirschblütenpracht vor der Skyline von TokioBild: Getty Images/T. Ohsumi

In den ersten beiden Aprilwochen - wenn das Wetter gut ist und die Bäume ihre Blüten behalten - werden einige der größten öffentlichen Parks in und um Tokio und sogar Friedhöfe zu Schauplätzen eines großen Spektakels, bei dem der Anfang vom Ende des Winters gefeiert wird und der Beginn eines neuen Geschäfts- und Schuljahres.

Und dann, wenn die letzte Blüte verschwunden ist, kehrt Japan zurück zur Normalität. Die Zeit, öffentlich aus sich herauszugehen, ist so kurz wie die Blüte der Kirschbäume.

Überall in Japan findet man Orte, an denen Hanami-Parties stattfinden, aber hier ein paar Beispiele.

Ueno-Park in Tokio

Picknick im Ueno-ParkBild: JNTO

Die weitläufige öffentliche Parkanlage, im Nordosten der Hauptstadt, war einst Teil des Kan’ei-ji-Tempels und wurde 1873 zum ersten Park im westlichen Stil. Es gibt eine Reihe von Museen auf dem Gelände, die während der Kirschblütenzeit jedoch kaum besucht werden.

Mitten durch den Park führt eine breite, von Kirschbäumen gesäumte Allee mit Ästen, die sich in Kopfhöhe treffen und den Eindruck vermitteln, durch einen rosafarbenen Tunnel zu schreiten. Hanami-Feiernde breiten auf beiden Seiten der Allee ihre Planen aus, singen und trinken bis weit in den Abend. Da überrascht es dann auch nicht, wenn man einen Geschäftsmann sieht, der in seinem dunklen Anzug, bedeckt mit heruntergefallenen rosa Blütenblättern, eingeschlafen ist.

Negishi Shinrin Park in Yokohama

Das Gelände im Süden von Yokohama im Stadtteil Negishi wurde ursprünglich als Pferderennbahn genutzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte das US-Militär hier ein riesiges Fahrzeugdepot, bevor es in den 70er Jahren an die Stadt zurückgegeben und in einen Park umgewandelt wurde.

Im gesamten Park soll es mehr als 350 Kirschbäume geben, die meisten reihen sich entlang eines sanft abfallenden Hügels auf. Andere befinden sich am Ufer des Sees und in der Nähe der verfallenen Tribüne, die als einziges Zeugnis der früheren Nutzung erhalten geblieben ist. Ein besonders bei Familien beliebter Ort, die an Wochenenden schon früh am Morgen kommen, um ihr Hanami-Festgelände abzustecken.

Philosophenweg in Kyoto

Nachdenken unter Kirschblüten auf dem PhilosophenwegBild: DW/J. Ryall

Der zwei Kilometer lange Weg verbindet den "Tempel des Silbernen Pavillons" mit dem Stadtteil Nazenji im Norden der alten Hauptstadt Japans. Die Route folgt einem schmalen Kanal, der von hunderten von Kirschbäumen und kleineren Tempeln und Schreinen gesäumt wird.

Der Philosophenweg trägt seinen Namen zu Ehren von Nishida Kitaro, einem der berühmtesten Philosophen Japans, der auf seinem täglichen Weg zur Universität von Kyoto hier meditierte.

Japanisches Münzamt in Osaka

Wahrzeichen hinter Blütenmeer - Burg OsakaBild: JNTO/Osaka Convention & Tourism Bureau

Bei der Münzprägeanstalt denkt man nicht unbedingt an einen geeigneten Ort, um Kirschblüten zu bewundern, aber die Anlage befindet sich am Yodo-Fluss und öffnet ihre Pforten jedes Frühjahr für Hunderte von Kirschblütenpilgern.

Auch hier gibt es über 300 Kirschbäume und nicht weniger als 134 verschiedene Arten. Das heißt, dass die Party dank früh und spät blühender Arten eher beginnt und länger dauert als anderswo in Japan.