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Japan: Greenwashing mit Flüssiggas?

22. Mai 2025

Japan ist weltweit führend bei der Finanzierung von Erdgasprojekten und führt gleichzeitig ein Forum in Asien an, das einen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen fordert.

Japan Kitakyushu 2023 | LNG-Terminal der Hibiki LNG Co. in der Präfektur Fukuoka
LNG-Terminal in Kitakyushu, JapanBild: Koji Nakayama/AP Photo/picture alliance

Japan gehört weltweit zu den größten öffentlichen Geldgebern für die Förderung von Gas und Öl – und das, obwohl das Land auf dem G7-Gipfel 2022 zugesagt hatte, jegliche derartige Finanzierung fossiler Brennstoffe einzustellen.

Von 2013 bis 2024 stellten japanische öffentliche Finanzinstitute laut einem Bericht der südkoreanischen Organisation Solutions for Our Climate (SFOC) Investitionen im Wert von 93 Milliarden US-Dollar (82 Milliarden Euro) für Öl- und Gasprojekte bereit. Davon entfielen 56 Milliarden US-Dollar auf Entwicklungsprojekte für Flüssigerdgas (LNG).

Im gleichen Zeitraum wurden dem Bericht zufolge 24,5 Milliarden US-Dollar für Projekte im Bereich der so genannten sauberen Energie bereitgestellt.

"Japans internationaler Einfluss in der Energiefinanzierung, insbesondere im Bereich fossiler Brennstoffe, ist enorm", sagte Walter James, ein privater Berater, der sich auf Japans Klima und Energiepolitik konzentriert, gegenüber der DW. "Er erstreckt sich über die gesamte Lieferkette fossiler Brennstoffe (…) von der Exploration, Produktion und dem Transport bis hin zur tatsächlichen Nutzung und den Kraftwerken."

Das US-amerikanische Forschungszentrum Institute for Energy Economics and Financial Analysis (IEEFA) sieht das "japanische Modell" für LNG-Investitionen als jahrzehntelange politische Entwicklung Japans hin zur Förderung ausländischer Direktinvestitionen in LNG-Exportprojekte. Japan ist damit zum Hauptantreiber der LNG-Entwicklung im asiatisch-pazifischen Raum geworden.

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Ein Bericht des IEEFA besagt, dass Japan in zweierlei Hinsicht profitiert: durch einen besseren Zugang zur LNG-Versorgung für seinen heimischen Energiebedarf und durch einen verbesserten Zugang zu Nachfragezentren, an denen Japan überschüssiges LNG weiterverkaufen kann.

Japans LNG-Weiterverkäufe in Überseemärkte haben Rekordhöhen erreicht, was auf eine Verschiebung seiner Rolle auf dem globalen LNG-Markt hindeutet – vom Verbraucher zum Exporteur, heißt es im IEEFA-Bericht.

Ein weiterer IEEFA-Bericht zeigt australisches LNG als wichtigste Bezugsquelle für japanische LNG-Lieferungen in Drittländer.

Gleichzeitig ist Japan auf Energieimporte angewiesen, um seine Wirtschaft anzutreiben, und hat kaum Zugang zu fossilen Brennstoffen im Inland. Öl, Kohle und Flüssigerdgas machen mehr als 83 Prozent des japanischen Primärenergiemixes aus, wie aus Daten der Asia Natural Gas and Energy Association hervorgeht.

Japanisches "Greenwashing" mit LNG?

Nachdem Japan auf dem G7-Gipfel 2022 zugesagt hatte, die Finanzierung fossiler Brennstoffprojekte einzustellen, gründete es mit Partnerländern in Asien die Asia Zero Emission Community (AZEC), um eine Plattform für die Zusammenarbeit im Bereich "Netto-Null-Emissionen in der Region Asien" zu schaffen.

Im August 2024 wurden insgesamt 70 Absichtserklärungen (Memorandums of Understanding, MoUs) mit elf Nationen unterzeichnet, darunter Australien, Brunei, Kambodscha, Indonesien, Laos, Malaysia, die Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam.

Viele der Projekte konzentrieren sich jedoch auf die Entwicklung von Erdgas-, Ammoniak- und CCS-Technologien (Carbon Capture and Storage). Diese Technologie soll helfen, Treibhausgasemissionen zu verringern.

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LNG gilt dabei als "Übergangsbrennstoff" für Japans Partnerländer in der AZEC. Eine Studie der Cornell University aus dem Jahr 2024 ergab jedoch, dass LNG, wenn man Verarbeitung und Transport mit einberechnet, 33 % mehr Emissionen verursacht als Kohle.

Schlupflöcher in Japans G7-Versprechen ermöglichen Investitionen in LNG-Projekte, obwohl diese zu Treibhausgasemissionen beitragen, so Hiroki Osaka, Entwicklungsfinanzierungs- und Umweltaktivist bei der NGO Friends of the Earth Japan.

Osaka erklärte, Tokios Versprechen beziehe sich auf "unverminderte fossile Projekte". Wenn Länder also entscheiden, die Projekte zu "vermindern", wie etwa Projekte mit CCS-Einsatz, können sie durchgeführt werden.

"Unvermindert" bezieht sich auf die Nutzung fossiler Brennstoffe ohne Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen, wie etwa CCS. Bei verminderten fossilen Brennstoffen hingegen werden Maßnahmen zur Emissionsreduzierung eingesetzt.

"Das ist eine Form von Greenwashing", sagte Osaka gegenüber der DW. "Ein weiteres Schlupfloch besteht darin, dass die Projekte – selbst wenn sie als 'unvermindert' gelten – gerechtfertigt sind, wenn sie behaupten, sie seien mit dem 1,5-Grad-Energieplan des Paris-Abkommens vereinbar oder für Energiesicherheit und Diplomatie notwendig."

Indonesien als Beispiel

Indonesien unterzeichnete im November 2022 auf dem G20-Gipfel - unter Führung der USA und Japans - eine Vereinbarung zur Mobilisierung von 20 Milliarden US-Dollar an öffentlichen und privaten Mitteln für die Energiewende.

Laut Osaka hat Japan bei der Ausarbeitung des langfristigen Energieplans Indonesiens mitgewirkt, sodass damit eine Nachfrage nach Gas entsteht.

"Es gibt ein großes Potenzial für erneuerbare Energien, und diese sind tatsächlich günstiger und vorteilhafter für ganz Südostasien, während Flüssigerdgas zu teuer ist und im Falle eines Stromausfalls nicht importiert werden kann", sagte er. Erdgas kostet in Indonesien laut Berechnungen des Institute for Essential Services Reform, einem indonesischen Forschungszentrum für Energie- und Umweltpolitik, mehr als erneuerbare Energien.

Indonesien ist zudem der weltweit größte Kohleexporteur, und Kohle macht über 40 % seines Energieverbrauchs aus. Um aus Kohle und Öl auszusteigen, startete Indonesien im März ein 1,5 Milliarden US-Dollar teures Flüssigerdgas-Verteilungsprojekt zur Versorgung von Kraftwerken.

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Wicaksono Gitawon, Politikstratege der indonesischen Nichtregierungsorganisation CERAH, erklärte gegenüber der DW jedoch, dass mehr ausländische Investitionen in Flüssigerdgas Indonesiens künftigen Übergang zu erneuerbaren Energien behindern würden.

"Ich bin überzeugt, dass Japan auf Investitionen in Gas [in Indonesien] verzichten und stattdessen auf erneuerbare Energien setzen sollte", sagte Gitawon.

"Wir haben bereits eine gesicherte Kohleinfrastruktur. Nun drängen sie auf Gas, und Gas ist eine große Investition, daher wäre es eine weitere Blockade. Wenn wir eine Infrastruktur zur Nutzung von Gas in Indonesien etablieren, können wir meiner Meinung nach die Energiewende nicht schaffen."

Energiepolitikberater James sieht, dass Japan danach auch die Nachfrage nach Technologie und Investitionen aus Ländern wie Indonesien befriedigen möchte. "Indonesien hat eigene Strategien zur Energiewende entwickelt, darunter zu Erdgas und Flüssigerdgas, Kohleverbrennung mit Ammoniak und Wasserstoff – all das, wo Japan gerne etwas verkaufen und investieren würde", sagte er.

Das dritte AZEC-Treffen (Asia Zero Emission Community) soll im September in Malaysia stattfinden. 

Aus dem Englischen adaptiert von Shabnam von Hein

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