Japan mit Obamas Besuch zufrieden
27. Mai 2016Präsident Obama hatte im Vorfeld bereits angekündigt, dass er sich nicht entschuldigen werde, wenn er das Denkmal für die zehntausenden Toten des Atombombenabwurfs vor 71 Jahren besuchen werde. Er blieb der Ankündigung während seiner Rede treu. Obama traf dennoch schmalen Grad zwischen zu wenig und zu viel Worten, denn die meisten Japaner waren im Anschluss an den ersten Besuch eines amerikanischen Präsidenten in Hiroshima zufrieden. "Die Mehrheit der japanischen Gesellschaft akzeptierte den Besuch Obamas als persönliche Geste. Sie weiß, dass er durch die heimische US-Politik gewissen Einschränkungen unterworfen ist", sagt Jun Okumura vom Meiji Institute for Global Affairs in Tokio. "Wir wussten vorher, dass es keine Entschuldigung geben wird, aber wir begrüßen die Haltung hinter dem Besuch."
Politische Extreme unzufrieden
Die einzigen, die mit dem Besuch unzufrieden waren, waren kleine Gruppen der extrem Linken und der extrem Rechten, wie Okumura gegenüber der Deutschen Welle bestätigte. Viele Nationalisten glauben, dass der Abwurf der Atombombe eine Art Strafe für das bereits besiegte Japan gewesen sei. Deswegen müsse Japan auch als eines der Hauptopfer des Zweiten Weltkriegs betrachten werden.
Die linke Seite des extremen politischen Spektrums war enttäuscht darüber, dass Obama nicht mit einem dramatischeren Appell zur globalen nuklearen Abrüstung aufwarten konnte. Eine kleine Gruppe von vielleicht 100 Demonstranten forderte im Hiroshima Friedenspark eine vollständige nukleare Abrüstung. Die Kundgebung blieb friedlich. Präsident Obama bekam sie nicht zu Gesicht. Stephen Nagy von der International Christian University in Tokio äußerte sich dazu so: "Die meisten Menschen, mit denen ich gesprochen habe, sind mit dem heutigen Tag zufrieden. Hiroshima und nukleare Abrüstung sind wieder in die internationalen Schlagzeilen gekommen. Trotz der Atombombe können wir heute auf viele gute Entwicklungen, die aus der Freundschaft unserer Länder nach 1945 hervorgegangen sind, zurückblicken."
Abrüstung wichtiger als Entschuldigung
"Ich glaube nicht, dass die meisten Japaner eine Entschuldigung von Präsident Obama wollen", sagte Nagy. "Es ist wichtiger, dass Obama gegen Ende seiner Amtszeit nach Hiroshima gekommen ist und sagt, dass Atomwaffen eine Bedrohung für die gesamte Menschheit sind. Das ist seine Botschaft."
Mehrere Aussagen von Obamas Rede im Friedenspark von Hiroshima können als Kritik an der atomaren Aufrüstung in Japans Nachbarländern, insbesondere in Nordkorea, verstanden werden. "Unter diesen Ländern, die wie die USA Atomwaffen besitzen, müssen wir den Mut haben, uns von der Logik der Angst zu befreien und eine atomwaffenfreie Welt anzustreben", sagte US-Präsident Obama. "Das Ziel können wir vielleicht nicht während meiner Lebzeit erreichen. Aber nur durch hartnäckige Anstrengungen können Katastrophen verhindert werden. Wir müssen unser Denken über den Krieg verändern. Mit Diplomatie können wir Konflikte vermeiden. Konflikte die bereits bestehen, müssen wir zu beenden suchen. Unsere wachsende Abhängigkeit voneinander ist ein guter Grund für friedliche Kooperation und nicht für riskante Konkurrenz. Wir sollten unsere Nationen nicht bewerten nach der Fähigkeit zur Zerstörung, sondern danach, was wir erreicht und aufgebaut haben."
"Irreführende Darstellung"
Nordkorea, das derzeit eigene Atomwaffen und ballistische Raketen entwickelt, kritisierte in einem Leitartikel der staatlich kontrollierten Medien Obamas Besuch. Der Kommentator der nordkoreanischen Nachrichtenagentur vertritt die Ansicht, Obama sei von "wilden Ambition besessen. Er will die Welt mit US-Nuklearwaffen dominieren." Ferner schrieb er, dass die USA die Welt in die Irre geführt hätten. Nordkorea werde eine nukleare Bedrohung genannt, während Washington seinen Atomwaffenbestand vergrößere. "Obamas Reise nach Hiroshima kann die wahren Motive der USA nicht verschleiern. Das Land ist versessen auf Atomwaffen und deren Verbreitung. Das zeigt die Modernisierung des Atomarsenals, die mit dem Schlagwort einer 'Welt ohne Atomwaffen' verbrämt wird", wie der Kommentator hinzufügte. Die Ansichten aus Nordkorea werden in Tokio und Washington sicher ignoriert.
Der Besuch Obamas gilt als weitere Stärkung der ohnehin guten bilateralen Beziehungen. Insbesondere mit Blick auf die stetigen Provokationen aus Pjöngjang. "Die Beziehungen sind bereits gut und Obamas Reise haben sie noch vertieft", ist Okumura sicher. Nagy fügte zustimmend hinzu: "Beide Nationen stehen auf der gleichen Seite, wenn es um Sicherheit, Wirtschaft, und Werte wie Menschenrechte, Demokratie und internationales Recht geht. Präsident Obamas Besuch wird die Beziehungen stärken."