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PolitikAsien

Japan und USA weiten Sicherheitsallianz aus

12. Januar 2023

Beim ersten Besuch von Premier Fumio Kishida bei Präsident Joe Biden in Washington steht die neue Rollenverteilung in der Sicherheitsallianz von Japan und USA im Zentrum.

Ministerpräsident Fumio Kishida und US-Präsident Joe Biden beim ASEAN-Treffen in Phnom Penh im November 2022.
Ministerpräsident Fumio Kishida und US-Präsident Joe Biden beim ASEAN-Treffen in Phnom Penh im November 2022.Bild: Japanese PM Press Office/UPI Photo/Newscom/picture alliance

Nur wenige Wochen nach der Überarbeitung der japanischen Verteidigungsstrategie trifft Regierungschef Fumio Kishida an diesem Freitag in Washington mit US-Präsident Joe Biden zusammen. Die beiden Länder verstärken gerade ihre militärische, wirtschaftliche und technologische Zusammenarbeit und reagieren damit auf Veränderungen des geopolitischen Sicherheitsumfeldes.

Kishida bezeichnete seinen ersten Besuch im Weißen Haus vergangene Woche als "sehr bedeutend". "Wir werden dem Rest der Welt eine noch stärkere Sicherheitsallianz zeigen, die den Dreh- und Angelpunkt für Japans Sicherheit und Diplomatie bildet", sagte Kishida. "Wir werden auch unsere weitere Kooperation für das Erreichen eines freien und offenen Indopazifiks vorzeigen."

Auch die Sicherheit in der Straße von Taiwan ist im Fokus der neu bekräftigte4n amerikanisch-japanischen Allianz

In einer am vergangenen Freitag vom Weißen Haus veröffentlichten Erklärung heißt es, Biden und Kishida würden die Ausweitung der Zusammenarbeit in einer Reihe regionaler und globaler Fragen erörtern, die vom Klimawandel über sicherheitsrelevante Zukunftstechnologien, Nordkoreas Waffenprogramme und den Krieg in der Ukraine bis hin zur "Aufrechterhaltung von Frieden und Stabilität in der Straße von Taiwan" reichen.

"Größte Herausforderung" China

Der Schwerpunkt des Treffens liegt auf Japans neuer Ausrichtung seiner Verteidigungs- und Sicherheitspolitik. Die im Dezember überarbeiteten Richtlinien antworten auf das "ernsteste und komplizierteste" Sicherheitsumfeld seit dem Zweiten Weltkrieg, wie es in dem Papier erstmals heißt. Das militärische Auftreten Chinas in Ostasien wird als "die größte strategische Herausforderung" aller Zeiten beschrieben. Deswegen will Japan mehr Geld für Verteidigung ausgeben und im Bündnis mit den USA eine wichtigere militärische Rolle übernehmen.

"Bisher hat Japan den Schild gespielt, also den Verteidigungspart übernommen, und die USA waren das Schwert, zuständig für offensive Fähigkeiten", sagt Alexandra Sakaki, Asien- und Japan-Expertin bei der Berliner Denkfabrik "Stiftung Wissenschaft und Politik" (SWP). "Diese Aufteilung verliert an Klarheit, wenn Japan sich jetzt Offensivfähigkeiten anschafft, so dass man definieren muss, wie man mit dieser neuen Rollenverteilung umgeht."

Alltag in Tokio unter der Raketenbedrohung aus Nordkorea Bild: Richard A. Brooks/AFP

Kishida will den Wehretat bis 2027 auf zwei Prozent des Bruttoinlandproduktes steigern, während bislang ein Prozent als inoffizielle Obergrenze galten. Zugleich strebt Japan erstmals die militärische "Gegenschlagsfähigkeit" an, Raketenstellungen auf feindlichem Territorium auszuschalten. Dafür will Japan von den USA 500 Marschflugkörper kaufen und auch eigene Raketen entwickeln. Bisher hatte Tokio solche Waffen nicht angeschafft, um eine Kontroverse über ihre verfassungsrechtlich umstrittene Offensivfähigkeit zu vermeiden.

Mehr Abschied von "Pazifismus"

Die Strategieänderungen sind der jüngste und größte Schritt auf Japans jahrelangem Weg zum Aufbau einer stärkeren Militärmacht. Der langjährige Premierminister Shinzo Abe sah darin einen Weg, Japan zu einer „normalen" Macht zu machen. Kishida war über vier Jahre lang Abes Außenminister gewesen und hatte diese Politik mitgetragen. Unter dem Eindruck von Chinas Muskelspielen und des Ukraine-Krieges ziehen neuerdings auch die bisher eher skeptischen Wähler mit. Laut jüngsten Umfragen unterstützt mehr als die Hälfte der Japaner zumindest eine gewisse militärische Aufrüstung.

Eine Abkehr vom traditionellen Pazifismus der Nachkriegszeit hatten sich die USA schon länger von Japan gewünscht. Im Kräfteringen mit China um Taiwan und die Grenzverläufe im Ost- und Südchinesischen Meer brauchen die USA ein stärkeres und handlungsfähigeres Japan. "Daher wird Präsident Biden bei dem Treffen mit Kishida seine Unterstützung für Japans neue Verteidigungsziele erklären, insbesondere für die Gegenschlagskapazität, die eine US-Kooperation bei Entwicklung und Umsetzung erfordert", meint der Politologe Sebastian Maslow von der Shirayuri-Frauenuniversität in Sendai.

Amerikanisch-japanisches Ministertreffen zur Vorbereitung des Kishida-BesuchsBild: Alex Brandon/AP Photo/picture alliance

Ein 2-plus-2-Ministertreffen beider Länder am Mittwoch in Washington bereitete die Begegnung von Kishida und Biden vor. Außenminister Yoshimasa Hayashi und Verteidigungsminister Yasukazu Hamada sowie ihre amerikanischen Amtskollegen Antony Blinken und Lloyd Austin bekräftigten die Stärkung ihrer Sicherheitsallianz. Insbesondere China stelle eine "beispiellose" Bedrohung für die internationale Ordnung dar, hieß es in ihrer Erklärung.

Das Minister-Quartett verständigte sich darauf, die US-Truppenpräsenz auf der japanischen Insel Okinawa anzupassen, um besser auf eine chinesische Invasion in Taiwan oder feindselige Aktionen im Süd- und Ostchinesischen Meer reagieren zu können. Damit scheinen sich Berichte über den Aufbau einer schnellen US-Eingreiftruppe auf Okinawa zu bestätigen. Auch wird Washington seinen Sicherheitsschirm für Japan auf den Weltraum ausdehnen. Damit wären Japans Satelliten erstmals gegen Aktivitäten von China und Russland geschützt.

Am Rande des Treffens von Biden und Kishida am Freitag wollen Yasutoshi Nishimura, Minister für Wirtschaft, Handel und Industrie (METI), sowie US-Heimatschutzminister Alejando Mayorkas eine Absichtserklärung für Cybersicherheit unterzeichnen. Für von offiziellen Stellen verwendete Software sollen die gleichen Sicherheitsstandards gelten. Am Donnerstag hatten Nishimura und US-Handelsministerin Gina Raimondo eine Ausweitung der Zusammenarbeit bei "kritischen" Technologien über Halbleiter hinaus in Bereiche wie künstliche Intelligenz und Biotechnologie verabredet. Am Vortag bekräftigten der METI-Chef und US-Energieministerin Jennifer Granholm bereits Kooperationschancen bei der Entwicklung von Atomkraftwerken der nächsten Generation.

 

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