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Politik

Japan verstärkt Maßnahmen gegen Pandemie

4. Februar 2020

Die Nähe zu China lässt Japan zu drastischen Isolierungsmaßnahmen greifen, um die Ausbreitung des Coronavirus zu begrenzen. Die Pandemie soll rechtzeitig vor Beginn der Sommerspiele Ende Juli unter Kontrolle sein.

Japan Yokohama Hafen | Kreuzfahrtschiff Diamond Princess | Quarantäne Coronavirus
Bild: Reuters/Kyodo

Am Wochenende hat Japan acht Ausländern, die sich in den vergangenen zwei Wochen in der chinesischen Provinz Hubei aufgehalten hatten, die Einreise verweigert. Auch alle Chinesen mit einem Pass, der in Hubei ausgestellt wurde, können Japan seit Samstag nicht mehr betreten – die Region gilt als das neue Epizentrum für die neuartige Viruserkrankung. Heute durften 2500 Passagiere und 1000 Besatzungsmitglieder ihr Kreuzfahrtschiff, das Montagnacht in Yokohama ankam (Artikelbild), nicht verlassen, weil ein am Coronavirus erkrankter Mann sich bis Samstag an Bord aufgehalten hatte. Sieben Passagiere hatten über Unwohlsein geklagt.

Die drastischen Maßnahmen illustrieren die starke Sorge der Regierung in Tokio vor einer unkontrollierten Ausbreitung des Coronavirus auf dem japanischen Archipel. "Wir befinden uns an einem entscheidenden Moment, ob die Krankheit unter Kontrolle gebracht werden kann", erklärte Professor Kentaro Iwata von der Abteilung für Infektionskrankheiten am Universitätsklinikum Kobe. Falls die Zahl der Patienten in Japan in die Hunderte wachse, müsste man einige Gebiete genauso isolieren wie China es mit der Provinz Wuhan gemacht hat, meinte Iwata. Bisher wurden 20 Patienten in Japan registriert.

Olympische Ringe vor dem Nationalstadion in Tokyo Bild: picture alliance/dpa/kyodo

Kooperation mit WHO

In Verwaltung und Politik schrillen die Alarmglocken, weil die Pandemie die Austragung der Olympischen Sommerspiele zwischen Ende Juli und Anfang September gefährden könnte. Kein Land außer Südkorea hat engere Kontakte mit China als Japan. "Die Spiele werden garantiert nicht abgesagt", so hatte das Organisationskomitee entsprechende Gerüchte scharf dementiert.

Man werde eng mit der Weltgesundheitsbehörde zusammenarbeiten, um die Vorbereitungen der Spiele nicht zu beeinträchtigen, versicherte Premierminister Shinzo Abe am Montag vor dem Parlament. Laut Olympia-Ministerin Seiko Hashimoto wollen sich die Organisatoren und die Sportverbände noch in dieser Woche zusammensetzen. Die Gouverneurin der Austragungsstadt Tokio, Yuriko Koike, forderte die Einwohner auf, sich die Hände zu waschen und Gesichtsmasken zu tragen. Aufgrund starker Nachfrage haben viele Verkaufsstellen jedoch die Abnahme auf eine Packung je Familie beschränkt.

Plötzlich Krisenmanagerin: Olympia-Ministerin Seiko Hashimtoto Bild: Reuters/I. Kato

Schnelltest in der Entwicklung

Eine große potenzielle Verbreitungsgefahr geht von den bisher 565 Japanern aus, die im Auftrag der Regierung mit drei Chartermaschinen aus der chinesischen Millionenmetropole Wuhan in ihre Heimat zurückgeflogen wurden. In der zweiten Wochenhälfte ist ein vierter Evakuierungsflug geplant. Zeigen die Rückkehrer keine Krankheitssymptome, sollen sie zwei Wochen lang den Kontakt zu anderen Menschen vermeiden. Laut dem Newsportal Nippon.com diskutierte eine Sondersitzung von Ministerialbeamten, alle Rückkehrer unter Quarantäne zu stellen. Aber das Gesundheitsministerium soll die Idee verworfen haben, da eine Isolierung ohne Erkrankung gegen die Menschenrechte verstoßen könnte.

Die Zeitung "Asahi" verweist auf ein anderes Problem: Bisher sind nur wenige staatliche Einrichtungen, darunter das Nationalinstitut für Infektionskrankheiten, für die Unterbringung der Patienten zuständig. Diese Beschränkung könnte dazu führen, dass Infizierte unwissentlich andere Krankenhäuser aufsuchten. Dieses Risiko wollen die Behörden nun verringern, indem sie einen Schnelltest entwickeln.

Japanische Ladenketten wie Muji schließen Filialen in China vorübergehendBild: Reuters

Weniger Touristen aus China

Auch die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie beschäftigten die Verantwortlichen in Japan stärker als anderswo. China ist neben den USA Japans wichtigster Handelspartner, viele Unternehmen produzieren in China und verkaufen dort. So musste der Textileinzelhändler Fast Retailing, weltweit die Nummer drei hinter der spanischen Inditex mit der Marke Zara und der schwedischen H&M, 50 Verkaufsfilialen seiner Hauptmarke Uniqlo schließen. Mit 750 Filialen ist China der wichtigste Auslandsmarkt für Uniqlo. Auch die Kaufhauskette Muji und der Einzelhändler Aeon betreiben viele Geschäfte in China. Toyota stellte die Auto- und Honda die Motorradproduktion in China teilweise ein. Zugleich wirkt sich das chinesische Verbot von Gruppenreisen ins Ausland negativ auf die Tourismusbranche in Japan aus.

Viel stärker als 2003, als bis etwa Mai die SARS-Pandemie aktiv war, ist Japans Konjunktur heute stärker vom Tourismus abhängig. Die Zahl der Auslandsbesucher stieg seitdem um mehr als Sechsfache und die Zahl der Touristen aus China um das Zwanzigfache. Ende Januar 2019, nach dem chinesischen Neujahrsfest, kamen 650 000 Chinesen nach Japan. Mehrere Kaufhäuser meldeten bereits Umsatzrückgänge von 15 bis 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Nach Ansicht von Takahide Kiuchi, Ökonom am Nomura-Forschungsinstitut, entgehen Japans Wirtschaft durch das Wegbleiben der Touristen aus China auf kurze Sicht Einnahmen von umgerechnet 6,5 Milliarden Euro. Aufs Jahr hochgerechnet könnten bis zu 0,5 Prozent des japanischen Bruttoinlandproduktes verloren gehen.

 

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