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PolitikAsien

Japans Ex-Premier Shinzo Abe nach Attentat in Lebensgefahr

Martin Fritz
8. Juli 2022

Ein früherer Berufssoldat der japanischen Marine schoss zweimal auf Ex-Premier Abe bei einer Wahlkampfrede. Die Hintergründe sind unklar. Martin Fritz aus Tokio.

Shinzo Abe offenbar bei Attentat schwer verletzt
Bild: Issei Kato/REUTERS

Der frühere japanische Ministerpräsident Shinzo Abe ist bei einem Attentat lebensgefährlich verletzt worden. Der 67-Jährige hielt auf einer Kreuzung nahe einem Bahnhof in der westjapanischen Stadt Nara anlässlich der Oberhauswahl am kommenden Sonntag eine Rede, als zwei Schüsse auf ihn abgegeben wurden.

Darauf griff er sich an die Brust und ging zu Boden. Mitarbeiter leisteten erste Hilfe. Danach flog ein Rettungshubschrauber Abe in das Krankenhaus der Medizinischen Universität von Nara.

Kritischer Zustand

Nach Angaben der Feuerwehr hatte er zu diesem Zeitpunkt einen Herz-Kreislauf-Stillstand erlitten. Dieser Ausdruck wird in Japan oft benutzt, wenn der Tod noch nicht offiziell festgestellt wurde und die Angehörigen noch nicht benachrichtigt sind.

Premierminister Fumio Kishida beschrieb Abes Zustand am Freitagmittag Ortszeit als „sehr ernst". Laut einem Fernsehbericht trug Abe eine blutende Wunde am Hals, eine Schusswunde und innere Blutungen im Brustbereich davon.

Attentäter Tetsuya Yamagami (u,) wurde festgenommenBild: Kazuhiko Hirano/Yomiuri Shimbun/AP Photo/picture alliance

Attentäter "unzufrieden"

Unmittelbar nach den Schüssen überwältigten Sicherheitskräfte den Angreifer, der als der 41-jährige Tetsuya Yamagami aus Nara identifizierte wurde. Der Mann trug militärische Kleidung und war zwischen 2002 und 2005 Berufssoldat bei der japanischen Marine. Über ihn liegen keine polizeilichen Einträge vor.

Angeblich soll er am Tatort gesagt haben, er sei unzufrieden mit dem Verhalten von Abe gewesen und habe darauf beschlossen, ihn zu töten. Er habe keine politischen Motive. Beim Attentat verwendete Yamagami er eine offenbar selbstgebaute Waffe mit zwei Rohren, die mit Klebeband umwickelt waren. In Japan ist der Besitz von Schusswaffen stark eingeschränkt.

Japans Zerstörer SuzunamiBild: Kyodo/picture alliance

Kontroverse Amtszeiten

Als Regierungschef zwischen Ende 2012 und September 2020 hatte Abe eine stark polarisierende Politik verfolgt. Einerseits steuerte er das Land nach rechts und interpretierte die pazifistische Verfassung neu, damit die Streitkräfte ihren Bündnispartner USA auch unterstützen dürfen, wenn es keinen direkten Angriff auf Japan gibt. Zudem hörte er damit auf, sich für den japanischen Angriffskrieg 1937-1945 in Asien zu entschuldigen.

Andererseits setzte er auf eine neoliberale Wirtschaftspolitik der Abenomics. Großzügige Staatsausgaben und eine extrem lockere Geldpolitik sollten das Wachstum ankurbeln. Dafür öffnete Abe Japan so weit wie nie zuvor für ausländische Investoren, Touristen und Arbeitskräfte.

(Archiv) Abe sprach im Dezember 2021 zu seinen LDP-ParteigenossenBild: Kyodo/picture alliance

Graue Eminenz

Seinen Rücktritt vor knapp zwei Jahren begründete er mit seiner schlechten Gesundheit, aber vor allem wollte er sich mehreren Skandalen entziehen, die damals überkochten. Seitdem entwickelte sich Abe zur mächtigsten Figur in Japans Politik. Er kontrolliert die größte Gruppe von Abgeordneten der Liberaldemokratischen Partei (LDP), die Japan seit 1955 dominiert. Viele Beamte im Regierungsapparat verdanken ihm seinen Job, auch Premier Kishida übernahm mit Hilfe von Abe den Vorsitz der LDP.

Zu dessen Ärger verhinderte sein Mentor jedoch seitdem, dass sein politisches Erbe kritisiert und korrigiert wird. Zuletzt setzte sich Abe für eine rasche und starke Erhöhung der Verteidigungsausgaben und plädierte für eine Stationierung von US-Atomwaffen in Japan.