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Literatur

Jay Shetty und das "Think like a Monk"-Prinzip

Sabine Kieselbach
11. November 2020

Ein Auto, ein Haus, ein Pferd? Materielles, sagt der einstige Mönch Jay Shetty im DW-Gespräch, wird uns nie glücklich machen. Sein Tipp: Denke wie ein Mönch.

Indien l Influencer und Autor Jay Shetty
Bild: Steve Erle/Rowohlt Verlag

In Los Angeles, wo Jay Shetty für unser Videointerview vor seinem Laptop sitzt, ist es 11 Uhr morgens. Da ist er schon seit sechs Stunden wach - wie jeden Tag - und hat zwei davon meditiert. Nein, das empfiehlt er nicht jedem, aber doch als tägliche Routine: sich Zeit nehmen, zur Ruhe kommen, sich auf sich oder ein Thema fokussieren.

Gelernt hat er das bereits in jungen Jahren, als er mit 19 von London aus nach Indien aufbrach, um dort als Mönch in einem Ashram zu leben. Weil er plötzlich erkannt hatte, dass er nach etwas ganz anderem suchte als Erfolg oder Reichtum: nach innerer Erfüllung, nach Werten, die mehr sind als kurzfristig ein Bedürfnis zu befriedigen.

Vom Mönch zum Social-Media-Star

Drei Jahre lang lebte Shetty in der Nähe von Mumbai, reiste durch Indien, half beim Aufbau von sozialen Projekten. Dann kehrte er nach London zurück und begann schließlich 2016, kurze Videos zu produzieren, in denen er auf verschiedenen Kanälen ganz zeitgemäße Fragen nach Liebe, Job und Sinnsuche mit der Weisheit indischer Mönche beantwortete.

Jay Shetty in seiner Zeit als Mönch in Indien Bild: privat

Kurz darauf startete er seinen Podcast "On Purpose" - und damit begann sein beispielloser Aufstieg. Heute hat Jay Shetty insgesamt 38 Millionen Follower - seine Online-Familie nennt er sie -, seine Videos erreichen Milliarden. Jay Shetty wurde in der boomenden Welt der Sinnsuchenden zum Megastar. Warum also hat er jetzt auch noch ein gut 400 Seiten starkes Buch geschrieben: "Das Think like a Monk-Prinzip"?

"Weil ich damit", sagt er, "viel mehr in die Tiefe gehen kann. Ich kann mehr sagen, als in kurzen Videos. Und ich kann auch andere Menschen damit erreichen."

Mönche sind die glücklichsten Menschen

Shetty schildert seine eigenen Erfahrungen und Empfindungen als junger Mönch, und er zieht auch wissenschaftliche Studien heran, die seine Beobachtungen bestätigen: die Gehirne von Mönchen zeigten, dass sie die glücklichsten und empathischsten Menschen sind. Davon könnten wir lernen, indem wir zum Beispiel versuchen, uns Orte oder Momente der Stille zu suchen und durch Meditation zu uns finden.

Aber das reicht allein natürlich nicht. Wir müssen uns, sagt Shetty, von Negativität befreien, uns mit Menschen umgeben, die uns aufrichten und herausfordern. Und wir müssen herausfinden, wer wir wirklich sind, was wir wirklich wollen, was wir wichtig finden. Erst wenn wir eine Synergie herstellen zwischen unserer Passion, unseren Stärken und unserem Mitgefühl, werden wir zu einem erfüllten Leben finden. Das allerwichtigste aber ist, sagt Shetty, dass wir uns jeden Tag fragen, wie wir einen anderen Menschen glücklich machen können. 

Bild: Rowohlt Verlag

Das Glück der Anderen

Heißt das, dass wir auch wie Mönche leben müssen, wenn wir wie sie denken wollen? Jay Shetty lacht. "Nein, ich lebe ja selbst nicht mehr wie einer. Ich bin verheiratet, lebe in einem Haus, bin Unternehmer. Ich sage auch nicht: Du darfst nicht reich sein, nichts besitzen. Aber wir müssen unsere materiellen Begehrlichkeiten ablegen. Nicht mehr denken: Das will ich haben, das soll nur für mich sein. Stattdessen sollten wir uns spirituell weiter entwickeln. Materieller Reichtum macht nicht glücklich, aber er kann uns ermöglichen, anderen zu helfen - damit es am Ende nicht nur uns selbst, sondern auch anderen Menschen besser geht."

Aber was, wenn jemand dazu nicht in der Lage ist? Im Krieg, nach einer Naturkatastrophe, in Corona-Zeiten? Dann sollten vor allem die, die privilegiert sind und keine Sorgen haben, Verantwortung dafür tragen, dass es den Betroffenen besser gehe. Aber Not bedeute nicht, handlungsunfähig zu sein, sagt Shetty. Es gebe auch Menschen, die - obwohl selbst in Not - ungewohnte Stärke zeigen und damit andere unterstützen können.

Nicht Glück, sondern Erfüllung

"Meine Arbeit ist erst getan, wenn die ganze Welt geheilt und glücklich ist", heißt es an einer Stelle im Buch. "Aber eigentlich", sagt Jay Shetty, darauf angesprochen, "geht es mir weniger um Glück als um Erfüllung und Bedeutung."

Wer meint, das habe er oder sie doch alles schon einmal gehört oder gelesen: Mag sein, die Weisheiten, die Jay Shetty verkündet, sind schließlich auch schon tausende von Jahren alt. "Das Think like a Monk-Prinzip" fasst diese Weisheiten unterhaltsam zusammen und ermutigt, unser bisheriges Wertesystem in Frage zu stellen und neue Fragen zu stellen. 

Das komplette Interview mit Jay Shetty gibt es (im Original) auf unserem youtube Channel DW Books.

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