Jede fünfte WM-Spielerin von Hasskommentaren betroffen
12. Dezember 2023Jede fünfte WM-Fußballerin war während der diesjährigen WM-Endrunde in Australien und Neuseeland mit Hasskommentaren in den sozialen Medien konfrontiert. Das ist das Ergebnis einer Analyse des Weltverbandes FIFA und der internationalen Spielervereinigung FIFPRO.
5,1 Millionen Posts und Kommentare, die auf 697 WM-Teilnehmende abzielten, wurden demnach untersucht. 152 Spielerinnen erhielten laut FIFA "diskriminierende, beleidigende oder bedrohende Nachrichten". Fast die Hälfte wurde als homophob, sexuell oder sexistisch eingeordnet.
Höheres Risiko als bei Männern
Die Studie ergab zudem, dass für WM-Spielerinnen im Vergleich zu den Teilnehmern der Männer-WM 2022 in Katar ein um 29 Prozent höheres Risiko bestand, Ziel von Online-Beleidigungen zu werden. Die Ergebnisse stammen aus Daten, die vom Social Media Protection Service (SMPS) der FIFA erstellt wurden.
Laut FIFA wurden die Beiträge mit Hilfe von künstlicher Intelligenz überprüft. Die Spielerinnen hatten die Möglichkeit, sich hierfür anzumelden. Durch das System wurden insgesamt 116.820 beleidigende Nachrichten herausgefiltert und verborgen. Die meisten Attacken galten dem US-Nationalteam um Megan Rapinoe, das in den vergangenen Jahren immer wieder Zielscheibe von Online-Beleidigungen war. Aus der DFB-Auswahl hatte Lena Oberdorf von einer Flut von Hassnachrichten nach dem historischen Vorrunden-Aus berichtet.
Svenja Huth wehrt sich öffentlich
Nationalspielerin Svenja Huth war zuletzt Ziel von homophobe Kommentare auf der Plattform X. Der DFB stellte sich öffentlich hinter die Nationalspielerin. "Wir kommentieren, moderieren und blocken zum Teil. Bedauerlicherweise ist das also schon die moderierte Variante. Umso mehr freuen wir uns über positives Feedback und Gegenstimmen. Wichtig!", schrieb der Verband unter dem Post mit einem Foto, das die Vizekapitänin vom VfL Wolfsburg mit ihrer Lebensgefährtin Laura und einem Kinderwagen zeigt. Das Paar war nach der Weltmeisterschaft in Australien erstmals Mutter eines Sohnes geworden.
Die 32-jährige Huth hatte in verschiedenen Medien offen über die künstliche Befruchtung gesprochen, die ihre Lebensgefährtin in Spanien vorgenommen hatte. Bei X äußern nun Personen ihren Unmut über das Familienmodell und eine "kranke Gesellschaft". Huth reagierte ebenfalls, indem sie ein Bild bei Instagram postete, auf dem sie ihren Sohn im Arm hält: "Glücklich, dich bei mir zu haben", schrieb sie. "Wir lassen uns nicht entmutigen & das solltet ihr auch nicht, wenn jemandem Eure Liebe nicht passt. Viel wichtiger sind uns die vielen schönen Nachrichten und Kommentare, die wir von Euch bekommen. Liebe geht raus!"
DFB geht gegen Hate Speech vor
Der DFB hat in den vergangenen Wochen rassistische Beleidigungen von Spielern der deutschen U17-Nationalmannschaft, die während der Weltmeisterschaft in Indonesien auf den Social-Media-Kanälen des DFB getätigt wurden, zur strafrechtlichen Prüfung und Verfolgung an die Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) weitergegeben. Bereits im Juni hatten DFB und ZIT Hasskommentare gegen Spieler der deutschen U21-Nationalmannschaft strafrechtlich verfolgt.
Nach einer Erstprüfung ist in 14 Fällen rassistischer Beleidigung der deutschen U17-Weltmeister der Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt, weswegen jeweils Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden. In vier Fällen konnten die Verfasser der rassistischen Kommentare bereits zweifelsfrei identifiziert werden, aufgrund der Wohnorte wurden die Verfahren an die örtlich zuständigen Staatsanwaltschaften außerhalb Hessens abgegeben.
In weiteren Fällen ist der Tatbestand der Beleidigung oder der des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen erfüllt. Der DFB hat die betreffenden Kommentare auf seinen Social-Media-Kanälen gelöscht und die verantwortlichen User dauerhaft gesperrt. Der 1. DFB-Vizepräsident Ronny Zimmermann sagt: "Wir nehmen die menschenverachtenden Anfeindungen unserer Spieler im Internet nicht hin, sondern bekämpfen sie aktiv und nachhaltig."
Der DFB arbeite dabei mit der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt zusammen. "Wir hoffen, dass die ersten Identifizierungen und strafrechtlichen Verfolgungen von Tätern eine abschreckende Wirkung haben werden. Hass im Netz ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, gegen das wir alle gemeinsam vorgehen müssen", so Zimmermann.
"Gemeinsam mit dem DFB wollen wir als Staatsanwälte unseren Beitrag dazu leisten, Rassismus und Hate Speech im Netz nicht zu akzeptieren, sondern aktiv dagegen vorzugehen – auch mit den Mitteln des Rechtsstaats", sagte ZIT-Leiter Dr. Benjamin Krause, "denn massenhaft gelesene und geteilte Angriffe in Social Media können schwerwiegende Auswirkungen auf die Betroffenen, aber auch auf unser Zusammenleben als Gesellschaft haben."
dvo/to (dpa, SID)