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Jüdische Siedlungen

25. Mai 2009

Israels Premierminister Netanjahu will ungeachtet aller Appelle der USA die bestehenden Siedlungen im Westjordanland weiter ausbauen. Das geht einher mit der massiven Zerstörung palästinensischer Wohnviertel.

Bullldozer zerstört eine palästinensische Siedlung in Ostjerusalem (Foto: AP)
In Ostjerusalem schreitet die Häuserzerstörung voranBild: AP

Jeff Halper muss sich in diesen Tagen auf verlorenem Posten fühlen. Seit Jahren kämpft der Ethnologieprofessor gegen die Zerstörung von Häusern in Ostjerusalem. Doch seit mit Nir Barkat ein neuer nationalistischer Bürgermeister in Jerusalem herrscht, rollen die Bulldozer täglich in die arabischen Viertel der Stadt. Sie reißen die Wohnhäuser palästinensischer Familien ab, meist um jüdischen Siedlungen oder Grünanlagen Platz zu machen. 60.000 Palästinenser in Ostjerusalem sind daher von Obdachlosigkeit bedroht.

Jeff Halper, Mitbegründer des israelischen Komitees gegen HäuserzerstörungenBild: cc_GNU 1.2.

Diese Häuserzerstörungen sind völlig illegal, unterstreicht Halper. Nach der vierten Genfer Konvention muss eine Besatzungsmacht die Situation so belassen, wie sie war. "Denn alles, was die Besatzungsmacht tut, um ihre Kontrolle über das besetzte Gebiet zu verstärken, nimmt die Ergebnisse von Verhandlungen vorweg", erklärt er, "und im internationalen Recht sind Verhandlungen die einzige Art, das Schicksal besetzen Gebietes zu bestimmen!"


Deutsche Auszeichnung

Halper, der Mitbegründer des israelischen Komitees gegen Häuserzerstörungen, ist nach Deutschland gekommen, um auf das Problem aufmerksam zu machen. In Freiburg ist er, zusammen mit dem brasilianischen Bischof Luiz Flavio Cappio, mit dem Kant-Weltbürgerpreis ausgezeichnet worden. In Berlin trifft er sich mit deutschen Politikern und Beamten des Auswärtigen Amtes. Vorher trinkt er noch rasch einen Tee in einem Straßencafé Unter den Linden und berichtet über die neue Welle von Häuserzerstörungen.

In Jerusalem leben rund 250.000 Palästinenser. Sie haben keine israelische Staatsbürgerschaft, unterstehen jedoch auch nicht der Autonomiebehörde in Ramallah. In Ostjerusalem haben sie nur eingeschränkte Rechte, gleichzeitig tragen sie aber den größten Teil der Steuer- und Abgabenlast in der Stadt, die Israel für sich als ungeteilte Hauptstadt reklamiert. Da sie keine Baugenehmigungen erhalten, ihre Anzahl aber durch natürliche Vermehrung und Zuzug ständig steigt, bauen viele ihre Häuser illegal. Regelmäßig werden diese Häuser von den israelischen Behörden zerstört. In Ostjerusalem leben inzwischen außerdem fast 240.000 jüdische Siedler in Vierteln, die Israel als seiner Hauptstadt zugehörig betrachtet.

In Ostjerusalem werde alle paar Tage ein Haus zerstört, erzählt Halper. Seit Obama im Amt ist, gibt es eine Zunahme von Demolierungsbescheiden und viele Versuche, Häuser zu zerstören.Bild: AP

Auf Konfrontationskurs

Seit 1967 hat Israel in Ostjerusalem, im Westjordanland und in Gaza 24.000 palästinensische Häuser zerstört. "Das ist also ein fortgesetzter Prozess", sagt Halper. "In Ostjerusalem wird alle paar Tage ein Haus zerstört. Seit die Obama-Regierung im Amt ist, gibt es aber einen richtigen Anstieg von Demolierungsbescheiden und viele Versuche, Häuser zu zerstören."

Aber warum gerade jetzt? Sollte man nicht eher erwarten, dass Israel sich nach dem Richtungswechsel in Washington zurück hält und auf Provokationen verzichtet, wenigstens solange, bis US-Präsident Obama das Land besucht hat? Nein, sagt Halper, im Gegenteil. Israel wolle gerade jetzt zeigen, dass es sich von einer neuen amerikanischen Nahostpolitik nicht beeindrucken lassen wird. Halper hält das für eine Art Test, wie weit man gehen kann.

Ausgerechnet während die neue amerikanische Außenministerin Clinton im vergangenen März in Jerusalem war, wurden mehrere palästinensische Häuser demoliert. 80 weitere erhielten Abrissbescheide. Für Halper ist es kein Zufall, dass ausgerechnet dann, wenn Clinton oder der US-Nahostbeauftragte George Mitchell nach Israel kommen, Häuser demoliert werden: "Es ist eine Herausforderung", sagt er. "Es ist so, als wenn man der US-Regierung sagen würde: was willst du machen? Die Trumpfkarte der Israelis war immer der Kongress. Israel hat breite Unterstützung im Kongress und kann dem Präsidenten sagen: 'Geh zur Hölle! Wenn du uns Probleme machst, dann gehen wir zum Kongress und die werden dir schon sagen, dass du die Finger von Israel lassen sollst!'"

Seit 1967 hat Israel in Ostjerusalem, im Westjordanland und in Gaza 24.000 palästinensische Häuser zerstörtBild: AP

Eindeutige Botschaft

Die israelischen Bürgerrechtler, die sich für die Rechte der Palästinenser einsetzen, hoffen, dass sich der Wind aus Washington bald drehen wird, dass die Obama-Administration die Regierung in Jerusalem unter Druck setzen und auf eine Rückkehr zum Friedensprozess und zur Zweistaatenlösung bestehen wird. Es gebe keine Zeit mehr zu verlieren, sagen sie. Denn während die USA noch nach einer neuen Haltung suchen, schafft Israel Fakten, im Westjordanland und im besetzten Ostjerusalem. Im arabischen Stadtviertel Silvan, direkt vor der Altstadtmauer, sollen demnächst 80 Häuser abgerissen werden, um einen Park anzulegen.

Jerusalems neuer Bürgermeister hat vor wenigen Wochen einen Stadtentwicklungsplan vorgelegt. Darin ist auch der Bau neuer Wohnungen für die arabische Bevölkerung vorgesehen, allerdings erst nach 2030. Neue jüdische Wohnviertel dagegen sollen sofort errichtet werden. Damit soll der Trend junger nicht religiöser Familien, die Stadt zu verlassen, gestoppt werden. Und die Botschaft an die palästinensische Bevölkerung in Ostjerusalem ist klar, so Halper: "'Macht, dass ihr weg kommt! Das ist unsere Stadt und wir wollen, dass ihr verschwindet!' Es ist eine klare Botschaft, wenn man Leuten nicht erlaubt, ein Haus zu bauen."

Autorin: Bettina Marx

Redaktion: Ina Rottscheidt

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