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Jemen: Wer sind die Huthi-Rebellen?

17. März 2025

Seit Monaten attackieren die Huthi die internationale Schifffahrt im Roten Meer. Das hat die USA zu einem Gegenangriff veranlasst. Nun könnte der Konflikt wieder eskalieren. Was wollen die Huthi politisch erreichen?

Huthi-Milizen in Sanaa, Januar 2025
Huthi-Milizen in Sanaa, Januar 2025Bild: Mohammed Huwais/AFP/Getty Images

Sie geben sich unbeeindruckt: Kurz nachdem die USA Angriffe auf Stellungen der Huthi-Miliz geflogen hatten, richteten diese ihre Waffen gegen den Angreifer. Am Sonntag erklärten sie, den Flugzeugträger USS Harry Truman und mehrere von dessen Begleitschiffen mit 18 Raketen und einer Dohne beschossen zu haben. Am Montag gab die Gruppe bekannt, sie habe einen weiteren Angriff auf den Schiffsverband gestartet.

In der Nacht auf Sonntag hatten die USA Stützpunkte, Raketenabwehrstellungen und Führungspersonal der Huthi angegriffen. Zuvor hatte die Miliz über Monate die internationale Schifffahrt im Roten Meer attackiert. Bei den jüngsten US-Angriff kamen Angaben Presseberichten zufolge mindestens 30 Menschen ums Leben, zahlreiche weitere wurden verletzt. Das US-Regionalkommando Centcom sprach von einer Reihe von "Präzisionsschlägen" im gesamten Jemen. Die Angriffe dürften noch einige Tage, vielleicht sogar Wochen dauern, werden Vertreter des US-Militärs zitiert. Anfang März hatten die USA die Huthi wieder als "ausländische Terrororganisation" eingestuft. Auf die entsprechende Liste hatte die erste Trump-Administration bereits einmal gesetzt. Die Regierung Biden hatte diese Entscheidung jedoch wieder rückgängig gemacht.

Stammesverband aus dem nördlichen Jemen

Die Huthi gehören zu einem Stammesverband aus einem bergigen, an Saudi-Arabien grenzenden Gebiet im Norden des Jemen. Konfessionell zählt dieser sich zu den Zaiditen, einer Rechtsschule innerhalb des schiitischen Islams. Anders als viele andere Schiiten glauben die Zaiditen nicht an die Rückkehr eines verborgenen Imams, des so genannten Mahdi. Die Zugehörigkeit der Huthi zum schiitischen Islam ist aber eine wichtige Grundlage für ihre guten Verbindungen zum Iran, der sich als Anführer einer regionalen Israel-feindlichen Achse und Interessenvertreter der Schiiten in der Region versteht.

Militärisch im Zentrum des Konflikts: der Flugzeugträger Harry S. Truman, 15.3. 2025Bild: U.S. Central Command/REUTERS

Im Jemen stellen die Zaiditen ein gutes Drittel der Bevölkerung. Die Entstehungsgeschichte der Huthi-Bewegung als politische und dann auch militärische Gruppierung reicht bis in die 1990er Jahre zurück. Ihre Vorgängerorganisation wurde 1994 von Hussein Badreddin al-Huthi gegründet, einem ehemaligen jemenitischen Abgeordneten, der sich gegen die Politik des damaligen Präsidenten Ali Abdullah Saleh wandte.

Die Huthi und der Bürgerkrieg

Immer lauter warfen die Huthi seit dem sogenannten Arabischen Frühling 2011 der jemenitischen Zentralregierung in Sanaa vor, die Zaiditen zu marginalisieren und deren Rechte zu unterdrücken. Zugleich unterstellten sie der Regierung eine Nähe zu Israel und den USA. Unter Berufung auf diese Vorwürfe erhoben sich die Huthi 2014 gegen die Regierung des damaligen Präsidenten Abed Rabbo Mansur Hadi. Dieser konnte sich nur dank einer von Saudi-Arabien angeführten internationalen Militärallianz im Amt halten. Diese Allianz kämpft seit 2015 gegen die Huthi - jedoch bisher ohne Erfolg.

Huthi-Milizen auf einer Solidaritätskundgebung für den Gazastreifen und den Libanon in Sanaa, Oktober 2024Bild: Mohammed Huwais/AFP/Getty Images

Die von Saudi-Arabien gestützte Regierung kontrolliert zwar einen größeren Teil des Landes, die Huthi jedoch beherrschen weite Gebiete im Nordwesten einschließlich der Hauptstadt Sanaa. Dabei werden sie vom Iran unterstützt. Darum gilt der jemenitische Bürgerkrieg auch als Stellvertreterkrieg zwischen Saudi-Arabien und Iran. Die Huthi verfügen über Panzer, Fahrzeuge, Lenkflugkörper und Raketen, die sie laut eigenen Angaben vor allem aus Beständen der regulären Armee erobert haben. Der Krieg stürzte den Jemen in eine große humanitäre Katastrophe.

Gegen die USA und Israel

Der ideologische Kurs der Huthi lässt sich bereits aus ihrem Wahlspruch ableiten: "Gott ist der Größte, Tod für Amerika, Tod für Israel, Fluch den Juden, Sieg für den Islam." In ihrem Herrschaftsgebiet haben sie eine strenge religiöse Ordnung etabliert. Die religiöse Militanz verbinden sie mit einem straffen antiwestlichen und antiisraelischen Kurs. Auch der Name, den die Huthi selbst für sich benutzen - "Ansar Allah" (Gottes Helfer, Gottes Unterstützer) - spiegelt diesen Geist.

Nicht erst seit der jemenitischen Wiedervereinigung im Jahr 1990 haben sich die jemenitischen Regierungen überwiegend klar pro-palästinensisch positioniert. Diese Grundhaltung haben die Huthi jedoch noch einmal deutlich radikalisiert. Damit treffen sie auch auf viele Sympathien in der Bevölkerung.

Kinder jemenitischer Binnenvertriebener an einem Brunnen, Mai 2024Bild: Essa Ahmed/AFP/Getty Images

Für den Krieg im Gazastreifen machen die Huthi allein Israel verantwortlich - ungeachtet des blutigen Angriffs der in Deutschland, der EU, den USA und weiteren Staaten als Terrororganisation eingestuften Hamas auf Israel am 7. Oktober mit rund 1200 Todesopfern. Zur Unterstützung der Hamas attackierten die Huthi seitdem immer wieder die internationale Schifffahrt im Roten Meer. Sie agieren auch gegen im Jemen präsente Internationale Organisationen, etwa die Vereinten Nationen (UN), von denen sie einige Mitarbeiter entführten

Enges Verhältnis zum Iran

Mit ihrem anti-israelischen und anti-westlichem Kurs sind die Huthi ein natürlicher Verbündeter der iranischen Regierung. Längst seien sie Teil der vom Iran ins Leben gerufenen "Achse des Widerstands" gegen Israel und die USA, der auch die libanesische Hisbollah, verschiedene irakische Milizen und das syrische Regime zugerechnet werden, erläutert der Politologe Hamidreza Azizi von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) im DW-Gespräch. Jedoch unterschieden sich die Huthi von anderen Partnern Irans. Zum einen seien sie weniger stark von Teheran abhängig als etwa die libanesische Hisbollah, zum anderen unterstünden sie nicht direkt dem iranischen Kommando- und Kontrollsystem, meint Azizi.

Die Regierung in Teheran erklärt, sie unterstütze die Miliz nur politisch, liefere aber keine Waffen an diese. Dass diese Erklärung zutrifft, ist allerdings zweifelhaft. Das US-Militär fing zusammen mit seinen Verbündeten in den vergangenen zehn Jahren mindestens 20 iranische Schiffe ab, bestückt mit Raketen, Raketenteilen, Marschflugkörpern, Drohnen, Tausenden Sturmgewehren und anderem Kriegsgerät, das ganz offenbar an die Huthi gehen sollte.

In einem im Juli 2024 veröffentlichten Report der Defense Intelligence Agency (DIA), dem Verteidigungsnachrichtendienst der USA, heißt es, die Huthi hätten inzwischen über 100 Angriffe zu Land und zu Wasser im gesamten Nahen Osten, im Roten Meer und im Golf von Aden mit vom Iran gelieferten Waffen durchgeführt.

Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika
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