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Politik

Norweger Jens Stoltenberg soll MSC leiten

13. September 2024

Mit dem bisherigen NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg würde erstmals ein Nichtdeutscher Leiter der renommierten Münchner Sicherheitskonferenz - ein Wechsel in unruhigen Zeiten.

Mann im Anzug spricht vor einer Wand mit dem Kürzel msc
Bei der diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz im Februar nahm Stoltenberg noch als NATO-Vertreter teilBild: Matthias Schrader/AP/picture alliance

Mit dem Norweger Jens Stoltenberg würde die Münchner Sicherheitskonferenz einen der erfahrensten und profiliertesten Sicherheitsexperten der westlichen Welt gewinnen, auch wenn die Bundesregierung den Wechsel noch nicht offiziell bestätigt hat. Stoltenbergs Fähigkeiten braucht dieses wichtige internationale sicherheitspolitische Treffen gerade jetzt: Ukraine-Krieg, Bedrohung durch China, eine mögliche weitere Präsidentschaft von Donald Trump in den USA. Trump hatte die Schutzverpflichtung seines Landes in der NATO, dem westlichen Militärbündnis, wiederholt infrage gestellt. Und das sind nur einige wenige Stichworte.

Als langjähriger NATO-Generalsekretär und davor als zweimaliger norwegischer Ministerpräsident hatte Jens Stoltenberg mit zahlreichen sicherheitspolitischen Herausforderungen zu tun - und sie insgesamt gut gemeistert, sonst hätte man ihn nicht vorgeschlagen.

Der junge Stoltenberg war NATO-Gegner

Die internationale Politik wurde dem heute 65 Jahre alten Stoltenberg in die Wiege gelegt. Sein Vater war norwegischer Diplomat und Verteidigungsminister, seine Tante eine Nahostexpertin, die mit einem Verteidigungs- und Außenminister verheiratet war.

Trotzdem deutete bei dem jungen Stoltenberg wenig darauf hin, dass er später einmal NATO-Generalsekretär werden würde, im Gegenteil. Als junger Mann nahm er an Protesten gegen die NATO und den Vietnamkrieg teil und warf Steine auf die amerikanische Botschaft.

Stoltenberg in einem Eurofighter-Kampfflugzeug: Als junger Mann war er gegen die NATOBild: Bernd Wüstneck/dpa/picture alliance

In die Zeit seiner zweiten Amtszeit als norwegischer Regierungschef fiel 2011 auch das verheerende Attentat des Rechtsextremisten Anders Behring Breivik auf ein Sommerlager der sozialdemokratischen Parteijugend, bei dem 69 Menschen starben. Darunter waren auch persönliche Bekannte von Stoltenberg. In seiner Rede nach dem Anschlag sagte er, dass die Antwort auf die Gewalt noch mehr Demokratie und noch mehr Offenheit sein solle, aber nie Naivität. Für seine Reaktion erhielt er viel Rückhalt in der Bevölkerung.

Im Verhältnis zu Russland waren es - noch - ruhigere Zeiten. 2012 beendete Premier Stoltenberg mit dem damaligen Präsidenten Dmitri Medwedew durch Verhandlungen einen norwegisch-russischen Grenzstreit in der Barentssee, bei dem es um Ansprüche auf Öl- und Gasvorkommen ging.

Aufruf zu mehr Waffenhilfe für Kiew

Die größte Herausforderung für den NATO-Generalsekretär Stoltenberg sollte zweifellos der russische Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 werden. Als er das Amt im März 2014 antrat - unter anderem unterstützt vom damaligen US-Präsidenten Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel -, deutete sich mit der russischen Annexion der Krim schon an, was noch kommen würde.

Wie andere auch unterschätzte er damals offenbar die russische Aggression. Doch Stoltenberg wurde zum ständigen Mahner, die NATO-Staaten sollten mehr für Verteidigung ausgeben. Gerade Deutschland stand hier immer wieder in der Kritik, dessen Verteidigungsausgaben damals weit unter dem NATO-Ziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts lagen.

Dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hat Stoltenberg versichert, sein Land werde früher oder später NATO-Mitglied werdenBild: Ukrainian Presidency/abaca/picture alliance

Stoltenbergs Amtszeit als Generalsekretär des Verteidigungsbündnisses wurde mehrmals verlängert, zuletzt wegen des Ukraine-Kriegs, um in der heiklen Situation keinen Wechsel an der Spitze zu haben. Eigentlich wollte er da norwegischer Zentralbankpräsident werden.

Seit Beginn des Krieges forderte er die NATO-Staaten immer wieder zu weiterer Waffenhilfe für die Ukraine auf. Er sieht das Land auf einem "unumkehrbaren Weg" zur NATO-Mitgliedschaft.

Zuversicht auch bei einem Trump-Sieg

Um den Bestand des Bündnisses ist Stoltenberg nicht bange, auch nicht unter dem Eindruck russischer Bedrohung an der NATO-Ostflanke. "Die NATO ist das stärkste und erfolgreichste Bündnis der Geschichte, und zwar aus zwei Gründen: weil wir vereint sind im gegenseitigen Schutz und weil wir immer fähig waren, uns anzupassen, wenn die Welt sich verändert", sagte Stoltenberg der DW bei den 75-Jahr-Feiern der NATO im April. Jetzt sei Russland die Bedrohung Nummer eins, entsprechend werde man handeln.

Bestens vernetzt: Stoltenberg (r.) mit US-Präsident Joe Biden (l.) und Bundeskanzler Olaf Scholz im Juli beim NATO-Gipfel in WashingtonBild: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Und auch bei einem möglichen Wahlsieg von Donald Trump sieht Stoltenberg keine Gefahr für den Bestand des Militärbündnisses. Die USA würden ein standhaftes Mitglied bleiben. "Denn das ist im Sicherheitsinteresse der USA. Die USA sind mit der NATO stärker als ohne." Die Kritik von Donald Trump habe sich nicht gegen die NATO als Bündnis, sondern gegen säumige einzelne NATO-Mitglieder gerichtet; inzwischen seien die Ausgaben für Verteidigung gestiegen.

Diese Zuversicht dürfte der stark transatlantisch geprägten Münchner Sicherheitskonferenz guttun, deren Organisator Jens Stoltenberg nun wird. Neuer NATO-Generalsekretär wird der frühere niederländische Ministerpräsident Mark Rutte.

Mit dem Norweger würde erstmals ein Nichtdeutscher Chef der Konferenz, die es seit 1963 gibt und manchmal das "Davos für Verteidigung" genannt wird in Anlehnung an das regelmäßige Weltwirtschaftsforum in der Schweiz. Stoltenberg würde zum Jahreswechsel den ehemaligen Diplomaten Christoph Heusgen ablösen, der 2022 Chef der MSC wurde. Dessen langjähriger Vorgänger Wolfgang Ischinger soll Stoltenberg laut dem Redaktionsnetzwerk Deutschland als "unvergleichlich beste Wahl" für den Chefposten des MSC genannt haben.

DW-Interview mit Jens Stoltenberg (engl.)

08:33

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