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Politik

Jerusalem - eine Stadt im Ausnahmezustand

Miriam Dagan
22. Mai 2017

US-Präsident Donald Trump ist zu Besuch in Israel. Die Straßen in der Jerusalemer Innenstadt sind abgesperrt, die Altstadtgassen werden streng bewacht. Zehntausend Polizisten sind landesweit im Einsatz.

Israel Sicherheitsmaßnahmen - Besuch US-Präsident Donald Trump
Bild: Reuters/A. Shar-Yashuv

Schon Stunden, bevor der rote Teppich für US-Präsident Donald Trump ausgerollt wurde, schmückten amerikanische Fahnen die Straßen von Jerusalem. Auch die Autobahn Eins, die vom Flughafen Ben Gurion Richtung Jerusalem führt, ist beflaggt. Trumps Beliebtheit hat in Israel innerhalb der letzten Wochen jedoch stark nachgelassen. Laut einer von der Tageszeitung "Jerusalem Post" beauftragten Umfrage glauben nur noch 56 Prozent der Israelis, Trump sei mehr pro-israelisch als pro-palästinensisch - im Januar waren es noch 79 Prozent. Dennoch wird ihm ein geradezu königlicher Empfang bereitet. Viele Bewohner Jerusalems sind froh, dass der Präsident bei seiner ersten Auslandsreise nach Israel kommt.

US-Präsident Trump besucht die KlagemauerBild: Reuters/J. Ernst

Stolz über den Besuch des US-Präsidenten

"Ich bin begeistert von Trump", so eine Restaurantbesitzerin in der Nähe der Altstadt. Ihr Geschäft brummt, denn statt der normalen Besucher kommen Journalisten und Sicherheitskräfte zum Mittagessen. Für die Geschäftsfrau ist das ein Glück. Denn die sonst belebte Gegend ist wenige Stunden vor Trumps Jerusalem-Besuch ungewöhnlich still. Im Haus nebenan hat Trump weitere Fans. "Mir ist es egal, dass heute alles abgesperrt ist. Ich finde es gut, dass er da ist - Trump ist gut für Israel", meint der Kellner Aaron Friedman. Ob Trump eine Chance hat, ein Friedensabkommen zu schließen? "Eine Chance auf Frieden hat sowieso keiner", glaubt er. 

Viele andere Stadtbewohner sind heute einfach Zuhause geblieben. Zahlreiche Straßen um die Altstadt und um das King David Hotel, in dem Donald Trump übernachtet und wo er sich heute Abend mit  Premierminister Benjamin Netanjahu treffen wird, sind um die Mittagszeit abgesperrt worden. Schulkinder vom der Hanisui-Schule in unmittelbarer Nähe des King David Hotels beschweren sich: "Das ist nicht fair – wir kommen nicht nachhause", jammern sie. Schon am Morgen fuhren viele Buslinien nicht mehr. "Heute war nur ein Viertel der Klasse da – diejenigen, die in der Nähe wohnen. Wir konnten gar keinen richtigen Unterricht machen. Und jetzt brauchen wir statt zwanzig Minuten fünfzig Minuten, bis wir Zuhause sind". 

Herausforderung für die Sicherheitsdienste

In der Altstadt von Jerusalem sind die meisten Geschäfte den ganzen Tag aus Sicherheitsgründen geschlossen. Am Vormittag wandern noch Touristenscharen durch die engen Gassen, während Sicherheitsleute mit Spürhunden jeden Schacht öffnen und nach Sprengstoff suchen. Die Nebenstraßen, sonst voll mit Händlern und Passanten, sind gespenstisch leer. Rund zehntausend Polizisten sind landesweit wegen des Trump-Besuchs im Einsatz, so der Pressesprecher der Polizei, Micky Rosenfeld.

Viele Straßen in der Innenstadt sind abgesperrtBild: DW/M.Dagan

Die Aktion wird von der Polizei gemeinsam mit israelischen und amerikanischen Sicherheitsdiensten bis auf den kleinsten Schritt des US-Präsidenten koordiniert. "Die Zusammenarbeit mit den Amerikanern lief glatt," so Rosenfeld im Gespräch mit der Deutschen Welle. Noch am Tag zuvor hatten  Mitarbeiter der Jerusalemer Polizei jedoch zugegeben,  dass der Trump-Besuch wegen der vielen unvorhergesehenen Änderungen eine besondere Herausforderung für sie darstelle.

Solidarität mit palästinensischen Hungerstreikenden

Auch im arabischen Viertel haben die Geschäfte geschlossen. Bewohner erzählen, nicht aus Sicherheitsgründen, sondern aus Solidarität – sie nähmen an einem Generalstreik für palästinensische Häftlinge teil. Seit Wochen fordern die Häftlinge mit einem Hungerstreik bessere Haftbedingungen in israelischen Gefängnissen. Angeführt werden sie von Marwan Barghouti, der wegen mehrfachen Mordes im israelischen Gefängnis sitzt und zu den Anführern der zweiten Intifada zählt. Laut dem arabischen Korrespondenten des Senders i24 sei es ungewöhnlich, dass Araber mit israelischer Staatsbürgerschaft an solchen Protesten teilnehmen.

Donald Trump und Staatspräsident Reuven Rivlin Bild: Reuters/J.Ernst

Am Dienstag wird Trump die Geburtskirche in Betlehem besichtigen, ein Besuch ganz im Zeichen der Religion. Wären die Geschäfte in der Altstadt Jerusalems geöffnet, könnte man sehen, wie der interreligiöse Dialog am besten zu funktionieren scheint: Die Souvenir-Händler verkaufen gleichermaßen Andenken mit christlichen Kreuzen, jüdischen Davidsternen und muslimischen Halbmonden. Die konfessionellen Unterschiede spielen keine große Rolle - Hauptsache, die Kunden kommen. 

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