Joachim Löw beerbt Uruguays Coach Oscar Tabarez als dienstältesten Nationaltrainer der Welt. Seine fast 14-jährige Amtszeit kennt Höhen und Tiefen. Nun verschafft ihm ausgerechnet die Corona-Krise mehr Zeit.
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Nun ist Joachim Löw also der Dinosaurier unter den Nationaltrainern. Seit dem 1. April ist der deutsche Coach weltweit der dienstälteste Übungsleiter einer Fußball-Nationalmannschaft. Der bisherige Rekordhalter, Oscar Tabarez, wurde beurlaubt und ist nicht länger Nationaltrainer von Uruguay. Dies geschah allerdings nicht aus sportlichen Gründen: Wegen der weggebrochenen Einnahmen durch die Corona-Pandemie hatte sich Uruguays Fußballverband gezwungen gesehen, alle Trainer zu entlassen. Bis dahin war Tabarez ein halbes Jahr länger im Amt gewesen als Löw.
Und so steht Löw jetzt an der Spitze: 13 Jahre und 264 Tage sind es ganz genau - eine Ewigkeit im modernen Fußball. Viele Kinder und Jugendlichen kennen gar keinen anderen Fußball-Nationaltrainer als Joachim Löw. Dabei sah es zu Beginn überhaupt nicht nach einer Erfolgsgeschichte aus: Joachim Löw war bei Amtsantritt am 1. August 2006 ein Mann der zweiten oder vielleicht sogar dritten Reihe. Als Spieler brachte er es nur auf 52 Bundesligaspiele, als Trainer lief es etwas besser: DFB-Pokalsieger mit dem VfB Stuttgart, österreichischer Meister mit dem FC Tirol Innsbruck - schöne Erfolge, aber nichts, was einen Coach sofort ins Amt des Bundestrainers katapultiert. Doch als Co-Trainer von Jürgen Klinsmann schrieb Löw mit am deutschen Sommermärchen bei der Heim-WM 2006, die man als Dritter abschloss. Und als Klinsmann genug hatte, war Löw als Nachrücker plötzlich Bundestrainer. "Joachim wer?", fragte sich das breite Publikum. Löw gab bald seine Antwort.
Vize-Europameister 2008, WM-Dritter 2010, EM-Halbfinalist 2012 - Löw lieferte konstant Ergebnisse. Insbesondere bei den Turnieren war seine Elf in Form und ließ vor allem noch Potential nach oben erkennen. Der Bundestrainer ließ einen neuen Fußball spielen, inspiriert von den damals dominierenden Spaniern: Viele Ballkontakte, präzise Pässe, mehr Spielkultur als in vergangenen Tagen. Die Krönung: der WM-Titelgewinn von 2014, jene Sternstunde als Löw einfach alles richtig machte. Seine Personal- und Taktikentscheidungen führten die deutsche Mannschaft zum Sieg - und ihn zum Titel FIFA-Trainer des Jahres.
Die große Fußballpause
Seine Position beim DFB scheint seitdem nicht nur gefestigt, sie ist wie in Stein gemeißelt. Während es in den führenden Fußballnationen selten Konstanz gibt (am längsten auf dem Trainerstuhl sitzt dort nach Löw Frankreichs Trainer Didier Deschamps mit sieben Jahren), wurde Löws Vertrag schon vor der desolaten Weltmeisterschaft 2018 in Russland bis Juli 2022 verlängert - und auch danach daran festgehalten. Löw wurde quasi "verbeamtet".
Nun wartet Löw seit knapp fünf Monaten auf das nächste Länderspiel. Die Winterpause wäre eigentlich mit dem Freundschaftsspiel gegen Spanien in der vergangenen Woche zu Ende gegangen. Es wäre auch der Startschuss für den Endspurt vor der EM gewesen. Nun herrscht Stillstand statt Fußball - und in der Coronakrise gab sich Löw in einer Videokonferenz ungewohnt gesellschaftskritisch, fast schon fatalistisch, als er sagte: "Die Erde scheint sich ein bisschen zu wehren gegen den Menschen. Der Fußball hat eine große Bedeutung, aber es gibt Dinge, die sind wichtiger." Der 60-Jährige erntete dafür nicht nur Zustimmung - auch Kritik regte sich.
Schlechter Stil, falsche Taktik und Personalwahl
In der Kritik stand Löw oft. Nicht nur nach dem vercoachten EM-Halbfinale gegen Italien 2012. Im WM-Turnier von 2014 gab es Unverständnis für die Rolle Philipp Lahms, den Löw unbedingt auf der Sechser-Position sehen wolle und der erst nach der Verletzung von Shkodran Mustafi wieder (mit großem Erfolg) in die Abwehr rückte. Am lautesten wurden seine Kritiker aber 2018: Löws Konzept bei der WM in Russland ging überhaupt nicht auf. Nur mit neuen Spielern ginge es nicht, hieß es damals von Löw. Dabei hatte Deutschland im Jahr zuvor mit eben jenen jungen Spielern zum ersten Mal den Confed-Cup gewonnen. Während junge Talente wie Leroy Sané zuschauen mussten, flog die DFB-Elf verdient schon in der Vorrunde aus dem Turnier.
Falsches Personal? Schlechte Mischung? Löw wurde oft vorgeworfen, nicht nach Leistung aufzustellen, stur und zu lange an etablierten Spielern festzuhalten und nicht allzu glücklich mit Nicht-Nominierungen von vermeintlich zu kritischen Spielern umzugehen. So sorgten in der Vergangenheit die Entwicklungen um Kevin Kuranyi oder Mesut Özil für Missstimmung. Zudem fehlte Löw beim erzwungenen Abschied der drei Weltmeister Mats Hummels, Jérôme Boateng und Thomas Müller das nötige Fingerspitzengefühl. Löw hatte bis dahin immer von einem starken deutschen Bayern-Block profitiert.
Obwohl nur ein Spiel 2019 verloren ging, befindet sich die Mannschaft in einem personellen Umbruch. Nach der katastrophalen Leistung bei der WM 2018 sehnten sich Deutschlands Fans nach frischem Wind und jemanden, der die Mannschaft weiterentwickelt - mit gestandenen und jungen Spielern. Ob Löw dazu in der Lage ist, ist offen. Der Trainer aus dem Schwarzwald steht in diesen bewegten Zeiten für Beständigkeit. Und plötzlich hat er mehr Zeit für den Umbau: Die EM ist um ein Jahr verschoben worden, damit ändern sich auch die Voraussetzungen für alle Teams. Löws Nationaltrainer-Rekordzeit wird somit durch die Coronakrise quasi automatisch verlängert - Ende offen.
Joachim Löw, der ewige Bundestrainer
Seit fast 14 Jahren ist Joachim Löw Bundestrainer und nun auch der dienstälteste Nationalcoach der Welt. Nach dem blamablen WM-K.o. in Russland arbeitet der 60-Jährige nun am Wiederaufbau der DFB-Elf - Ausgang ungewiss.
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Löw ist dienstältester Nationaltrainer
Ein Mann mit Weitblick: Joachim Löw denkt nicht nur von Spiel zu Spiel. Und nun hält er einen weiteren Rekord: Weil Uruguays Nationalcoach Oscar Tabarez wegen der Corona-Pandemie entlassen werden muss, ist Joachim Löw nun mit mehr als 13 Jahren Dienstzeit der Fußball-Nationaltrainer, der weltweit am längsten diese Position inne hat. Tabarez war bis dahin ein halbes Jahr länger im Amt gewesen.
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Für Bundestrainer Löw tickt die Uhr weiter
Joachim Löw will seinen bis 2022 laufenden Vertrag als Bundestrainer erfüllen - trotz des enttäuschenden Auftretens der deutschen Fußball-Nationalmannschaft bei der WM 2018 in Russland. Der 60-Jährige, der bislang 181-mal auf der deutschen Bank saß, soll 2021 bei der wegen der Corona-Krise verschobenen EM in sein achtes Turnier als Chefcoach gehen. Der DFB gibt ihm die Zeit.
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Fußball bestimmt sein Leben
Geboren wurde Löw 1960 im beschaulichen Schönau im Schwarzwald. Seine Karriere als Fußball-Profi begann 1978 in Freiburg, zwei Jahre später wechselte er zum VfB Stuttgart (Foto). Es folgten die Stationen Eintracht Frankfurt, wieder Freiburg, Karlsruhe und abermals Freiburg. 1989 wechselte er in die Schweiz, wo er seine Spieler-Karriere beim FC Schaffhausen und FC Winterthur ausklingen ließ.
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Zum Einstand als Chefcoach DFB-Pokalsieger
Auf dem Platz gelang Löw der große Durchbruch nie, mit 34 Jahren war Schluss. Beim FC Frauenfeld agierte er ab 1994 als Spielertrainer, ein Jahr später war der Coach Löw endgültig geboren - er wurde Co-Trainer beim VfB Stuttgart (Foto). 1996 übernahm er, zunächst sogar ohne Fußballlehrer-Lizenz, das Amt des Cheftrainers. Seine erste Saison beendete Löw gleich mit dem DFB-Pokalsieg.
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Glücklos in der Türkei
Nach seiner plötzlichen Entlassung beim VfB im Mai 1998, gerade hatten die Stuttgarter Platz vier in der Bundesliga erklommen, flüchtete Löw in die Türkei zu Fenerbahce Istanbul. Glücklich wurde er dort nicht. Schon im Oktober 1999 wechselte er für ein halbes Jahr zum Zweitligisten Karlsruher SC. Bei einem DFB-Sonderlehrgang zum Erwerb der Trainerlizenz lernte er Jürgen Klinsmann kennen.
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Zeit in Österreich prägt Löw
Löw ging noch einmal in der Türkei zu Adanaspor, suchte dort aber schon nach acht Wochen das Weite. Im Oktober 2001 heuerte er in Österreicher beim FC Tirol Innsbruck an und wurde sofort Meister. Nach der Insolvenz des Klubs wechselte er zu Austria Wien (Foto) und holte ebenfalls den Titel. Dennoch wurde Löw im März 2004 entlassen - er kam nicht mit Austria-Boss Frank Stronach (2.v.l.) zurecht.
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Ein perfektes Trainer-Team
Jürgen Klinsmann (r.), der gerade zum Bundestrainer berufen worden war, machte Löw nach der EM 2004 zu seinem Assistenten. Beide verstanden sich und wurden schnell Freunde. Den Höhepunkt der Klinsmann-Löw-Ära markierte die WM 2006 im eigenen Land (Foto). Eine wie berauscht aufspielende deutsche Elf stieß bis ins Halbfinale vor, wo Italien in der Verlängerung das Aus brachte.
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Platz drei bei der Heim-WM 2006
Deutschland wurde WM-Dritter und das Bundestrainer-Duo ließ sich am Brandenburger Tor feiern: Arm in Arm genießen Torwart-Trainer Andreas Köpke, Chefcoach Jürgen Klinsmann, sein Co Joachim Löw und Team-Manager Oliver Bierhoff (l.-r.) den Moment auf der Fan-Meile am Brandenburger Tor.
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Löws Ära als Bundestrainer beginnt
Nach der WM 2006 trat Klinsmannn zurück, Löw wurde zum Chefcoach befördert. 2008 qualifizierte sich sein Team schon drei Spieltage vor Ende der Qualifikation für die EM. Dabei setzte Löw ein Zeichen: Weil Kevin Kuranyi (r.) während eines Spiels aus Frust über seine Nichtberücksichtigung zur Halbzeit das Stadion verließ, verkündete Löw, den Stürmer nicht wieder in die DFB-Elf berufen zu wollen.
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EM 2008: Spanien ist eine Nummer zu groß
Bei der EM 2008 spielte sich Löws Mannschaft souverän ins Finale - doch dort waren die Spanier eine Nummer zu groß. Die Iberer krönten sich durch ein Tor von Fernando Torres zum Europameister. Der Traum vom Titel war für Löw & Co. geplatzt.
Bild: Sven Simon/picture-alliance
Stolperstein Spanien auch in Südafrika
Bei der WM in Südafrika 2010 begeisterte die deutsche Mannschaft ihre Fans mit neuen Talenten und viel Drang nach vorne. Löw zeigte, dass er mit jungen Spielern umgehen kann, auch Mesut Özil (r.) entwickelte sich bei dem Turnier unter Löw weiter. Die DFB-Elf schaffte es bis ins Halbfinale, wurde dort aber wieder von Spanien gestoppt.
Bild: Stephane de Sakutin/AFP/Getty Images
Der Schock von Warschau bei der EM 2012
Einen herben persönlichen Dämpfer musste Löw bei der EM 2012 in Polen und der Ukraine einstecken. Mit zehn Siegen war die DFB-Elf durch die Qualifikation geeilt, doch im Halbfinale war erneut Schluss. Im Spiel gegen Italien (Foto) "vercoachte" sich der Bundestrainer! Falsch eingestellt fand das deutsche Team einfach nicht zu seinem Spiel.
Bild: Jens Wolf/dpa/picture-alliance
Eine Nacht in Rio de Janeiro...
Die Krönung dann 2014! Durch das 1:0 nach Verlängerung gegen Argentinien sicherte sich Deutschland zum vierten Mal den Weltpokal. Löw war auf dem Gipfel angekommen. In Brasilien erfüllte er sich und ganz Fußball-Deutschland den Traum vom WM-Titel - und das ohne Niederlage und mit einer 7:1-Demontage der Gastgeber im Halbfinale.
Bild: picture-alliance/dpa/A.Gebert
Der Traum vom EM-Titel platzt erneut
Bei der EM 2016 in Frankreich war der Gastgeber beim 0:2 im Halbfinale in Marseille nicht besser, aber viel effizienter. Der Traum von der Europameisterschaft nach dem Weltmeistertitel endete jäh. Dennoch verlängerte Löw seinen Vertrag bis 2020 - hochmotiviert, die WM 2018 in Russland im Blick.
Bild: picture-alliance/dpa/O. Weiken
Trügerische Sicherheit nach Confed-Cup-Sieg
Ein Jahr vor der WM 2018 schien der deutsche Fußball gewappnet zu sein für die kommenden Jahre - mindestens aber für die Verteidigung des WM-Titels 2018 in Russland. Mit einer vergleichsweise unerfahrenen Truppe gewann Löw jedes Spiel beim Confederations Cup und sichert sich im Sommer 2017 den Titel.
Bild: picture-alliance/M.Meissner
Mexiko bricht Deutschland das Rückgrat
Wie man sich täuschen kann! Zwar qualifizierte sich die DFB-Elf souverän für die WM und Löw verlängerte kurz vor dem Turnier seinen Vertrag vorzeitig um zwei Jahre - bis 2022. Doch in Russland blieb das deutsche Team weit unter seinen Möglichkeiten und schied als erste DFB-Auswahl überhaupt bereits in einer WM-Vorrunde aus. Andere wären zurückgetreten, Löw nicht: Er bleibt Bundestrainer!