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Politik

Johnson: Europäer sind "ein bisschen negativ"

21. August 2019

Die EU zeigt dem britischen Premier die kalte Schulter. Vielleicht genau die Reaktion, die er auch wollte. Außerdem: Zwei Monate vor dem Brexit ziehen sich die Briten zurück - und Holland plant ein großes "Farewell".

Großbritanien |  Boris Johnson |  ICC  Birmingham
Bild: picture-alliance/dpa/empics/PA Wire/B. Birchal

Fest steht: Am Abend erwartet Bundeskanzlerin Angela Merkel den neuen britischen Premierminister in Berlin. Um 18 Uhr wird Boris Johnson mit militärischen Ehren am Kanzleramt empfangen. Und anschließend wird garantiert nicht über eine Neuverhandlung des Austrittsabkommens gesprochen werden.

Genau das hatte Johnson mit seinem vierseitigen Brief an die EU-Kommission jedoch vordergründig erreichen wollen: Verhandlungen über eine Alternative zur sogenannten Backstop-Lösung für die irische Insel. Dabei habe Johnson jedoch versäumt, konkrete Vorschläge zu machen, bemängelte EU-Ratspräsident Donald Tusk. Auch Merkel machte deutlich, dass der von Johnsons Vorgängerin Theresa May unterzeichnete Vertrag nicht zur Disposition stehe: "Wir werden weiter als EU-27 sehr geeint sein und auch so vorgehen."

"Teilweise irreführend"

Wie eine offene Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Nordirland gewährleistet und gleichzeitig der Warenstrom in die EU und nach Großbritannien kontrolliert werden soll, ist einer der zentralen Brexit-Streitpunkte. Für EU-Ratspräsident Tusk ist deshalb auch klar: "Diejenigen, die gegen den Backstop sind und keine realistischen Alternativen vorschlagen, unterstützen eigentlich die Wiederherstellung einer Grenze. Auch wenn sie es nicht zugeben."

Ein ähnlicher Wortlaut findet sich in der gemeinsamen Position der verbleibenden 27 Mitglieder. Die EU bedauere, dass die britische Regierung "eine rechtlich wirksame Lösung ersetzen will mit einer Verpflichtung zum Finden einer Lösung" bis zum Ende der Übergangsphase, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters aus dem EU-Rat-Dokument. London habe keinerlei konkrete Alternativvorschläge vorgelegt, Johnsons Brief sei teilweise irreführend.

Mit "Schmackes"

Johnson gab sich enttäuscht: "Im Moment ist es absolut wahr, dass unsere Freunde und Partner ein bisschen negativ sind", sagte der Regierungschef in London vor Journalisten. Er werde aber mit einer Menge "Schmackes" an die Sache herangehen und dann werde es schon klappen. Ein bisschen Geduld sei aber noch notwendig. Unter keinen Umständen werde Großbritannien Kontrollen irgendeiner Art in Nordirland einführen, sagte Johnson. Obwohl er sein Land aus der Zollunion und dem Europäischen Binnenmarkt führen will, sieht er keinen Grund für Grenzkontrollen: "Wir denken einfach nicht, dass das notwendig ist".

Nordiren demonstrieren gegen den britischen Premier JohnsonBild: AFP/P. Faith

Mit seinem Credo, das Vereinigte Königreich "ohne Wenn und Aber" bis Ende Oktober aus der EU zu führen, hat es Boris Johnson bis in die Downing Street geschafft. Nun geht es ihm vor allem um die Frage, wer für einen möglicherweise harten Brexit mit seinen sozialen und wirtschaftlichen Verwerfungen verantwortlich gemacht wird. Frühe Schuldzuweisungen in Richtung Brüssel sind da ganz hilfreich.

Brexit-Minister Steve Barclay kündigte derweil an, dass die Vertreter Großbritanniens an den meisten EU-Sitzungen in Brüssel nicht mehr teilnehmen. "Ab jetzt werden wir nur noch zu Treffen gehen, die wirklich wichtig sind". Die Arbeit in den Gremien sei unglaublich arbeitsintensiv. Dabei bräuchten die Minister und Beamten mehr Zeit zur Vorbereitung des Brexits und "zum Ergreifen künftiger Chancen".

"Spannend, aber vielleicht nicht besonders schlau"

Wenn die Briten dann am 31. Oktober die Europäische Union verlassen, wollen ihnen viele Niederländer vom anderen Ufer der Nordsee ein freundliches Goodbye zuwinken. An einer Brexit-Party im Badeort Wijk aan Zee unweit von Amsterdam bekundeten auf Facebook bislang mehr als 60.000 Nutzer ihr Interesse. "Das soll ein schöner Abschied von einem guten Freund werden, der sich auf ein spannendes, aber vielleicht nicht besonders schlaues Abenteuer einlässt", sagte der Initiator Ron Toekook der niederländischen Nachrichtenagentur ANP.

Bei der Party unter dem Motto "Gezellig op het strand de Brexit kijken" (etwa: "Gemütlich am Strand dem Brexit zuschauen") soll es Spezialitäten aus EU-Ländern geben - etwa holländische Fritten, französischen Wein und deutsches Bier. Für eine passende Musikauswahl gibt es auf Facebook bereits etliche Vorschläge - darunter "Go Your Own Way" von Fleetwood Mac, "I Want To Break Free" von Queen, "London Calling" von The Clash und "Hello" von Adele mit der Liedzeile "Hello from the other side".

rb/pgr (afp, ap, dpa, rtr)

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