1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Johnson verschärft Corona-Maßnahmen in England

23. September 2020

Die Ausbreitung der Corona-Neuinfektionen ist alarmierend schnell: Deswegen hat der britische Regierungschef Boris Johnson neue Einschränkungen des öffentlichen Lebens verkündet. So müssen Pubs früher schließen.

Großbritannien, London | Boris Johnson im Parlament
Bild: PRU/AFP

Zur Eindämmung des Coronavirus stellte Boris Johnson ein ganzes Maßnahmenpaket vor. Ab Donnerstag müssen alle Restaurants, Pubs und Bars in England um 22 Uhr schließen. Auch darf in den gastronomischen Einrichtungen nur noch am Tisch bedient werden, die Servicekräfte müssen eine Maske tragen. "Es tut mir leid, denn das trifft viele Unternehmen, die gerade erst wieder auf die Beine gekommen sind", sagte der Premier im Parlament. "Aber wir müssen handeln."

Zudem dürften Fans vorerst doch nicht zurück in die Fußballstadien, erklärte Johnson. "Wir müssen anerkennen, dass die Ausbreitung des Virus unsere Möglichkeiten beschränkt, Konferenzen, Messen oder große Sportveranstaltungen wieder zu öffnen", sagte er. "Ich weiß um die Auswirkungen für unsere Sportklubs, die Herz und Seele unserer Gemeinschaften sind." Aber das Wiederaufflammen des Virus lasse keine andere Wahl. Ursprünglich sollten die Fans ab 1. Oktober wieder in großer Zahl zu Sportveranstaltungen gehen können.

Vorerst doch kein Zutritt für Fußballfans: das Stadion in NewcastleBild: picture-alliance/empics/O. Humphreys

Johnson drängt Landsleute zum Homeoffice

Eine Kehrtwendung vollzog der Regierungschef zudem bei der Frage der Heimarbeit. Nachdem er die Briten wochenlang aufgefordert hatte, zur Ankurbelung der Wirtschaft wieder in ihre Büros und Werkhallen zu gehen, plädierte er nun für das Homeoffice. Jeder der könne, solle von zu Hause arbeiten. Zudem sind bei Hochzeiten ab Montag nur noch 15 Menschen erlaubt, auch in Taxis müssen nun Masken getragen werden.

Zur Kontrolle schärferer Corona-Maßnahmen in England will der Premier möglicherweise auch das Militär einsetzen. Man werde die Beschränkungen streng überprüfen und bei Verstößen Geldstrafen verhängen. Die Polizei werde dabei präsenter in den Straßen des Landes sein, gegebenenfalls könne zur Verstärkung auch das Militär eingesetzt werden. "Wir müssen das Virus jetzt unterdrücken", betonte Johnson in einer Fernsehansprache zur besten Sendezeit. Dafür sei gesunder Menschenverstand die wirksamste Waffe.

Auch das Social Distancing wird im öffentlichen Leben in Großbritannien wieder wichtigerBild: Imago Images/PA/T. Markland

Drohung mit noch schärferen Maßnahmen

Im Parlament macht der konservative Regierungschef klar, dass es aber nicht um einen zweiten Lockdown gehe. Schulen und Universitäten blieben geöffnet, die Wirtschaft solle am Laufen bleiben. Die neuen Vorgaben sollen voraussichtlich sechs Monate lang gelten. "Diese Regeln werden nur funktionieren, wenn sich alle daran halten", betonte Johnson. Zugleich warnte er, dass die Regierung "noch drastischere Maßnahmen" ergreifen müsse, wenn die Ausbreitung des Virus nicht gestoppt werde.

Führende Mediziner des Landes hatten zuvor gewarnt, die mit COVID-19 verbundene Todesrate drohe innerhalb der nächsten Wochen exponentiell zu steigen, wenn die Regierung untätig bleibe. Die Zahl der Neuinfektionen im Vereinigten Königreich legte zuletzt binnen 24 Stunden um mindestens 6000 zu und sie verdoppelte sich landesweit ungefähr innerhalb von sieben Tagen. Regierungsberater warnten, die Zahl könnte bis Mitte Oktober 50.000 pro Tag erreichen. Das Vereinigte Königreich verzeichnet in der Corona-Krise bereits die höchsten Todeszahlen in Europa und die fünfthöchsten weltweit.

"Gefährlicher Wendepunkt"

Wie in Spanien, Frankreich und vielen anderen Ländern sei ein gefährlicher Wendepunkt erreicht, sagte Johnson vor dem Unterhaus. Die Regierung ergreife entschlossene und angemessene Maßnahmen und suche nun eine Balance zwischen dem Schutz von Leben und Jobs.

Die neuen Maßnahmen gelten für England, da in Schottland, Nordirland und Wales die regionalen Regierungen darüber bestimmen. Nach einem Treffen mit den Ministern der anderen Landesteile kündigte Johnson jedoch an, dort würden ähnliche Maßnahmen getroffen. Nordirland und Schottland gehen allerdings noch einen deutlichen Schritt weiter: Dort sollen sich Angehörige verschiedener Haushalte bis auf wenige Ausnahmen nicht mehr besuchen dürfen.

Die britische Wirtschaft wurde besonders stark von der Corona-Krise erwischt. Das Bruttoinlandsprodukt brach im zweiten Quartal um mehr als ein Fünftel ein, während etwa die deutsche Wirtschaftsleistung mit 9,7 Prozent weniger als halb so stark schrumpfte. Auch 2020 insgesamt sieht das Bild ähnlich aus. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sagt der britischen Wirtschaft ein Minus von 10,1 Prozent voraus, der deutschen von 5,4 Prozent.

kle/AL (dpa, afp, rtr)